Das Linksbündnis „Nouveau Front populaire“ ist aus der zweiten Runde der Parlamentswahlen am Sonntag als Sieger hervorgegangen – vor dem „Ensemble“ des Präsidenten Emmanuel Macron und dem Rassemblement national, dessen Vormarsch weitgehend eingedämmt wurde. Das ist das Ergebnis erster Prognosen. Es gibt keine Mehrheit für eine Regierungsbildung.
Der „front républicain“, der zwischen den beiden Wahlgängen aufgebaut wurde, um die RN-Welle, die in den Plenarsaal der Nationalversammlung schwappen sollte, zu begrenzen, scheint nach 210 Rücktritten von Kandidaten aus dem Präsidentenlager oder der Linken Früchte getragen zu haben.
172 bis 215 Sitze für das Linksbündnis
Das links-grüne Bündnis liegt bei der Parlamentswahl in Frankreich nach ersten Prognosen überraschend vorn. Die Neue Volksfront kommt demnach auf 172 bis 215 von 577 Sitzen. Die rechtspopulistische Partei Rassemblement national, die auf eine absolute Mehrheit gehofft hatte, würde demnach mit 115 bis 155 Sitzen auf den dritten Platz hinter das Regierungslager mit 150 bis 180 Sitzen abrutschen. Keiner der drei Blöcke käme demnach auf eine absolute Mehrheit.
Dennoch hat das Linksbündnis bereits den Anspruch auf die Regierungsbildung erhoben. „Der ‚Nouveau Front populaire‘ ist bereit zum Regieren“, sagte der frühere Parteichef der linkspopulistischen Partei La France insoumise (LFI), Jean-Luc Mélenchon, am Sonntag in Paris. Er forderte den Rücktritt von Premierminister Gabriel Attal. „Wir haben gewonnen“, skandierten die Unterstützer des Linksbündnisses.
Macron-Lager bei 150 bis 180 Abgeordneten
Eine weitere große Überraschung ist die Widerstandsfähigkeit des macronistischen Lagers, das auf 150 bis 180 Abgeordnete geschätzt wird. Das sind zwar 80 bis 100 Sitze weniger als vor zwei Jahren. Aber die Auflösungswette, die Emmanuel Macron vor einem Monat nach einer schweren Niederlage bei den Europawahlen (14,6%) einging, hätte zu einer weitaus größeren Niederlage führen können.
Beim RN ist die Stimmung zwangsläufig von Enttäuschung geprägt. Zwar gewinnt die Partei hinzu – mit 120 bis 152 Abgeordneten, gegenüber 89 im Juni 2022. Aber sie sieht den Traum einer absoluten Mehrheit schwinden, der am Abend des ersten Wahlgangs erreichbar erschien.
Frankreich muss demnach mit einer Zeit der politischen Instabilität rechnen. Es gilt als wahrscheinlich, dass Premierminister Gabriel Attal seinen Rücktritt einreicht, da das Mitte-Regierungslager nach den Prognosen seine relative Mehrheit verloren hat. Präsident Emmanuel Macron könnte Attals Rücktritt annehmen, das Kabinett aber als geschäftsführende Regierung vorläufig im Amt belassen, zumindest bis nach den Olympischen Spielen in Frankreich, die am 11. August enden.
Macron ruft zur Zurückhaltung beim Deuten der Prognosen auf
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat angesichts der ersten Prognosen zur Zurückhaltung bei deren Interpretation aufgerufen. „Die Frage ist, wer regieren und wer eine Mehrheit bilden kann“, hieß es am Sonntag im Elysée. Gemäß der republikanischen Tradition werde Macron die Struktur der neuen Nationalversammlung abwarten, bevor er Entscheidungen treffe, hieß es weiter. Der Präsident sei der Garant der staatlichen Institutionen und werde darauf achten, „dass der Wählerwille respektiert werde“.
Premierminister Gabriel Attal hat während einer Rede am Sonntagabend indessen bereits einen ersten Schritt unternommen. Er kündigt für Montag seinen Rücktritt an.
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