Kontaktloses BezahlenFür Satispay ist Luxemburg ein ideales Testgelände

Kontaktloses Bezahlen / Für Satispay ist Luxemburg ein ideales Testgelände
Alberto Dalmasso  ist einer der drei Gründer von Satispay Foto: Satispay

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Das Unternehmen Satispay hat große Pläne. Es will europäischer Marktführer im Bereich von digitalen Zahlungsdienstleistungen werden. Investoren haben Millionen Euro in die aus Italien stammende Firma gesteckt. Luxemburg ist für das Unternehmen Testgelände, Sprungbrett und Firmensitz.

Alberto Dalmasso ist kein großer Freund von Bargeld. Der Geschäftsführer von Satispay träumt von einer Welt, wo man „endlich die Möglichkeit hat, komplett ohne Bargeld zu leben“, sagt er gegenüber dem Tageblatt. Das traditionelle Angebot von Kreditkarten geht ihm nicht weit genug. Vor allem kleinere Einkäufe, etwa eine Taxi-Fahrt oder ein Airbnb-Zimmer, könne man, zumindest in Italien, nicht mit Kreditkarte bezahlen, klagt er. Auf der Suche nach einer billigeren Lösung für kleine Einkäufe kam ihm das Smartphone zu Hilfe. Praktisch alles könne man damit verwalten, schwärmt er. „Seit meinem ersten iPhone war ich fasziniert von den Möglichkeiten, die dieses mächtige Gerät bietet.“

2013 wurde das Unternehmen Satispay geboren. Alberto Dalmasso war einer der drei Gründer. Nach einer Phase der Entwicklung und Analyse von Vorschriften, Regulierung und verfügbaren Technologien kam das kontaktlose Zahlungssystem dann Anfang 2015 in Italien auf den Markt. „Etwas Günstiges. Mit dem man auch einen Espresso bezahlen kann“, so Dalmasso. „Kreditkarte wird keine benötigt.“

Um ein eigenes Konto bei Satispay zu erstellen, muss ein neuer Nutzer die Anwendung herunterladen sowie seine IBAN-Bankkontonummer und einen Personalausweis eingeben. Er muss ein wöchentliches Budget festlegen (laut Firmenangaben im Schnitt 300 Euro), das er in der Anwendung haben möchte. Bezahlt werden kann dann sowohl in physischen als auch in Online-Geschäften. Auch können die Benutzer sich gegenseitig Geld senden oder es für wohltätige Zwecke spenden. Jeden Montag wird das Satispay-Konto automatisch vom Bankkonto aus aufgeladen (oder zurücküberwiesen).

Bargeld ist am wenigsten sicher. Wenn es gestohlen wird, ist es weg.

Alberto Dalmasso, Geschäftsführer

Das gesamte System biete „maximale Sicherheit“, unterstreicht Dalmasso. Mit IBAN zu arbeiten mache das System sicherer – eine Kreditkarte könne einfach gestohlen werden. Jede Zahlung über Satispay hingegen müsse vom Telefon des Nutzers aus autorisiert werden. Ein Dieb brauche somit erst Zugang zum Mobiltelefon und dann noch den PIN-Code der App. So etwas sei „noch nie vorgekommen“, sagt er. „Bargeld ist am wenigsten sicher. Wenn es gestohlen wird, ist es weg.“

Zudem ist Satispay „für den Verbraucher kostenlos“, so der Geschäftsführer weiter. Und auch für Händler sei das Preismodell sehr kostengünstig. So habe dieser, abgesehen von einer festen Provision von 0,20 Euro (auf Zahlungen über 10 Euro), keine weiteren Gebühren zu entrichten. Zahlungen von unter zehn Euro seien kostenlos. Beim Online-Verkauf fällt für den Händler eine weitere Gebühr von 0,5 Prozent pro Transaktionen an.

Bis 2019 war das Unternehmen nur in Italien aktiv. Dann „waren wir stark genug“, so Dalmasso. Im April 2020 begann Satispay mit seiner Internationalisierung. Man zählte, eigenen Angaben zufolge, bereits mehr als eine Million Nutzer und über 100.000 Händler. Insgesamt stehe man für 50 Prozent Marktanteil bei digitalen kontaktlosen Zahlungen in Geschäften in Italien. Zwei europäische Länder hatte Satispay vorerst im Visier: Deutschland und Luxemburg. Für Deutschland habe man sich entschieden, weil das Land „sehr ähnlich wie Italien ist“, sagt Alberto Dalmasso. „Kleine Händler mögen die hohen Gebühren der Kreditkarten nicht.“

Auf Italien folgten Deutschland und Luxemburg

Für den Luxemburger Markt hätten derweil eine Reihe ganz unterschiedlicher Faktoren gesprochen, so der Geschäftsmann weiter. So arbeiteten damals bereits 20 der rund 120 Mitarbeiter des Unternehmens in Luxemburg. Ein Jahr zuvor hatte Satispay von der Luxemburger Finanzaufsicht eine Zulassung als E-Geld-Institut erhalten. In den Jahren davor war die Gesellschaft von London aus beaufsichtigt worden. Doch mit dem Brexit musste sich das Unternehmen zum Erreichen seiner europäischen Ambitionen eine neue Heimat suchen. „Auch diese Mitarbeiter sollen unser Produkt nutzen können“, so Dalmasso.

Zudem sei das Land das ideale multikulturelle Testgelände, um ein solches Angebot auszubreiten, so der Geschäftsführer weiter. „Die richtige Größe für City-Marketing.“ Dass Satispay somit den gleichen Weg einschlägt wie einst Ferrero, ist dabei kein reiner Zufall. Dalmasso weiß, dass auch der Süßwarenhersteller die Marktfähigkeit vieler seiner Produkte in Luxemburg getestet hat. Man kennt sich und hat miteinander über Luxemburg geredet. In seinem Geburtsort Cuneo (Italien) ist Ferrero vertreten.

Auch sei Luxemburg ein „guter Spielplatz, um auf den französischen Markt zu zielen“, so Dalmasso weiter. Viele französische Geschäftsketten sind hier vertreten. „Mit denen reden wir nun.“ Auchan beispielsweise habe man hierzulande bereits als Kunden gewonnen. „Jetzt reden wir mit ihnen über Frankreich und Italien.“ Dieses Ergebnis sei eine unerwartet positive Überraschung der Präsenz in Luxemburg. Jetzt bereite man sich auf den Markteintritt in Frankreich vor.

Dass es hierzulande bereits eingesessene Wettbewerber gibt, findet er gut. in Italien könne niemand so richtig mithalten, sagt er in einem fast bedauernden Ton. Alternativen würden getestet oder hätten nicht abgehoben. „Das macht Luxemburg zusätzlich interessant für uns.“ Der Wettbewerber sei gut bei Zahlungen an Verwaltungen und öffentliche Dienstleister. Die eigene Stärke seien jedoch Geschäfte, und man habe auch hierzulande „schnell genug Geschäfte gefunden“.

Von Luxemburg nach Frankreich

Knapp vier Monate mach dem Markteintritt in Luxemburg meldete die Gesellschaft, dass sie den Meilenstein von 130 Händlern in Luxemburg überschritten habe. Eine bemerkenswerte Leistung inmitten der Coronavirus-Krise, lobt sich das Unternehmen. Zu den beteiligten Händlern zählen Auchan, Urban Bar, Bistrot Beim Renert, Charles Sandwiches, Go Ten Bar, Njörd und Häagen-Dazs. Bis Anfang 2021 sei die Zahl bereits auf etwa 300 Händler und rund 5.000 Nutzer angestiegen, so Dalmasso weiter.

Der Eintritt in den deutschen und luxemburgischen Markt setzte den ersten Meilenstein für die Schaffung eines paneuropäischen Zahlungssystems, so der Geschäftsführer weiter. Ehrgeiziges Ziel der Gesellschaft ist nichts Geringeres als „das am weitesten verbreitete Instrument für digitale Zahlungen in Europa zu werden“, erklärt er. Um dieses Ziel zu erreichen, sammelt das Unternehmen kräftig Geld von Investoren ein. Etwa 110 Millionen Euro haben Investoren, ihm zufolge, bisher bereits in die Firma gesteckt.

Eine Beschleunigung beim Wachstum

Das viele Geld soll jetzt eine Beschleunigung beim Wachstum bringen. „Mit Deutschland, Luxemburg und Frankreich wollen wir die Zahl unserer Kunden bis 2022 verdoppeln.“ Und er ist zuversichtlich: „Wir rennen unserem Wachstum hinterher“, sagt er. Täglich kämen etwa 250 neue Shops und 2.000 neue Nutzer hinzu. Pro Monat müsse man acht bis zehn Personen neu einstellen, um das Wachstum zu verwalten.

Einen Gewinn hat die Firma bisher noch nicht erwirtschaftet. Schnell in die schwarzen Zahlen zu gelangen, ist auch „nicht unsere Priorität“, so Dalmasso. Man habe gezeigt, dass „das Geschäftsmodell funktioniert und nachhaltig ist“. Nun wolle man wachsen: neue Kunden finden und neue Produkte aufbauen. Satte Gewinne einfahren könne man dann in der Zukunft.

Zu den neuen Produkten, an denen gearbeitet wird, zählen eine Lösung, die Verkaufsautomaten ermöglicht, digitale Zahlungen mit Satispay zu akzeptieren, sowie eine Funktion zum Sparen von Geld. Obwohl hier aktuell keine Zinsen angeboten werden, würden bereits mehr als 300.000 Kunden das Angebot nutzen, so Dalmasso. An einem Angebot von Produkten zum Investieren werde zurzeit gearbeitet.