Gegen die Rhein-Neckar Löwen zeigt der Luxemburger Tommy Wirtz eine tadellose Leistung

Gegen die Rhein-Neckar Löwen zeigt der Luxemburger Tommy Wirtz eine tadellose Leistung

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In seinem ersten offiziellen Auftritt bei seinem neuen Verein Saarlouis legte der Luxemburger Nationalspieler Tommy Wirtz gegen den deutschen Spitzenklub Rhein-Neckar Löwen eine überzeugende Leistung aufs Parkett und empfahl sich beim Trainer und beim Publikum für weitere Aufgaben. An Schnelligkeit und Spielwitz war der ehemalige Düdelinger kaum zu übertreffen und überzeugte mit fünf Toren bei seinem Einstand.

Von Fernand Schott

Welchen Stellenwert der Handball im saarländischen Saarlouis hat, bewies der Auftakt des DHB-Pokals zur Genüge. Rund 1.550 Zuschauer, darunter auch ein gutes Dutzend Luxemburger, gestalteten die Partie zwischen dem deutschen Pokalsieger Rhein-Neckar Löwen und dem Drittligisten aus Saarlouis zu einem richtigen Handballfest.

Luxemburgs Doppelpack für den Verein aus dem Saarland: Gilles Thierry (l.) und Tommy Wirtz (Foto: Marcel Nickels)

Bereits vor der Partie wurde der Bus des Champions-League-Teilnehmers bei seiner Ankunft von zahlreichen Handballfans umzingelt. Besondere Aufmerksamkeit bekam der Kapitän und Rekordtorjäger der deutschen Nationalmannschaft, Uwe Gensheimer, der geduldig Autogramme schrieb und sich für Selfies mit den Fans ablichten ließ. Auch wenn Gensheimer in der Partie gegen Saarlouis nicht eingesetzt wurde, so tat dies der Leistung seiner Mannschaft keinen Abbruch. Der Klassenunterschied zwischen der europäischen Spitzenmannschaft und dem Vertreter der dritten deutschen Liga war nicht zu verkennen. Der hochdotierte Löwen-Kader besitzt auf jeder Position mindestens zwei Klasseleute, was ihnen erlaubte, 60 Minuten volles Tempo zu gehen.

Löwen im Achtelfinale

Nach dem 46:23-Erfolg am Samstag gegen Saarlouis fuhr Titelverteidiger Rhein-Neckar Löwen auch am Sonntag einen deutlichen 30:17- Sieg gegen den Zweitligisten Ferndorf ein und steht im Achtelfinale des Pokals.

So musste Saarlouis mit viel Risiko spielen, um sich überhaupt Chancen gegen diese schwer zu überwindende Löwen-Deckung zu erarbeiten. Dass dann bei den Halbprofis Fehler auftreten und diese vom Gegner schonungslos ausgenutzt werden, gehört dazu. Trotzdem muss man der HSG ein Kompliment aussprechen, denn sie hat mit den zur Verfügung stehenden Mitteln alles gegeben und wenigstens im ersten Durchgang dem Favoriten Paroli geboten.

Das Los des Außenspielers

„Besser hätte es bei meinem Debüt hier in Saarlouis nicht laufen können. Gleich bei meinem ersten offiziellen Einsatz für meinen neuen Verein gegen ein europäisches Spitzenteam wie die Rhein-Neckar Löwen antreten zu können, war ein Traum und ich habe die 60′ vor dieser unglaublichen Kulisse richtig genossen“, so Tommy Wirtz nach dem Spiel. „Das Resultat war eigentlich Nebensache, wichtig war, dass wir Freude am Spiel hatten und alles gegeben haben. Schade nur, dass wir die gute Leistung im ersten Durchgang nicht bestätigen konnten, aber die Kraft, und damit die Konzentration, hat nicht gereicht“, sagte der ehemalige Düdelinger.

Warum er in der ersten Viertelstunde nur wenig angespielt wurde, war für Wirtz selbsterklärend: „Mein direkter Gegenspieler war kein Geringerer als der deutsche Nationalspieler Patrick Groetzki, der unheimlich schnell auf den Beinen ist und die Passwege immer wieder im richtigen Moment zusetzte. So war es nicht einfach für meine Mitspieler, mich mit guten Bällen zu füttern. Das ist das Los eines Außenspielers, man muss lange auf den richtigen Moment warten und wenn er dann kommt, muss man das Ding versenken. Und das ist mir gelungen.“

Genug vom Laufen und vom Krafttraining

Die Vorbereitung auf die Saison war für Tommy Wirtz sehr intensiv. „Auch beim HBD hatten wir immer eine anstrengende Saisonvorbereitung. Doch hier war es nochmals anders als in Luxemburg. Die Intensität war höher und außerdem bist du durch das ganze Umfeld noch viel mehr auf Handball fokussiert. Alles andere rückt in den Hintergrund. Gut fand ich, dass wir viele Vorbereitungsspiele bestritten, die mir als Neuzugang erlaubten, mich schnell zu integrieren. Und da meine Mitspieler mir Vertrauen schenkten, fand ich schnell den Zusammenschluss mit meinen Mitspielern. Doch nun ist es vorbei mit Laufen und Schwitzen im Kraftraum. Endlich hat der Ball wieder Priorität.“

Auch der zweite Luxemburger Gilles Thierry absolvierte eine gute Partie. Seine Stärke ist und bleibt die Abwehr, wo er sehr effektiv arbeitet und man ihm eine gute Übersicht bescheinigen muss. Auf seiner Position im Angriff ist die Konkurrenz groß, so dass er dort nur sporadisch zum Einsatz kam. Er konnte beweisen, dass er zum Team gehört und wertvolle Arbeit leisten kann.

„Insgesamt können wir zufrieden sein, besonders die erste Halbzeit war gut und mit insgesamt 23 Toren kann man auch nicht meckern. Leider haben wir im Moment noch einige Verletzte zu beklagen. Und mit unserem sehr eng bemessenen Kader tut das natürlich weh. Dies ist meine dritte Saison in Saarlouis. Im ersten Jahr habe ich bei den Reserven in der Saarlandliga gespielt, seit letzter Saison gehöre ich aber zum Kader der ersten Mannschaft in der dritten Bundesliga. Und ich fühle mich sehr wohl hier und bekomme auch vermehrt Verantwortung. Hier herrscht einfach eine andere Mentalität. In Luxemburg wurdest du nach einer Niederlage oder einer schlechten Leistung wie ‚de gréissten Nikki‘ behandelt. Das ist hier ganz anders, die Leute kommen am Samstag in die Halle, um die Mannschaft zu unterstützen und anzufeuern. Nach dem Spiel trösten oder loben sie dich, freuen sich, wenn du nach der Partie mit ihnen abklatschst oder mit ihnen ein Bierchen trinkst. Ich will den Luxemburger Handball keineswegs schlechtreden, aber die Mentalität rund um das Spiel gefällt mir hier einfach besser.“

Gute Noten für die Luxemburger

Natürlich wollten wir auch die Meinung von Trainer Philipp Kessler hören, nicht nur, was das Spiel anbelangt, sondern wie zufrieden er mit seinen beiden luxemburgischen Schützlingen ist. Philipp Kessler, der den Luxemburger Handball bestens kennt, da er bei den Red Boys zwischen 2011 und 2012 gespielt hat, zog ein positives Fazit: „Was die erste Halbzeit betrifft, bin ich schon zufrieden. Einige leichtsinnige Fehler hätten nicht passieren müssen, die dann von einem Gegner mit diesem Format sofort bestraft wurden. Doch wir haben uns immer wieder zurückgekämpft, was sehr beachtlich war. Mit vielen Abläufen in dieser ersten Halbzeit konnte man zufrieden sein. In der zweiten Halbzeit habe ich dann relativ früh einigen jungen Spielern die Gelegenheit gegeben, an diesem Ereignis teilzunehmen. Auch waren einige meiner Spieler platt, was eben den Unterschied zwischen Halbprofis und Vollprofis ausmacht. Doch mit der Leistung nach der Pause kann ich nicht ganz zufrieden sein. Auch mit der Vorbereitung auf die Saison war ich nur teilweise zufrieden. Durch einige Verletzungen waren wir benachteiligt, trotzdem konnten wir auch gute Phasen erleben. Besonders der längere Ausfall unseres Linkshänders hat merklich gestört.“

Auch mit seinen beiden Luxemburgern war Kessler zufrieden: „Tommy (Wirtz) kenne ich ja schon länger. Er ist einfach ein Top-Junge, der den Handball versteht und mit dem man gut zusammenarbeiten kann. Wir werden dran arbeiten, dass er in der Abwehr etwas mehr Power bekommt, ansonsten ist er auf einem sehr guten Weg. Jedenfalls ist er auf seiner Position eine super Bereicherung. Er wird der Mannschaft weiterhelfen und ich könnte ihn mir gut im Profibereich vorstellen. Gilles (Thierry) hat ganz andere Eigenschaften. Er hat im handballerischen Bereich gute Fortschritte gemacht und körperlich zugelegt. Wir müssen ihn noch etwas explosiver gestalten. Er ist ein wichtiger Bestandteil der Mannschaft, da er für den Zusammenhalt des Teams auf und neben dem Spielfeld sehr viel tut. Besonders in der Abwehr fällt er durch richtige Entscheidungen und seine Kampfkraft auf.“

Vorsichtig bleibt der Coach, was das Saisonziel seiner Mannschaft in der laufenden Saison betrifft. „Vieles wird von der Genesung unserer Verletzten abhängen. Wenn wir komplett sind, können wir vieles bewirken. Doch um ganz oben anzugreifen, müsste unser Kader breiter aufgestellt sein, denn die Saison ist schwer und lang“, so Kessler.
Die Saison in der dritten Liga beginnt am Freitag erneut gegen die Löwen. Aber diesmal gegen deren zweite Mannschaft.