EU-KommissionEuropa wächst schneller als erwartet

EU-Kommission / Europa wächst schneller als erwartet
Globale Lieferengpässe gelten als Risiko für das aktuell gut laufende Wirtschaftswachstum Foto: AFP/Frederic Brown

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Die Wirtschaft der Eurozone erholt sich derzeit schneller als erwartet von der Corona-Pandemie, teilt die EU-Kommission im Rahmen ihrer Herbstprognose mit. Und die Wachstumsphase werde auch noch weiter anhalten, ist sie überzeugt. Gleichzeitig warnt sie jedoch vor möglichem „Gegenwind“.

„Die europäische Wirtschaft erholt sich kräftig von der Rezession“, wird Valdis Dombrovskis vom Kommissionskollegium in der Mitteilung zur Herbstprognose zitiert. Im Frühjahr setzte das Wachstum wieder ein und konnte sich auch während des Sommers halten. Im dritten Quartal 2021 fand die EU zu ihrer vor der Pandemie verzeichneten Gesamtwirtschaftsleistung zurück. Nun hob die Europäische Kommission ihre Wachstumsprognose für den Währungsraum im laufenden Jahr auf fünf Prozent an. Im Frühjahr hatte sie erst mit 4,3 Prozent gerechnet.

Mit fast 14 Prozent pro Jahr lag die BIP-Wachstumsrate in der EU im zweiten Quartal 2021 so hoch wie nie zuvor: Sie fiel genauso stark aus wie der beispiellose BIP-Rückgang, der im selben Zeitraum des Vorjahres während der ersten Pandemiewelle verzeichnet wurde, schreibt die Kommission. Im dritten Quartal 2021 fand die EU zu ihrer vor der Pandemie verzeichneten Gesamtwirtschaftsleistung zurück und wechselte von der Erholungsphase in eine Expansionsphase.

Mit der Lockerung der Beschränkungsmaßnahmen bei auf private Verbraucher ausgerichteten Wirtschaftstätigkeiten habe sich nun auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt deutlich verbessert, schreibt die EU-Kommission weiter. In der EU wurden im zweiten Quartal dieses Jahres rund 1,5 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen. Seit September 2021 zählt die Eurozone, mit 12 Millionen, nun wieder weniger Arbeitslose als im Monat vor der Krise, im Februar 2020. In den kommenden beiden Jahren soll die Arbeitslosenquote weiter leicht zurückgehen, erwartet die Kommission.

Die verbesserten Wachstumsaussichten deuten darauf hin, dass auch die Staats-Defizite ab 2021 niedriger ausfallen werden als im Frühjahr erwartet, berichtet die Kommission weiter. Die Verschuldungsquote (laut Stabilitätskriterien sind maximal 60 Prozent erlaubt) werde im Euro-Währungsgebiet von 99 Prozent in diesem Jahr auf 97 Prozent im Jahr 2023 zurückgehen, wird in Brüssel erwartet.

Auch ihre Erwartungen für die Luxemburger Wirtschaft hat die EU-Kommission stark nach oben geschraubt. Für das Großherzogtum rechnet sie nun mit einem Wachstum der Wirtschaftsleistung von 5,8 Prozent. Im Frühjahr hatte sie erst mit 4,5 Prozent gerechnet. Das Luxemburger statistische Institut Statec rechnet bisher mit sechs Prozent Wachstum. Im Jahr 2022 erwarten die Luxemburger Statistiker einen Zuwachs von 3,5 Prozent.

Aus den Daten geht auch hervor, dass Luxemburg letztes Jahr härter von der Corona-Krise getroffen wurde als ursprünglich erwartet. War man im Juni von einem Rückgang von 1,3 Prozent im Jahr 2020 ausgegangen, so zeigen die Zahlen des statistischen Instituts mittlerweile einen Rückgang von 1,8 Prozent. Trotz dieser Verschlechterung steht das Großherzogtum, was die Entwicklung der Konjunktur anbelangt, relativ gut da. Als Nummer drei in Europa, nach Irland und Litauen, wie die Zahlen von Eurostat zeigen.

Auch in Luxemburg sieht die Kommission die Lage auf dem Arbeitsmarkt heute sehr deutlich optimistischer als im Frühjahr. Während die Arbeitslosenquote (nach europäischer Berechnungsmethode) letztes Jahr, mit der Pandemie, von 5,6 auf 6,8 gestiegen war, erwartet sie nun für dieses Jahr einen Rückgang auf 6,1 Prozent. In den beiden kommenden Jahren soll sich der Abbau weiter leicht fortsetzen.

Luxemburgs Wirtschaft hat sich gut geschlagen

In der Frühjahrsprognose war die EU-Kommission noch nicht so optimistisch. Sie erwartete damals, bis Ende dieses Jahres, einen Anstieg der Arbeitslosenquote auf 7,4 Prozent. Unter anderem hatte sie mit steigenden Firmeninsolvenzen gerechnet. Tatsächlich ist die Arbeitslosenquote aktuell hierzulande nur noch leicht höher als vor der Krise, während die Zahl der Menschen auf Arbeitssuche bereits wieder unter das Niveau von vor der Krise gefallen ist. 

Die relative Widerstandsfähigkeit der luxemburgischen Wirtschaft im Jahr 2020 führt die EU-Kommission auf mehrere Faktoren zurück. Etwa die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen und Haushalte sowie eine starke Leistung in den Sektoren ICT und Finanzen. Auch hatte das reale BIP bereits vor Ende des Jahres 2020 wieder zum Vorkrisenniveau zurückgefunden.

Auch bei der Verschuldung entwickelt sich Luxemburg deutlich besser als der Durchschnitt der Euro-Staaten. Die Kommission geht davon aus, dass die Quote 2021 auf 25,9 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen wird – und bereits 2022 auf 25,6 Prozent zurückgeht. Dennoch wird Corona die Staatsfinanzen – in Form einer höher-als-ohne-Krise-Verschuldung – noch lange begleiten. 

Doch trotz all des Optimismus und der guten Zahlen erfährt die Wachstumsdynamik neuen Gegenwind, warnt die Kommission. „Die Wachstumsaussichten sind weiterhin mit sehr hohen Ungewissheiten und Risiken behaftet.“ Engpässe und Störungen der globalen Lieferketten belasten die Wirtschaftstätigkeit in der EU, insbesondere in der verarbeitenden Industrie. Zudem sei das Covid-19-Virus noch nicht besiegt, doch die wirtschaftliche Erholung in hohem Maße vom weiteren Verlauf der Pandemie abhängig. „In der EU droht dies besonders in denjenigen Mitgliedstaaten, in denen die Impfquoten noch relativ niedrig sind“, schreibt sie. Für Luxemburg wird zudem die Einführung von neuen internationalen Steuerregeln für Unternehmen als mögliches Risiko für das Wachstum angeführt.

Auch liegen die Energiepreise, insbesondere für Erdgas, nun deutlich über ihrem Niveau von vor der Pandemie. Dies dürfte sowohl den Konsum als auch die Investitionen bremsen, schreibt sie. Sie hebt hervor, dass die jährliche Teuerungsrate im Euro-Währungsgebiet von einem negativen Wert im vierten Quartal 2020 (-0,3 Prozent) auf 4,1 Prozent im Oktober gestiegen ist, einen Wert, der seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1997 nur einmal verzeichnet wurde. Die Kommission ist jedoch der Meinung, dass es sich um ein vorübergehendes Phänomen handelt. Nach 2,4 Prozent in 2021 werde die Inflationsrate 2022 auf 2,2 Prozent und erst 2023 wieder auf 1,4 Prozent zurückgehen.

Auch höher als vorhergesehen. In Luxemburg wird die Gesamtinflation voraussichtlich von 0 Prozent im Jahr 2020 auf 3,2 Prozent im Jahr 2021 steigen, was auf die höheren Energiepreise und die Einführung einer Kohlenstoffsteuer zurückzuführen ist. Sie wird anschließend voraussichtlich auf 2,2 Prozent im Jahr 2022 und 1,8 Prozent im Jahr 2023 zurückgehen.