Rat der AußenministerEU erweitert Militärhilfe an Kiew

Rat der Außenminister / EU erweitert Militärhilfe an Kiew
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sind der Ansicht, dass ein Gas-Embargo aus Rücksicht auf manche EU-Staaten nicht so schnell umgesetzt werden kann Foto: AFP/Kenzo Tribouillard

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Die EU-Staaten wollen die Militärhilfe an die Ukraine weiter aufstocken. Zudem wird nach einem fünften Sanktionspaket gegen Russland, das vergangene Woche beschlossen wurde, bereits an einer sechsten Sanktionsrunde gearbeitet. Diskutiert wird dabei auch über ein Öl- und Gas-Embargo.

Die EU-Außenminister gehen nicht davon aus, dass der vom russischen Präsidenten Wladimir Putin geführte Krieg gegen die Menschen in der Ukraine durch Verhandlungen beigelegt werden kann. Sie wollen daher die Militärhilfe für Kiew weiter aufstocken. Zu den bislang gewährten eine Milliarde Euro werden weitere 500 Millionen Euro dazukommen, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach einer Ministerratssitzung gestern in Luxemburg. Das Geld komme nicht aus dem EU-Haushalt, sondern aus einem eigens dafür vorgesehenen EU-Fonds. Die damit getroffene Entscheidung zur Finanzierung weiterer Waffenlieferungen an die Ukraine sei einstimmig erfolgt, betonte der Spanier. Daneben würden viele EU-Länder zusätzliche Militärhilfen an die Ukraine leisten. Wie viel dies bisher insgesamt ausmache, könne er nicht beziffern, sagte Josep Borrell. „Die Zahl ist sehr viel größer“ als das, was die EU gebe, meinte er.

Un die EU-Staaten wollen noch weitere Waffen liefern. So erklärte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock, dass nun auch „vor allem schwere Waffen“ geliefert werden müssten. „Jetzt ist keine Zeit für Ausreden, jetzt ist Zeit für Kreativität und Zeit für Pragmatismus“, erklärte die Grünen-Politikerin vor der Ratstagung in Luxemburg. Er habe sich nicht vorstellen können, dass in der EU einmal dazu aufgerufen werde, Waffen zu liefern, sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. „Das hat es noch nie gegeben und ist eine ganz außergewöhnliche Situation.“

Die EU-Staaten wollten die Ukraine auch weiterhin militärisch unterstützen, sagte Josep Borrell weiter. Das hängt wohl auch mit der Erkenntnis zusammen, dass die bislang gegen Russland verhängten Sanktionen allein Wladimir Putin nicht stoppen werden. Jean Asselborn meldete gestern denn auch Zweifel an, ob mit einem Embargo gegen russisches Gas der Krieg beendet werden könne. Auch Borrell sagte, man solle sich „keine Illusionen machen“, die Kämpfe würden weitergehen, ob mit oder ohne Sanktionen. Nach dem vergangene Woche verhängten fünften Sanktionspaket wird dennoch bereits an einem weiteren Maßnahmenpaket gearbeitet. Während das fünfte Paket neben der Blockade europäischer Häfen für russische Schiffe das Einfuhrverbot von anderen Gütern aus Russland wie Holz und vor allem Kohle beinhaltet, wird derzeit insbesondere über ein Öl- und Gas-Embargo diskutiert. Eine Entscheidung sei bislang noch nicht getroffen worden, sagte der EU-Außenbeauftragte.

„Asymmetrischer Schock“

Wobei voraussichtlich aber ein ÖL-Embargo schneller umzusetzen wäre. Das bevorzugt Josep Borrell, der darauf hinwies, dass die EU-Staaten im vergangenen Jahr für 80 Milliarden Euro russisches Öl, aber nur für 20 Milliarden Gas aus Russland importiert hatten. Immerhin sei es leichter Alternativen für Öl-Lieferungen zu finden, gab der EU-Außenbeauftragte zu bedenken. Zudem seien die EU-Staaten unterschiedlich stark von einem solchen Embargo betroffen, sagte Borrell und sprach dabei von einem „asymmetrischen Schock“ zwischen den Mitgliedstaaten im Osten und jenen im Westen der EU. Luxemburgs Außenminister wies darauf hin, dass ein Gas-Embargo ein Schlag gegen die Industrie in Deutschland wäre und nicht nur dort wirtschaftliche Auswirkungen habe. Er befürchtet, „dass das überschwappt auf ganz Europa“, so Asselborn. Mit der norwegischen Außenministerin Anniken Huitfeldt wurde gestern daher darüber diskutiert, wie das Land mit Gasexporten helfen könne.

Borrell warnte im Zusammenhang mit den Sanktionen vor russischer Propaganda und Desinformation. Moskau wolle die Welt glauben machen, dass die Lebensmittelknappheit auf die Sanktionen zurückzuführen sei. Es sei vielmehr Russland, das dazu beitrage, indem es ukrainische Häfen blockiere und somit Schiffe vor dem Auslaufen hindere, die mit Getreide aus der Ukraine beladen sind. Zudem würden im Land Lagerhallen mit Getreide bombardiert. „Sie provozieren den Hunger in der Welt“, sagte Borrell mit Verweis auf das russische Militär

Derweil geht der Krieg weiter, wobei eine große russische Offensive im Donbass erwartet wird. Diese werde die Ausmaße der Schlachten im Zweiten Weltkrieg in der Ostukraine erreichen, habe sein ukrainischer Amtskollege Dmytro Kuleba vergangene Woche beim NATO-Treffen erklärt, sagte Asselborn. Um den dabei von Russland begangenen Verletzungen des internationalen Rechts nachzugehen, unterstützt die EU sowohl finanziell als auch personell den Internationalen Strafgerichtshof in der Ukraine, mit dessen Chefankläger Karim Kahn gestern ebenfalls ein Austausch stattfand.