Gemeinde Steinsel„Es gibt Perspektiven“: Bahnübergang in Heisdorf soll weg

Gemeinde Steinsel / „Es gibt Perspektiven“: Bahnübergang in Heisdorf soll weg
Fußgänger müssen die Gleise überqueren, um die Bushaltestellen an der Hauptstraße zu erreichen Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Der Bahnübergang in Heisdorf bereitet den Verantwortlichen der Gemeinde Steinsel weiterhin Kopfzerbrechen. Regelmäßig kommt es an besagter Stelle zu schwerwiegenden Zwischenfällen. Zuletzt im Oktober 2021, als ein 14-jähriges Mädchen von einem Zug erfasst und tödlich verletzt wurde. Lösungen liegen auf dem Tisch. Bis zur Verwirklichung dürften aber noch einige Jahre vergehen. Bis dahin appellieren die Behörden an Vernunft und Vorsicht der Bürger.

„Mir läuft es kalt den Rücken runter, wenn die jungen Menschen über die Gleise zum Zug laufen“, sagt Maria und deutet in Richtung Bahnsteig direkt neben dem Bahnübergang im Zentrum von Heisdorf. Die junge Mutter wohnt in Sichtweite jener Stelle, an der sich die Straße mit den Bahngleisen kreuzt. Fast täglich werde sie Zeugin brenzliger Situationen, die auch den Verantwortlichen der Gemeinde Steinsel den Schweiß auf die Stirn treiben: „Entweder sind es Fußgänger, die durch geschlossene Schranken laufen, oder Autofahrer, die schnell noch über die Gleise wollen“, so die Einwohnerin aus Heisdorf.

Meist sind es Hast und Eile, die Verkehrsteilnehmer zu waghalsigen Manövern antreiben. Das weiß auch Fernand Marchetti (LSAP). Seine Miene verdüstert sich, wenn der neue Bürgermeister vom tragischen Zwischenfall vor wenigen Monaten spricht. Im Oktober 2021 musste ein junges Mädchen sein Leben lassen, weil es noch rechtzeitig den Zug nach Mersch erwischen wollte. Die 14-Jährige wurde aber von einem herannahenden Triebwagen erfasst. Besonders tragisch: Die Schranken waren geschlossen. Und: Das Kind soll zum Zeitpunkt des Unfalls Kopfhörer getragen haben.

Das Problem in Heisdorf ist vor allem auf die unglückliche Lage der Bahnsteige zurückzuführen. Die Gleise verlaufen parallel zur viel befahrenen route de Luxembourg, an der sich wichtige Bushaltestellen befinden. Beim Umstieg von Bus auf Bahn (und umgekehrt) müssen die Passagiere gezwungenermaßen die Gleise überqueren. Was bei offenen Schranken kein Problem darstellt. Gefahr droht vielmehr bei sich schließenden oder geschlossenen Bahnschranken. „Manche Menschen haben Verspätung und geraten unter Zeitdruck. Oft können sie das herannahende Transportmittel sogar sehen, was den Druck noch erhöht“, meint Marchetti. Dies führe dann zu leichtsinnigen Entscheidungen mit potenziell tödlichen Folgen.

Seit 20 Jahren schon versuchen die Steinseler Gemeindeverantwortlichen, das Problem zu beheben. Einfach ist das aber nicht: Zum einen wegen der geografischen Lage und der Bevölkerungsdichte im Alzettetal, zum anderen, weil die Projekte mit etlichen Behörden, staatlichen Dienststellen und anderen Partnern wie der CFL abgestimmt werden müssen. „Wir kämpfen schon so lange mit dieser Situation“, so Marchetti. Er sei jedoch zuversichtlich, endlich eine Lösung gefunden zu haben.

In trockenen Tüchern?

So liegen seit Jahren schon Pläne für eine Sanierung des Bahnhofs auf dem Tisch, die eine Erneuerung der Bahnsteige im Zuge einer europäischen Initiative vorsehen. An dieser Stelle soll denn auch eine Unterführung für Passagiere entstehen. Marchettis Wissensstand zufolge sei das Projekt in trockenen Tüchern. Allerdings wolle die CFL auch Garantien, dass eine Lösung für den benachbarten Bahnübergang gefunden wird.

Tatsächlich befürchten die Verantwortlichen der nationalen Bahngesellschaft, dass sich die Behörden mit der Fußgängerunterführung am Bahnhof zufriedengeben und ein ähnliches Projekt für Fahrzeuge am Bahnübergang aus welchen Gründen auch immer wieder in der Schublade verschwinden lassen. Ziel der CFL ist es seit Jahren schon, die sogenannten „Passages à niveau“ zu beseitigen. Als Knotenpunkte zwischen Schiene und Straße seien diese zu anfällig, heißt es auf Seiten der Bahngesellschaft. Bahnübergänge würden den Verkehrsfluss von Straße und Schiene stören, was sich wiederum negativ auf die Pünktlichkeit der Züge und die Sicherheit von Passagieren und Verkehrsteilnehmern auswirkt.

So haben allein in den letzten fünf Jahren drei Menschen ihr Leben bei solchen Unfällen gelassen. Nur knapp konnte im Juli 2021 eine weitere Tragödie vermieden werden. Trotz Warnsignal wollte in Bartringen eine Fahrerin noch schnell mit ihrem Wagen die Gleise überqueren, als sich die Bahnschranken senkten. Die Frau konnte dem Wagen quasi in letzter Sekunde entkommen. Das Fahrzeug aber wurde vom Zug erfasst und komplett zerstört.

Der Vorfall ist kein Einzelfall: Pro Jahr werden zwischen 40 und 60 Schrankenarme beschädigt, weil sich Fahrer nicht an die geltenden Vorschriften halten. Im Schnitt entspricht das einem Vorfall pro Woche, was für die Behörden nicht nur mit beträchtlichen Kosten verbunden ist: „Bei jedem einzelnen Zwischenfall handelt es sich um eine Situation, in der mindestens eine Person ihr Leben aufs Spiel setzt“, heißt es auf Seiten der CFL.

Bei geschlossenen Schranken warten die meisten Passanten. Allerdings gibt es immer wieder Menschen, die schnell noch über die Gleise wollen.
Bei geschlossenen Schranken warten die meisten Passanten. Allerdings gibt es immer wieder Menschen, die schnell noch über die Gleise wollen. Foto: Editpress/Didier Sylvestre

75 Störfälle im Jahr

Hochgerechnet kommt das Bahnunternehmen jährlich auf rund 75 Störfälle mit Verkehrsteilnehmern. Um diese Gefahren zu senken und die Verkehrsströme zu verbessern, hat sich die CFL zum Ziel gesetzt, Bahnübergänge zu beseitigen und durch andere Verkehrslösungen zu ersetzen. Denn: „Der sicherste Bahnübergang ist ein abgeschaffter Bahnübergang“, wie Sprecher der Gesellschaft immer wieder betonen.

In den letzten acht Jahren wurden bereits mehr als 25 „Passages à niveau“ durch Über- oder Unterführungen ersetzt. Der letzte Bahnübergang wurde in der Gemeinde Kiischpelt beseitigt. Dieses Jahr soll noch der viel benutzte Knotenpunkt in Lorentzweiler entschärft werden. Dann bleiben noch 115 Bahnübergänge übrig, die die CFL anhand einer Prioritätenliste abzuarbeiten gedenkt. Die Liste wird aufgrund bestimmter Kriterien zusammengestellt, bei der die Sicherheit eine wichtige Rolle einnimmt. Gleichzeitig werden auch die möglichen Auswirkungen einer potenziellen Störung an besagter Stelle bewertet.

Auf der Liste steht natürlich auch der Übergang in Heisdorf. Bis die ersten Bagger anrollen, dürften laut Bürgermeister Marchetti allerdings noch einige Jahre vergehen. Es gebe noch etliche Fragen zu klären. Mehrere Lösungen liegen auf dem Tisch. So sei etwa angedacht worden, den Verkehr via Unterführung am Kreisverkehr in der Nähe des Einkaufszentrums in Walferdingen unter den Gleisen herzuleiten. Die Lage sei jedoch nicht optimal und die Arbeiten würden aufwendiger als zunächst gedacht.

An einer anderen Stelle stoße man sich am Widerstand der Einwohner. Eine Enteignung der entsprechenden Grundstücke ist jedoch keine Option, zumal es noch weitere Möglichkeiten gibt. Marchetti bevorzugt beispielsweise eine Verkehrsumleitung über Bofferdingen. „In dem Fall müssten wir den Bahnübergang in Heisdorf sperren und den Verkehr an der ,Boufer Knupp‘ herausfiltern“, so das Gemeindeoberhaupt. Diese Option wird aktuell bereits bei Schulbussen genutzt, um diese nicht über den gefährlichen Bahnübergang leiten zu müssen.

Man sei dabei, der Straßenbauverwaltung und der CFL ein diesbezügliches Projekt zu unterbreiten. Mit einem Beginn der Arbeiten sei jedoch nicht vor 2025-2026 zu rechnen. „Zumindest gibt es Perspektiven“, so ein hoffnungsvoller Bürgermeister.

schneewittchen4769
11. Mai 2022 - 11.24

20 Jahre Planung, passt zu Luxemburg.