EditorialEin Marathon der Hilfsbereitschaft

Editorial / Ein Marathon der Hilfsbereitschaft

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„Was nun in der Ukraine droht, könnte, sollte es zum Äußersten kommen, alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen.“ Das sagte der gebürtige Escher und damals in der Ukraine lebende Daniel M. Porcedda am 24. Februar 2022, als das Tageblatt mit ihm kurz nach dem Beginn des russischen Überfalls auf seine Wahlheimat telefonierte.

Porcedda und zahlreiche Ukrainer fanden seitdem in Luxemburg und anderen europäischen Ländern Zuflucht, Sicherheit – und eine unglaubliche Unterstützung. Vor allem aus der Zivilbevölkerung. Privatpersonen organisierten sich rasend schnell, stellten Unterkunft, Kleider, ihre Freizeit zur Verfügung, um den hier ankommenden Flüchtlingen zu helfen. Während die Bürokratie oft – trotz des guten Willens der verantwortlichen Personen – schlicht überfordert war und für die Betroffenen zahlreiche Hürden bereithielt (die auch längst nicht alle beseitigt sind), wussten Nichtregierungsorganisationen schneller und geordneter zu helfen.

Im ersten Jahr nach dem Krieg hat Luxemburg mehr als 5.000 Menschen aus der Ukraine aufgenommen, die einen Antrag auf temporären Schutz stellten. Nach einem Jahr hielten sich hierzulande noch etwa 3.700 Ukrainer auf.

Zwei Jahre später tobt der Krieg immer noch – und ein baldiges Ende ist nicht in Sicht. Trotzdem ist die Hilfsbereitschaft nicht abgeflaut. Das berichten die Ukrainer, mit denen das Tageblatt am Samstag zum Jahrestag des Kriegsausbruchs gesprochen hat. Obwohl sie in Luxemburg vor den Grausamkeiten der in ihrer Heimat wütenden Kampfhandlungen in Sicherheit sind, begegnen sie immer wieder zahlreichen Herausforderungen, die zu bewältigen sind. Dazu zählen die Verständigungsschwierigkeiten, der komplizierte Wohnungsmarkt und zahlreiche Behördengänge. Ohne die Luxemburger und Luxemburgerinnen, die sich weiterhin für sie einsetzen, wäre ihre Lage noch deutlich komplizierter. Die Situation zeigt, wie wichtig Solidarität und soziales Engagement sein können.

Die Kämpfe in ihrer Heimat können die betroffenen Ukrainer nicht vergessen. Doch für jene, die keine direkte Bindung zu dem Land oder den Geflüchteten haben, droht der Krieg langsam, aber sicher in dem grausigen Tosen von fast alltäglich gewordenen Konflikten unterzugehen. Das kann zu Gleichgültigkeit führen – und zu einem Abflauen der so benötigten Hilfsbereitschaft. Dass dies bisher noch nicht der Fall ist, zeichnet diejenigen aus, die sich für die Ukrainer engagieren. Doch je länger der Konflikt dauert, desto wichtiger ist es, dass ihre Ausdauer anhält.

Auf politischer Ebene macht sich bereits bemerkbar, dass die Hilfe für die Ukraine nicht mehr in Stein gemeißelt ist. In den USA wurde ein Milliardenhilfspaket für das Land zum Spielball zwischen Republikanern und Demokraten. Der ungarische Ministerpräsident Orban hatte beim EU-Gipfel im Dezember 2023 gedroht, neue Finanzhilfen für die Ukraine zu blockieren. Mehr als ein Monat musste danach weiterverhandelt werden. In vielen europäischen Ländern versuchen rechtsextreme und populistische Gruppen, mit den in ihren Augen „zu vielen“ Ukraine-Hilfen Stimmung gegen demokratisch gewählte Regierungen zu machen. Falschinformationen und gezielte Desinformationskampagnen von russischen Trollen tragen zudem bei, die Stimmung in der Bevölkerung zu kippen.

Das darf nicht passieren. Und dafür sorgen insbesondere jene Bürger und Bürgerinnen, die sich auch zwei Jahre später unbeirrt für die Ukrainer einsetzen.