Dienstag21. Oktober 2025

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Israel-Palästina„Eine Krawatte macht noch keinen Diplomaten“:  Außenminister Xavier Bettel auf Dienstreise in Israel und Palästina

Israel-Palästina / „Eine Krawatte macht noch keinen Diplomaten“:  Außenminister Xavier Bettel auf Dienstreise in Israel und Palästina
Außenminister Xavier Bettel spricht im Gespräch mit dem Tageblatt über die Lage in Gaza und den neuen Machthaber in Syrien Foto: Editpress/Alain Rischard

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Außenminister Xavier Bettel war in den vergangenen Tagen auf Dienstreise im Nahen Osten. Gegenüber dem Tageblatt spricht Luxemburgs Chefdiplomat über die derzeitigen und künftigen Herausforderungen im Gazastreifen und den neuen Machthaber in Syrien.

Tageblatt: Außenminister Bettel, Sie sind derzeit auf Dienstreise im Nahen Osten. Wie hat sich die Lage seit Ihrem vergangenen Aufenthalt im Oktober verändert?

Xavier Bettel: Es hat Friedensverhandlungen gegeben und es gibt mittlerweile eine Waffenruhe in Gaza. Diese dauert aktuell noch an. Das ist eher positiv zu sehen. Ich habe von vielen Seiten die Befürchtung gehört, dass der Waffenstillstand nicht halten soll und der Konflikt wieder anfangen wird. Wie lange das aber andauern wird, weiß natürlich keiner. Es scheint aber, als wollten die Israelis die erste Phase weiter in die Länge ziehen und eine ganze Reihe an Geiseln freibekommen. Auf der anderen Seite sind die Geiseln – und ich weiß, es ist sehr zynisch und ‚ruckelzeg’, was ich jetzt sage – die Lebensversicherung der Hamas. Sowohl Palästinenser als auch Israel wollen die Hamas loswerden. Letzten Endes blicken einige Parteien sehr optimistisch, andere wiederum sehr fatalistisch auf die Situation. „C’est pas évident.“

Eine Waffenruhe, die Israel mit der Blockade der Wasser- und Stromzufuhr wieder aufs Spiel setzt?

Ich habe die Israelis darauf aufmerksam gemacht, dass das nicht geht. Wenn in wenigen Tagen kein Kraftstoff mehr für die Generatoren da ist, werden die Menschen in den Krankenhäusern anfangen zu sterben. Das habe ich den israelischen Autoritäten auch mitgeteilt. Ich bin „nur“ Luxemburgs Außenminister und kann nicht wie die Außenminister anderer Länder etwas aufzwingen. Ich denke aber, dass die Message im Gespräch mit den Israelis angekommen ist.

Wie verhält sich Israel denn allgemein nach der Wahl und dem Amtsantritt von Donald Trump?

Das entscheidende Wort ist: Unvorhersehbarkeit. Vergangene Woche wären die Israelis wohl noch selbstsicherer gewesen. Jetzt, wo die USA direkt mit der Hamas diskutieren, sind schon gewisse Zweifel aufgekommen. Diese Unvorhersehbarkeit wird aber auch noch die kommenden vier Jahre andauern. Ob der amerikanische Präsident Donald Trump heißt oder nicht: Wenn mit ihm eine Waffenruhe gewährleistet werden kann … Die Hamas hat ja auch Geiseln auf Androhung des US-Präsidenten freigelassen.

Wie haben die Palästinenser denn auf Trumps Vorschlag reagiert, den Gazastreifen in eine Riviera umwandeln zu wollen?

Ich habe erstmals Garantien bekommen, dass keine Palästinenser den Gazastreifen verlassen müssen. Das war eine Information, die ich bisher nicht hatte. Der israelische Minister für strategische Aufklärung, Ron Dermer, hat mir gegenüber angemerkt, dass der gesamte Gazastreifen jedoch auch bei einem Verbleib der Palästinenser „tabula rasa und neu aufgebaut“ werden muss. Insgesamt konnte ich über alle Themen mit den israelischen Autoritäten reden, weswegen diese Arbeitsvisite so wichtig war.

Sie haben im vergangenen Jahr angekündigt, zwischen mehreren Ländern eine Dynamik zur Anerkennung Palästinas entfachen zu wollen. Priorität hat, etwas Gemeinsames mit den Kollegen zu machen. Etwas Koordiniertes, das Wirkung hat, meinten Sie im vergangenen September. Diese Dynamik scheint etwas abgeflacht zu sein.

Das ist in der Tat etwas abgeflacht, weil in anderen Ländern auch nur sehr wenig Interesse daran besteht. Ich hatte in dem Kontext auch Treffen mit mehreren Ländern, es gibt aber derzeit keine Initiative mehr. 

Sie haben zum gleichen Zeitpunkt gesagt, dass Sie den Luxemburger Weg ankündigen werden, falls Sie keine koordinierte Lösung vorlegen können. Was ist denn nun die Luxemburger Position?

Luxemburg braucht einen Friedensplan und eine Autorität, an die wir uns in der Folge wenden können. Wir werden Palästina nicht anerkennen, um dann die Hamas als Ansprechpartner zu haben. Damals war der Waffenstillstand noch keine Realität. Die Lage hat sich seitdem geändert. Ich will mich nicht zu sehr auf einen bestimmten Zeitrahmen einengen lassen. Zudem halte ich mich an die von der Chamber gestimmte Motion: Die Geiseln der Hamas müssen erst einmal freikommen.

Sie haben in dem Kontext auch eine Reform der Vereinten Nationen erwähnt und wollten einen eigenen Reformvorschlag vorlegen. Gibt es einen konkreten Luxemburger Reformvorschlag?

Nein, wir sind lediglich der Meinung, dass die afrikanischen Länder unterrepräsentiert sind. Ich bin auch nicht dafür, dass einige wenige Länder mit einem Veto alles blockieren können. Man könnte vielleicht eine Formel finden, dass eine 3/4- oder 2/3-Mehrheit ein Veto wieder überstimmen kann.

Sie schreiben in Ihrer Pressemitteilung vor Antritt der Reise, dass Sie sich für eine Waffenruhe in Gaza einsetzen wollen. Die gibt es mittlerweile, jedoch ist die israelische Armee vermehrt im Westjordanland und in Syrien tätig …

Das Problem ist, dass keiner so richtig weiß, was genau in den Gebieten vorfällt. Ich kenne aber die ständigen Provokationen durch israelische Siedler – das ist alles sehr schlimm. In Syrien sehen wir uns mit einer undurchsichtigen Situation konfrontiert. Wir wussten alle ganz genau, wer Baschar al-Assad war. Den neuen Machthaber Al-Scharaa in Syrien kenne ich nicht. Das sind jedoch frühere Terroristen. Da gibt es keinen Schalter im Gehirn, den man einfach so umlegt. Nur weil er sich eine Krawatte umbindet, macht ihn das noch lange nicht zu einem Diplomaten.

Wie bewerten Sie denn die arabische Initiative zur Verwaltung des Gazastreifens?

Ich habe diese Initiative direkt begrüßt und bin der Meinung, dass wir das auch auf europäischer Ebene tun sollten. Wir brauchen wie gesagt einen Ansprechpartner, dem wir vertrauen können und der das Vertrauen der Einwohner genießt.

Arabische Initiative zur Verwaltung des Gazastreifens

Ägyptens Präsident Abdel Fattah el-Sisi hat am vergangenen Dienstag einen Wiederaufbau-Plan für Gaza bei einem Treffen der Arabischen Liga vorgelegt. Er sieht u.a. die Verwaltung des Gazastreifens durch „kompetente“ Bewohner vor. Zudem soll die Rückkehr der Palästinenserbehörde ins Gebiet ermöglicht werden. Die Palästinenser sollen sich hinter der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) vereinigen. Die Außenminister von Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien haben bereits ihre Zustimmung für den Plan bekannt gegeben. US-Präsident Trump erteilte dem Plan vorerst eine Abfuhr.

Kicki
13. März 2025 - 9.12

Bettels "Showtime" wie immer konzeptlos und unerträglich.

Mire
12. März 2025 - 13.02

"Das ist in der Tat etwas abgeflacht, weil in anderen Ländern auch nur sehr wenig Interesse daran besteht." Wie wenn es jemals Bettels Plan war Palestina anzuerkennen. Dazu hatte er seit Ende 2013 Zeit. Bewegung ist da gar keine reingekommen.
Herr Bettel sagen sie den Leuten auch welche Länder noch nicht Palestina anerkannt haben. Nur die die Israel ohne Bedingungen unterstützen.

Mire
12. März 2025 - 13.00

"Zudem halte ich mich an die von der Chamber gestimmte Motion: Die Geiseln der Hamas müssen erst einmal freikommen." Herr Bettel gibt es in Luxembourg auch eine Motion Israel soll sich aus ALLEN bestzten Gebieten zurückziehen. Wäre das nicht auch ein erster Schritt zu Frieden. Anstelle wird Israel weiter unterstützt dass seine Siedler weiter unterstützt.
"Ich kenne aber die ständigen Provokationen durch israelische Siedler – das ist alles sehr schlimm." Nur mit dem bösen Finger auf die Siedler zeigen hilft keinem aus der expansion Israels.