European Championships: Premiere mit großen Hoffnungen

European Championships: Premiere mit großen Hoffnungen

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Während der nächsten elf Tage schaut die europäische Sportwelt nach Glasgow und Berlin. Denn in den beiden Städten findet die Premiere der European Championships statt. Ein neues Konzept, bei dem sieben Sportarten ihre Europameisterschaften in einem gemeinsamen Rahmen durchführen.

Das Konzept:

Die European Championships, auch Multi-EM genannt, sind der Versuch der europäischen Verbände der Sportarten Leichtathletik, Schwimmsport, Kunstturnen, Radsport, Rudern, Triathlon und Golf, ihre Europameisterschaften zeitgleich an einem Ort durchzuführen.
Erster Gastgeber dieses neuen Veranstaltungskonzepts ist die schottische Stadt Glasgow. Lediglich die Wettkämpfe in der Leichtathletik werden noch in Berlin ausgetragen, da die deutsche Hauptstadt bereits zuvor, im Jahr 2013, als Austragungsort der EM 2018 festgestanden hatte.

Die Idee, eine solche Multi-Sport-EM auf die Beine zu stellen, kam vom Marketing-Experten Marc Jörg und seinem Geschäftspartner Paul Bristow, die das European Championships Management gründeten. Der Schweizer Jörg war von 1996 bis 2000 Marketingdirektor der UEFA und z.B. mitverantwortlich für die Weiterentwicklung der Champions League.

„Bei einem Seminar in London, es muss im Jahr 2013 gewesen sein, wurde uns das Konzept von den Gründern vorgestellt. Obwohl erst einmal nur eine Idee, die noch nicht komplett ausgereift war, fanden wir sie vielversprechend. Einziges größeres Problem dabei war der Terminkalender. Die Europameisterschaften im Kunstturnen finden traditionell früher, zwischen April und Juni, statt. Dennoch waren wir von den Vorteilen überzeugt, da man mit sieben Sportarten ein tolles Bild nach außen abgeben kann, und haben uns somit entschieden, bei der Premiere mit dem Kunstturnen dabei zu sein“, erklärte Paolo Frising, Exekutivmitglied des europäischen Turnverbandes UEG.

Nicht zu verwechseln sind die European Championships übrigens mit den European Games, die ihre Premiere 2015 in Baku feierten und von den Europäischen Olympischen Komitees organisiert werden und als Pendant zu den Asien- oder Panamerikanischen Spielen gelten.

Das Ziel:

Die sieben Verbände erhoffen sich durch eine gemeinsame Austragung eine höhere Attraktivität, hierdurch dann mehr mediale Aufmerksamkeit und somit auch ein steigendes Interesse von Zuschauern und Sponsoren. Frei nach dem Motto: Gemeinsam sind wir stärker. Für die Initiatoren Jörg und Bristow war das Hauptziel somit auch, anderen Sportarten die Möglichkeit zu bieten, aus dem Schatten des allseits dominierenden Fußballs herauszutreten.

Als Einzel-EM haben besonders die Randsportarten kaum eine Chance, den Weg ins Hauptprogramm der Fernsehsender zu finden. Die Übertragungsrechte der European Championships hat somit auch die EBU (European Broadcasting Union) erhalten. Demnach werden die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten, wie etwa ARD/ZDF in Deutschland, France Télévisions in Frankreich oder die BBC in Großbritannien, das Event übertragen. Jeweils rund 100 Live-Stunden sind geplant. Ergänzt wurde das Angebot durch einen weiteren Vertrag mit Eurosport. Somit wurden die Zeitpläne der verschiedenen Sportarten auch aufeinander abgestimmt.

„Es geht darum, die Kräfte zu bündeln, auch in Sachen Budget. Wenn man beispielsweise die Werbung sieht, die in den letzten Wochen im deutschen Fernsehen lief, denke ich, dass das schon einen großen Einfluss haben wird. Solch eine Visibilität haben viele der Sportarten sonst nicht. Das Kunstturnen steht beispielsweise alle vier Jahre bei den Olympischen Sommerspielen im Fokus. Die WM, obwohl hier die gleichen Athleten im Einsatz sind, kriegt schon viel weniger Aufmerksamkeit. Die EM befindet sich dann noch einmal ein gutes Stück darunter. Obwohl viele der weltbesten Turner aus Europa kommen“, bemerkte Frising und zeigte sich hinsichtlich des neuen Konzeptes optimistisch.

Der Austragungsort:

2014 stemmte die 600.000-Einwohner-Stadt in Schottland bereits die Commonwealth Games. Eine Veranstaltung, die mit fast 5.000 Sportlern einen ähnlichen Umfang aufwies. 2014 wurde ebenfalls der traditionsreiche Ryder Cup, eines der großen Golf-Highlights, in Glasgow ausgetragen. 2015 fanden hier zudem die Weltmeisterschaften im Kunstturnen statt. Glasgow scheint auf ein Sportevent dieses Ausmaßes demnach bestens vorbereitet zu sein, wie auch Paolo Frising glaubt: „Im Bereich des Kunstturnens ist die notwendige Infrastruktur vorhanden.

Als Verband kann man bei einem solchen Event natürlich nicht auf alles die Hand haben, wie es etwa bei einer Einzel-EM der Fall ist. Doch unsere Leute sind mit dem Organisationskomitee bisher sehr zufrieden. Glasgow hat nicht nur die WM 2015 ausgetragen, sondern war im Kunstturnen auch bereits Station der World-Cup-Serie. Das Team vor Ort besitzt somit das nötige Know-how, was sicherlich vieles vereinfacht.“

Die Zukunft:

Sollte die erste Auflage ein Erfolg sein, würden die nächsten European Championships in vier Jahren stattfinden. Mehrere Städte sollen bereits Interesse an einer Austragung bekundet haben. Auch weitere Sportarten wie etwa der Kanusport könnten sich vorstellen, bei einer Fortsetzung des Konzepts dabei zu sein. Für Paolo Frising ist unterdessen klar, dass eine „Win-win-Situation“ entstehen muss: „Wir werden die erste Auflage analysieren und dann entscheiden, wie es weitergeht.“

Die Luxemburger Sportler:

Erstmals seit Sascha Palgen im Jahr 2015 ist der nationale Turnverband FLGym wieder bei einer Kunstturn-EM am Start. Vier Junioren (Chiara Castellucci, Céleste Mordenti, Lola Schleich und Quentin Brandenburger) sowie eine Seniorin (Aurélie Keller) werden die nationalen Farben in Glasgow vertreten. Alle fünf Nachwuchstalente sind erstmals bei einem Wettbewerb dieses Niveaus dabei und sollen vorrangig Erfahrung sammeln.

Der nationale Schwimmverband FLNS schickt mit Raphaël Stacchiotti, Julien Henx und Monique Olivier drei Sportler nach Schottland. Stacchiotti schwamm bei der EM 2016 bis ins Finale der 200 m Lagen und belegte den sechsten Platz. Am Sonntag wird der 25-Jährige versuchen, dieses Kunststück zu wiederholen. Ein schwieriges Unterfangen, selbst das Halbfinale steht infrage. Um 45/100 müsste er als 21. der Meldeliste seinen Landesrekord von den Spielen in Rio unterbieten. Die beiden anderen FLNS-Vertreter sind noch weiter von einem Halbfinale entfernt. Primäres Ziel von Julien Henx wird es sein, in der Königsdisziplin (100 m Kraul) die 50-Sekunden-Schallmauer zu durchbrechen. Dazu fehlen 7/100 von seinem Rekord.

Auch der Radsportverband FSCL ist in Glasgow mit dabei. Den ersten Einsatz haben dabei die Damen am Sonntag im Straßenrennen, wo Chantal Hoffmann, Christine Majerus und Elise Maes an den Start gehen werden.