Tapetenwechsel nach 44 JahrenEscher „Convervatoire“: So hat Marc Treinen den letzten Tag als Direktor erlebt

Tapetenwechsel nach 44 Jahren / Escher „Convervatoire“: So hat Marc Treinen den letzten Tag als Direktor erlebt
Stabwechsel an der Spitze des Escher Konservatoriums: Marc Treinen (l.) und sein Nachfolger Jean Halsdorf Foto: Editpress/Julien Garroy

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Seit 2011 hat Marc Treinen die Geschicke des Escher Konservatoriums als Direktor geleitet. Nun wird er sich ab 1. Oktober neuen Aufgaben als stellvertretender Regierungskommissar für musikalische Ausbildung im Unterrichtsministerium widmen. Er, der frühere Musikschüler, Vereinsmusikant, Musikstudent, Musiklehrer und Direktor der zweitgrößten Musikeinrichtung des Landes, wird die Seiten wechseln und hofft, seine vielfältigen praktischen Erfahrungen im Dienste des Musikunterrichts auf höchster Ebene einbringen zu können. Was hat ihn zu diesem Schritt bewogen, was konnte er während seiner Zeit als Direktor bewirken und wie sieht er seine Zukunft? Das verrät Treinen im Gespräch mit dem Tageblatt.

„Ich habe meinen Posten mit voller Hingabe und großem Engagement ausgefüllt, bis dann eines Tages eine gesundheitliche Warnung mich zum Nachdenken brachte. Ich kam zu dem Schluss, dass es Zeit wird, Verantwortung abzugeben“, blickt Marc Treinen zurück, „eigentlich wollte ich als Lehrer weiterhin am Escher Konservatorium tätig sein. Doch als ich von einem ausgeschriebenen Posten beim Unterrichtsministerium hörte, dessen Profil genau auf mich passte und der mir außerdem zusagte, traf ich die Entscheidung, meine berufliche Laufbahn in eine grundlegend andere Richtung zu lenken. Meine Bewerbung wurde angenommen und nun stelle ich mich neuen Herausforderungen.“

Marc Treinen stammt aus einer Musikerfamilie. Großeltern, Eltern und Geschwister waren Amateurmusiker. Während die Großmutter und die Mutter den Kirchenchor verstärkten, spielte der Großvater Klarinette, die Brüder ebenfalls Klarinette und Flöte. Marcs großes Vorbild war allerdings sein Vater, der mit dem Euphonium sein Vorzugsinstrument gefunden hatte. Da die Körpergröße des Jungen zum Spielen dieses Instrumentes nicht ausreichte, riet man ihm, es doch mal mit der Klarinette zu versuchen. Schnell stellte sich echte Begeisterung ein.

Musik und Zahlen

Nach ersten Kursen bei der „Harmonie municipale Rumelange“ besuchte er das Escher Konservatorium in der rue de l’Eglise, das 1992 ins umgestaltete Arbed-Casino in die rue d’Audun umzog, dem heutigen Standort. Neben der Musik, der er sich mit Leib und Seele verschrieben hatte, entdeckte Treinen in jungen Jahren allerdings eine zweite Vorliebe, nämlich die „Zahlen“. Sollte er nun mit der Musik weitermachen oder eine Ausbildung etwa zum Buchhalter oder Ökonomen anstreben? Eine Zeitlang überwog letzterer Berufswunsch, doch schlussendlich triumphierte die Musik und er absolvierte ein Klarinettenstudium am „Conservatoire Royal de Bruxelles“. Nach dem erfolgreichen Abschluss begann dann die Suche nach einem Arbeitsplatz.

Da es damals keine gesetzliche Regelung gab, war oft nicht klar, wer der eigentliche Arbeitgeber war: Verein, Gemeinde, Verband …? Oder war die Musik, wie manche unkten, gar eine brotlose Kunst? Nach gelegentlichen musikalischen Aushilfejobs am Escher Konservatorium wurde Marc Treinen, als einer der zuständigen Lehrer in Rente ging, mit Klarinettenkursen betraut. Die Arbeit als Lehrer bereitete ihm viel Freude. Doch als eine Stelle in der Verwaltung des Konservatoriums frei wurde, sah er die Möglichkeit, seine beiden Interessen, Musik und Zahlen, zu verbinden. Später, als dann der Direktorenposten zur Verfügung stand, zögerte er nicht diesen anzunehmen. Er kannte den Schulbetrieb des Konservatoriums ja aus seinen langen Jahren als Schüler und Lehrer. Jetzt bot sich ihm die Gelegenheit, das Ganze von der anderen Seite aus zu betrachten.

44 Jahre lang war die Escher Musikschule sein zweites Zuhause: Marc Treinen
44 Jahre lang war die Escher Musikschule sein zweites Zuhause: Marc Treinen Foto: Editpress/Julien Garroy

„Ich übernahm die Leitung von Fred Harles, der das Konservatorium hervorragend aufgestellt hatte. Es galt, seine Arbeit weiterzuführen, das Erreichte zu konsolidieren und den modernen Gegebenheiten anzupassen“, beschreibt Treinen seine Mission. „Bestimmt waren meine ersten Schritte als Direktor holprig. In diesem Bereich, besonders in der Personalführung, fehlte es mir an Erfahrung. Ich hatte großen Respekt vor den Leistungen meines Vorgängers und musste nun den Spagat hinkriegen, sein Schaffen zu respektieren und gleichzeitig meine eigenen Ideen umzusetzen.“ Er habe die elf Jahre an der Spitze des Escher Konservatoriums genossen, gesteht er. Schwer falle es ihm allerdings, einzelne Anekdoten oder Ereignisse hervorzuheben. Es sei einfach ein Ganzes gewesen, jedes Detail von Belang. Menschlich habe ihm die Arbeit viel gebracht. Als ein Pendel, das nach zwei Seiten ausschlägt, bezeichnet er jenen Teil seiner Tätigkeit, der ihm ermöglichte, einem jungen Musiker durch eine Anstellung am Konservatorium Hilfestellung beim Aufbau einer Existenz zu leisten. Selten wurde er enttäuscht, denn das entgegengebrachte Vertrauen bekam er vielfach zurück. Des Weiteren habe er immer einen engen Kontakt sowohl mit den Lehrern als auch den Schülern gepflegt und auf ein gutes Vertrauensverhältnis gesetzt.

Persönlicher Kontakt

Wenn es galt, einen ausscheidenden Kollegen zu ersetzen, legte er neben dem musikalischen Können besonderen Wert darauf, dass der Nachfolger ins Team passte und gut mit den Schülern zurechtkam. Es lag ihm am Herzen, die neuen Schüler persönlich kennenzulernen und jedem die Gelegenheit zu fachmännischer Beratung zu bieten. Das Escher Konservatorium sollte dem einzelnen Schüler bestmöglich gerecht werden. Wohl können Einschreibungen online durchgeführt werden, doch dem Direktor und seinem Team genügte das nicht. Auch ein gut ausgefülltes Formular könne den persönlichen Kontakt nicht ersetzen.

Interessant zu erwähnen sei in diesem Zusammenhang, dass letztes Jahr insgesamt an die 1.000 Schüler die 2.400 angebotenen Kurse besuchten, Tendenz steigend, sowohl was die Schülerzahlen als auch die Kursangebote anbelangt. 30% der Schüler kommen übrigens aus Esch, 25% aus dem Ausland und 45% aus anderen Gemeinden des Landes. 80 Angestellte arbeiten am Konservatorium, 66 davon sind Lehrer.

Das Escher Konservatorium blieb unter Direktor Treinen ein offenes Haus. Er legte verstärkten Wert auf Öffentlichkeitsarbeit und baute die Präsenz in den sozialen Medien aus.

Zahlreiche Konzerte aller Musikgenres trugen zum Renommee der Schule bei, auch auf internationaler Ebene, und ernteten viel Anerkennung beim Publikum. Doch vor allem sollte das Studieren am Escher Konservatorium Spaß bereiten. „Die Schüler, die zu uns kommen, sind motiviert. Sie kommen freiwillig und eines meiner Ziele war es, diese Motivation zu erhalten und gar die Leidenschaft für die Musik zu befeuern. Alle Schüler, die man ja oft lange Zeit begleitet, sollten ‚eng gutt gepaakte Waliss‘ mit auf den Weg bekommen. Ganz egal, ob sie nun die Musik als Hobby betreiben wollten oder gar eine Profikarriere anstrebten“, erläutert Marc Treinen. Geerdet hätten ihn immer wieder seine freundschaftlichen Beziehungen zu den unterschiedlichsten Musikerkreisen. So blieb er sowohl in der „Harmonie municipale Mondercange“ als auch in der „Harmonie Victoria Téiteng“ aktiv, sei es als Musiker, Dirigent oder Vereinspräsident.

Vorfreude auf eine neue Etappe

Das Konservatorium, das während 44 Jahren sein zweites Zuhause war und wo er als Schüler – wen wundert’s – seine Frau kennengelernt hat, verlässt er mit gemischten Gefühlen. „Wenn man seine Arbeit nicht mehr so ausführen kann, wie einem das vorschwebt, sollte man sich verändern. Ich habe noch an die zehn Jahre Berufsleben vor mir, freue mich auf die neue Etappe, den neuen Aufgabenbereich und werde mich voll einbringen. Ich weiß, wie das Schulsystem im Musikbereich aufgebaut ist, kenne es aus den verschiedensten Blickwinkeln und glaube schon, mit meiner Erfahrung, meinen zukünftigen Vorgesetzten zur Hand gehen zu können“, schließt der sympathische Musiker. Vielleicht werde sein Leben etwas geregelter, denn gerne würde er wieder öfters Klarinette spielen und sich seinem Hobby, dem Drechseln, sowie im Allgemeinen der Schreinerei widmen.

Nachfolger Jean Halsdorf

In der Escher Gemeinderatssitzung vom 17. Juni wurde Jean Halsdorf zum Nachfolger von Marc Treinen bestimmt. Halsdorf unterrichtete bisher Violine und Kammermusik im „Conservatoire“. Er war in Basel ein Schüler des berühmten russischen Cellisten und Komponisten Ivan Monighetti. Außerdem studierte Halsdorf in Köln und Rom. Zwischen 1996 und 2002 war er erster Geiger des „Orquesta Ciudad de Granada“ in Spanien. Er ist Orchesterchef und musikalischer Direktor des „Ensemble de la Chapelle Saint-Marc“. Seinen ersten offiziellen Auftritt als Direktor wird Halsdorf am kommenden Mittwoch bei der Programm-Pressekonferenz haben. (P.M.)