EditorialEs wird Zeit für einen Bildungstisch

Editorial / Es wird Zeit für einen Bildungstisch
Bildungsminister Claude Meisch hat in den vergangenen Jahren mehrmals an großen Verhandlungsrunden auf Schloss Senningen teilgenommen – vielleicht wird es Zeit für eine weitere zum Thema Bildung Foto: Editpress/Julien Garroy

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„Et ass e konstanten Drock do an dee mécht ee futti.“ „Ech hunn d’Gefill, de Schüler net méi gerecht ze ginn.“ „Et lauschtert keen de Leit um Terrain no.“ So beschreiben Lehrer der „voie de préparation“ ihre Situation im neuesten Bericht der Lehrergewerkschaft SEW/OGBL, den deren Vertreter am Dienstag vorgestellt haben. Die Anforderungen an das Lehrpersonal seien zu groß, die zur Verfügung gestellten Ressourcen nicht ausreichend. Die Umfrageergebnisse zeugen von starker Unzufriedenheit und von einer Politik, die an den realen Zuständen vorbei regiert. Es wird Zeit, endlich auf die Kritikpunkte des Lehrpersonals einzugehen.

Während der vergangenen zehn Jahre haben die Lehrer immer wieder Bildungsminister Claude Meischs Maßnahmen, die der Situation in den Klassenräumen nicht Rechnung tragen, bemängelt. Vergangenen Mai kritisierten Luxemburger Gewerkschaften die Ära Meisch als „Bildungspolitik im Monolog“. Das unterstreicht auch der neueste Bericht des SEW. Etwa drei Viertel der 88 befragten Lehrer der „voie de préparation“ geben an, dass das Bildungsministerium ihre Probleme nicht oder eher nicht richtig einschätze.

Eigentlich soll die „voie de préparation“ junge Menschen auf das Berufsleben vorbereiten. Administrative Hürden, kaum Ressourcen, heterogene Klassenverhältnisse und Aufgaben, die nicht in den Kompetenzbereich der Lehrer fallen, machen dies allerdings schwierig. Oder mit einem Zitat aus dem Bericht ausgedrückt: „Et gëtt ëmmer manner Zäit, fir z’enseignéieren.“ Im Gespräch mit Lehrern scheint sich dieses Phänomen wie ein roter Faden durch die Bildungspolitik zu ziehen. Dem Lehrpersonal werden immer mehr Aufgaben aufgetragen, die der Wissens- und Kompetenzvermittlung im Weg stehen.

Die Frage, ob es ein Problem im Bildungssektor gibt, stellt sich für viele Lehrer also nicht mehr. Die Frage ist nur, wie weit das Problem wirklich reicht. Wo muss angesetzt werden? In welchen Bereichen müssen die Ressourcen aufgestockt und wo umverteilt werden? Wie kann man das System am besten an eine immer heterogenere Gesellschaft anpassen? Das sind Informationen, die für eine ehrliche Analyse nötig sind. Die Betonung liegt auf „ehrlich“: Die Gewerkschaft OGBL hat vergangenes Jahr bereits die Schlussfolgerung einer Studie zu den Europaschulen als „Lüge über die öffentlichen europäischen Schulen“ betitelt. Die Interpretation der Resultate machte die Gewerkschaft „fassungslos“.

Natürlich gibt es keine einfachen oder schnellen Lösungen für diese Probleme – genau deswegen muss ein Bildungstisch einberufen werden. Aber dann müsste Meisch sich selbst eingestehen, dass sein Ministerium in den vergangenen Jahren Fehler gemacht hat. Wirklich vorstellbar ist das nicht. Eines ist allerdings klar: Eine wirkliche Lösung kann ohne Input der Lehrer nicht gefunden werden.