WeltklimagipfelEin Wanderzirkus in der Wüste: Vor dem Beginn der COP28 in Dubai

Weltklimagipfel / Ein Wanderzirkus in der Wüste: Vor dem Beginn der COP28 in Dubai
29.11.2023, Vereinigte Arabische Emirate, Dubai: Das Gelände des UN-Klimagipfels.  Peter Dejong/AP

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Die Klimakrise verschärft sich, die bisherigen Antworten der Menschen sind ungenügend. Vom 30. November bis zum 12. Dezember treffen sich Politik, Experten und Zivilgesellschaft zur 28. UN-Klimakonferenz in Dubai. Braucht die Welt überhaupt noch solche Gipfel dieses gigantischen Ausmaßes – oder geht es nicht ein paar Nummern kleiner oder sogar ohne?

Stellen Sie sich vor, es ist Weltklimagipfel und keiner will hin! Nicht auszudenken, oder erst gar nicht möglich. Wenn ab Donnerstag etwa 70.000 Besucher zur 28. „Conference of the Parties“ (Vertragsstaatenkonferenz), kurz COP28, strömen und Vertreter aus knapp 200 Staaten zwei Wochen lang darüber diskutieren, wie der Kampf gegen die Erderwärmung am besten geführt wird, öffnet vielleicht der eine oder andere Gipfelmüde die Augen und wundert sich. Schnell stellt er oder sie fest, dass das Spektakel jedes Jahr dasselbe und der Ausgang nicht zufriedenstellend ist. Ähnlich wie bei „Und täglich grüßt das Murmeltier“.

Die Hollywoodkomödie mit Bill Murray ist mittlerweile 30 Jahre alt, der Weltklimagipfel erst 28 Jahre, wirkt aber schon ziemlich in die Jahre gekommen. Die erste Ausgabe fand 1995 in Berlin statt, drei Jahre nach dem berühmten Umweltgipfel von Rio, der mit der Verabschiedung der Klimarahmenkonvention einen Meilenstein und bezüglich der Beteiligung von zivilgesellschaftlichen Organisationen neue Maßstäbe setzte. Ein Meilenstein war auch die COP21 im Jahr 2015 in Paris, bei der das Übereinkommen von Paris, in der Nachfolge des sogenannten Kioto-Protokolls (COP3 1997) verabschiedet wurde. Die neue Klimaschutz-Vereinbarung besagte, dass die Begrenzung der globalen Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius, möglichst 1,5 Grad, im Vergleich zum vorindustriellen Niveau gesenkt werden sollte.

Nach Paris geschah zu wenig

Die Gipfel danach verliefen allesamt mehr oder weniger enttäuschend. Denn seit Paris 2015 ist viel zu wenig geschehen. Der Planet steuert unter den bestehenden Bedingungen auf eine Erderwärmung von 2,5 bis 2,7 Grad zu, wie ein aktueller Bericht des UN-Umweltprogramms (UNEP) zeigt. Wenn sich die Staaten nicht auf ein Energiepaket einigen, demzufolge die Kapazität der erneuerbaren Energien bis 2030 verdreifacht und die Energieeffizienz doppelt so schnell verbessert werden soll. Außerdem will der COP28-Präsident Sultan Ahmed Al Jaber die Öl- und Gaskonzerne die Methanemissionen im gleichen Zeitraum um drei Viertel senken lassen. Al Jaber ist übrigens nicht nur Minister für Industrie und Fortschrittstechnologien des Gastgeberlandes, der Vereinigten Arabischen Emirate, sondern auch CEO der staatlichen Ölgesellschaft Abu Dhabi National Oil Company, des zweitgrößten Ölkonzerns weltweit. Wird mit der Wahl des Veranstaltungsortes und des Vorsitzes nicht der Bock zum Gärtner gemacht – oder ist es ein genialer Schachzug?

Sultan Ahmed Al-Jaber, Gastgeber des Weltklimagipfels COP28 
Sultan Ahmed Al-Jaber, Gastgeber des Weltklimagipfels COP28  Foto: AFP

„Die Ausrichtung der COP ist nicht sehr beliebt“, sagt Birgit Engel. „Die Bewerber stehen nicht unbedingt Schlange.“ Der bisher letzter Weltklimagipfel, zu dem die Koordinatorin der „Action Solidarité Tiers-Monde“ (ASTM) und des Klimabündnisses hingefahren ist, war der in Glasgow 2021. Jene Konferenz wurde nach Meinung vieler Kritiker eine „Greenwashing“-Veranstaltung mit leeren Versprechungen. Wie im vergangenen Jahr, als die COP27 im ägyptischen Scharm El-Scheich stattfand, hat die ASTM aufgrund des „problematischen Veranstaltungsortes beschlossen, nur online teilzunehmen. Mit von der Partie sind Dietmar Mirkes und Cédric Reichel, ebenso von der ASTM. „Wir haben vier Partnerorganisationen aus Indien (zwei), Pakistan und den Philippinen aufgenommen, die vor Ort in Dubai sein werden. Außerdem findet am 10. Dezember unser Side Event gemeinsam mit IBON International von den Philippinen unter dem Titel The Road to a Peoples‘ Loss and Damage Fund statt.“

Anteil erneuerbarer Energien erhöhen

Erwartet wird von dem Gipfel, dass sich die Teilnehmerstaaten auf ein sogenanntes Energiepaket einigen, nach dem die Kapazität der erneuerbaren Energien erhöht wird und die Energieeffizienz doppelt so schnell verbessert werden soll. Zurzeit lautet das Ziel der Europäischen Union, die CO2-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent zu senken. Zu wenig, meinen Klimaschützer. „Die Zivilgesellschaft fordert mindestens 65 Prozent“, sagt Birgit Engel. Das Climate Action Network Europe geht gar von minus 76 Prozent Nettoemissionen gegenüber 1990 aus. Darüber hinaus will der COP28-Vorsitzende Al Jaber die Öl- und Gaskonzerne davon überzeugen, ihre Methanemissionen im selben Zeitraum um drei Viertel zu senken. Zumindest haben Chinas Präsident Xi Jinping und US-Präsident Biden sich bei ihrem kürzlichen Treffen dazu bekannt.

Eine Frau kommt am 29. November 2023 am Veranstaltungsort des COP28-Klimagipfels der Vereinten Nationen in Dubai an.
Eine Frau kommt am 29. November 2023 am Veranstaltungsort des COP28-Klimagipfels der Vereinten Nationen in Dubai an. AFP

In Dubai wird sich nicht zuletzt vieles ums Geld drehen: Die Industriestaaten hatten 2009 zugesagt, den Entwicklungsländern von 2020 bis 2024 mit jährlich 100 Milliarden US-Dollar mit einem „Loss and Damage Fund“ für klimabedingte Verluste und Schäden wie etwa bei einer Naturkatastrophe zu helfen. Nachdem im Jahr 2021 nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 89,6 Milliarden Dollar zusammenkamen, wurde das Ziel 2022 erreicht. In Dubai müsste auch geklärt werden, was mit dem 100-Milliarden-Dollar-Fonds ab 2025 geschehen soll. Nach wie vor besteht eine Kluft zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. In diese Bresche könnten eventuell die Emirate springen, wenn der gastgebende Sultan es mit seinen Ambitionen ernst meint. Wenn nicht, droht die COP28 wie ihre Vorgängerveranstaltung zu enden wie das Hornberger Schießen: Viel Getöse zu Beginn, und am Ende kommt nichts dabei heraus. „The time to act is now“, hieß es oftmals, auch 2022. Dieses Jahr wird ein Rekord von 70.000 Besuchern erwartet, doch der Horizont der zu erwartenden Ergebnisse wird immer kleiner. Dabei liegt es nicht an den kleinen Staaten: Die 20 größten sind für vier Fünftel der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Es liegt also an ihnen, die Verantwortung zu übernehmen. 

Schmerzhafte Veränderungen

Doch die Bremser stehen längst bereit. Bei der letzten COP in Ägypten waren sage und schreibe 600 Lobbyisten für fossile Unternehmen registriert. Die Zivilgesellschaft fordert ihren Ausschluss. Nicht nur für viele Vertreter von Umweltverbänden ist die Anwesenheit der fossilen Lobbyisten ein Unding. Andererseits heißt es von der Gegenseite, dass nur mit und nicht gegen die fossilen Unternehmen ein Wandel durchsetzbar sei. Der Wanderzirkus COP wird zunehmend unübersichtlich. Zahlreiche Verhandlungsstränge verlaufen gleichzeitig. Nicht zuletzt erfolgt die Umsetzung der Beschlüsse in zäher Manier. Zu langsam, moniert der Weltklimarat (IPCC) regelmäßig. Bei der COP28 gehe es um „konkrete schmerzhafte Veränderungen nach den bisherigen Beschlüssen“, schrieb kürzlich die taz. Der Kreis der Geldgeber für Klimahilfen müsste auf die fossilen Industrien und die reichen Staaten des Globalen Südens ausgeweitet werden.“

Dubai im Vorfeld des UN-Klimagipfels COP28-
Dubai im Vorfeld des UN-Klimagipfels COP28- Foto: AFP

Und was hat der neue luxemburgische Umweltminister Serge Wilmes (CSV) im Gepäck, wenn er seinen Einstand bei der COP28 gibt? Der frühere hauptstädtische Schöffe ist bislang u.a. mit grünen Themen auf kommunaler Ebene aufgefallen. Laut Koalitionsabkommen ist die Klimakrise zwar „eine Herausforderung ohnegleichen“. Die Verantwortung und der besonders große Fußabdruck Luxemburgs bleiben jedoch unerwähnt, monierte Raymond Klein in der woxx kürzlich. Und Birgit Engel fragt, ob die Regierung ihre Verantwortung für die Klimapolitik wahrnehme, die sich aus den wirtschaftlichen Aktivitäten der hierzulande ansässigen Unternehmen ergebe, und ob das Land die Möglichkeiten auf gesetzgeberischer, finanzieller und wirtschaftlicher Ebene nutzt, um klimafreundliche nationale und globale Entscheidungen treffen zu können. Unter bisher grüner Ressortverantwortlichkeit hat Luxemburg seinen gerechten Anteil zum 100-Milliarden-Ziel beigetragen, dieses Ziel sei jedoch weder sozial gerecht noch klimaverträglich, so Birgit Engel, da es nur einen Bruchteil der notwendigen Mittel umfasst. Wenn es darum gehe, Verantwortung zu übernehmen, „hält sich Luxemburg gerne bedeckt“. Dieses Verhalten sei zu einer politischen Taktik geworden.

Frau Müller-Lüdenscheid
3. Dezember 2023 - 17.02

Lasst Sie nur debattieren,
der Diesel wird’s überleben!

Hermann
30. November 2023 - 15.53

@ Nomi
Wie gesagt, "sie gönnen sich ja sonst nichts". ;-)

Nomi
30. November 2023 - 14.39

@ Hermann : Mee di Teilnehmer fuhren dohinner ob Stei'erzuehler Kaeschten.
Dann kann een och ee Resultat erwarden !!

Hermann
29. November 2023 - 15.43

Egal ob dabei etwas Vernünftiges entschieden wird oder nicht. Dubai ist eine Superstadt und immer eine Reise wert. Und die Teilnehmer gönnen sich ja sonst nichts.

Nomi
29. November 2023 - 11.21

Mir kennen eis dei' Meetingen spuren, wann Naischt dobei' raus kennt !

Romain
29. November 2023 - 10.56

Dubai! Eine Wüstenstadt wo eine Eispiste betrieben wird. Einen besseren Standort konnte nicht gewählt werden. Klimaanlage laufen auf hochturen