Justiz: Polizist tötet Mann„Habe damals keine andere Möglichkeit gesehen“

Justiz: Polizist tötet Mann / „Habe damals keine andere Möglichkeit gesehen“
Tatort Bonneweg am 11. April 2018 Foto: Editpress-Archiv/Fabrizio Pizzolante

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

„Ich habe in dem Moment keine andere Möglichkeit gesehen“, sagt der Ex-Polizist, der am 11. April 2018 bei einer Verkehrskontrolle einen Mann erschoss. Am Dienstag musste der damals 22-Jährige sich den Fragen der Richterin vor Gericht stellen. Ihm wird Totschlag vorgeworfen.

Bezirksgericht Luxemburg, Dienstagmorgen. Vor der Kriminalkammer antwortet Ex-Polizist M. ruhig. Ihm wird Totschlag vorgeworfen. Er wirkt keine Spur nervös. Auf die Frage nach seinem Benehmen im Polizeikommissariat sagt er, dass er mitunter kindisch gewesen sei: „Nicht reif.“ Es sei nicht alles perfekt gelaufen, irgendwie sei es noch so gewesen wie auf der Polizeischule. Ja, auch dumme Witze seien gerissen worden.

Ex-Polizist M. hat bei einer Verkehrskontrolle im April 2018 in Bonneweg einen Menschen erschossen. „Was sagen Sie zu den Geschehnissen?“, fragt die Richterin. Der Ex-Polizist erzählt von dem auffälligen Mercedes, den er und seine beiden Kollegen haben kontrollieren wollen, der dann aber weggefahren sei. Während seine beiden Kollegen die Verfolgung zu Fuß aufgenommen hätten, habe er mit dem Wagen die Kreuzung zugestellt, an dem seiner Einschätzung nach das Fahrzeug hätte vorbeikommen müssen.

Tatort Bonneweg

Ex-Polizist M. schildert, wie der Mercedes kurz vor dem Dienstwagen abrupt gebremst habe, wie er ihm mit Handzeichen zu verstehen gegeben habe, auszusteigen und dass er, als das nicht erfolgte, mit der linken Hand auf die Motorhaube geschlagen habe. Zu dem Zeitpunkt habe er seine Waffe gezogen und sie mit der rechten Hand am Körper gehalten. Das Auto habe zurückgesetzt. Daraufhin habe er mit dem Kopf am Funk versucht, Verstärkung zu rufen. Als er aufgeblickt habe, sei das Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit auf ihn zugekommen. Dann habe er geschossen.

„Warum?“, fragt die Richterin. „Weil ich mein Leben retten wollte“, so der Beschuldigte. „Und nach den Schüssen sind sie ihm noch nachgefahren, warum?“, so die Richterin weiter. „Da war ein Auto, das versucht hat, mich umzubringen, deshalb bin ich hinterher, ich bin davon ausgegangen, dass der Fahrer flüchten wollte.“

Das habe eine gefährliche Situation für Außenstehende werden können, meint die Richterin, genau wie die Schüsse, die vorher gefallen seien: „Das ist ja nicht beruhigend für die Menschen, wenn einfach mal geschossen wird.“

Der Ex-Polizist antwortet unaufgeregt: „Es ist vieles passiert, was sich rational nicht schildern lässt. Warum ich damals so gehandelt habe und nicht anders, ist mir heute nicht mehr so klar.“ Verbal sei das alles schwierig herüberzubringen.

„Aber Sie haben andere Menschen in Gefahr gebracht“, so die Richterin. „Mir war das damals nicht bewusst“, antwortet er. Nachher ist man immer schlauer, scheint er sagen zu wollen – sagt es aber nicht. Heute sei er sich dessen bewusst, damals aber sei die Situation eine andere gewesen. Er wisse, er verstehe, sagt er öfters, aber warum er damals so gehandelt habe, könne er nicht mehr sagen. Polizeitaktisch sei jedoch vieles schiefgelaufen.

„Keine andere Lösung“

„Muss man nicht auch als Polizist in solchen Situationen überlegen?“, fragt die Richterin. Der Angeklagte scheint auch dem zuzustimmen, sagt, dass die Situation damals ein Ganzes gewesen sei. Er gibt zu verstehen, dass er heute weiß, dass es damals bessere Lösungen gegeben habe. Damals habe er aus der Situation heraus so gehandelt, wie er gehandelt habe. „Warum, kann ich nicht sagen“, wiederholt er.

Im ganzen Verlauf des Verhörs geht es um Theorie und Praxis, um Objektivität und Subjektivität. Der ehemalige Polizist sagt nicht, dass er damals richtig gehandelt habe. Er habe im April 2018 aber keine andere Möglichkeit gesehen, so der Beschuldigte in ruhigem Ton.

Am Dienstag kam auch die Zivilpartei zu Wort, sie vertritt die Frau des Opfers, des damals 51-jährigen Niederländers. Das Bild, das der Anwalt von ihm vermittelt, ist ein verstörendes. Familiäre Probleme, durch einen Unfall arbeitsunfähig, Alkohol- und Drogenprobleme. Am Tag der Geschehnisse hatte er 1,8 Promille, sein Wagen war nicht fahrtüchtig, nicht angemeldet und hatte gestohlene Nummernschilder. Das alles aber konnte damals niemand wissen. Notwehr sei das Vorgehen des Polizisten nicht gewesen. Der Prozess wird heute fortgesetzt.

JJ
12. Oktober 2022 - 9.42

"„Warum?“, fragt die Richterin." Es gibt eben Fragen die verdienen keine Antwort.Oder sollte die Frage lauten! " Warum tragen sie überhaupt eine Waffe?" "„Muss man nicht auch als Polizist in solchen Situationen überlegen?“ Aber natürlich.Wie lange hatte der Steinzeitmensch Zeit zu überlegen wenn er vor einem Säbelzahntiger stand? Da wir es alle besser wissen und niemals die Waffe gezogen hätten bei Lebensgefahr,sollten wir den Mann einsperren.