Die personelle Stärke entsprach dem Ernst der Lage. Mit dem Großaufgebot von zwei Ministerinnen und zwei Ministern, einer Bürgermeisterin, dem Generalstaatsanwalt und dem Generaldirektor der Polizei wurde kürzlich der „Drogendësch 2.0“ vorgestellt. Innenminister Léon Gloden wies darauf hin, dass sich die Staatsmacht im Kampf gegen die Drogen den veränderten Gegebenheiten anpassen müsse. Die Polizei soll mehr Präsenz in den Brennpunktvierteln zeigen und schneller an den Orten des Geschehens sein. Die Maßnahmen reichen von mehr Repression und Überwachung bis hin zum „Kaffi mat der Police“.
Die konzertierte Aktion von Innen-, Justiz-, Familien- und Gesundheitsministerium ist eine Reaktion auf eine Entwicklung, die viele europäische Länder betrifft. Europa wird mit Drogen überschwemmt – vor allem mit Kokain aus Südamerika. Nicht nur in den großen Häfen wie Antwerpen und Hamburg gingen den Fahndern gigantische Lieferungen ins Netz, sondern auch am Flughafen Findel und auf einem Bauernhof im Norden des Landes. Eine Aufrüstung mit Personal und Material tut not und ist ebenso richtig wie die enge Kooperation auf regionaler und internationaler Ebene, schließlich befindet sich der global organisierte Rauschgifthandel längst in den Händen international agierender Kartelle. Die Funde am Findel und im Ösling waren Lieferungen aus Brasilien respektive Kolumbien – Luxemburg fungiert vor allem als Transitland.
Nicht weniger wichtig ist es, die bisherige Philosophie der Drogenpolitik zu überdenken. Der von dem damaligen US-Präsidenten Richard Nixon 1972 ausgerufene „War on drugs“ ist gescheitert. Washington hat das Geschäft mit den Drogen militärisch zu besiegen versucht – und damit vor allem die Gewalt verschärft. Unterdessen ist in Südamerika die Koka-Anbaufläche weiter gewachsen, in Asien finanzierten sich etwa die afghanischen Taliban mithilfe des Opiumanbaus. In den von Drogenkriegen gebeutelten Ländern wie Mexiko ist die Grenze zwischen „Gut“ und „Böse“ nicht mehr zu ziehen, Polizisten und Militärs begehen Menschenrechtsverletzungen und stehen nicht selten auf den Gehaltslisten der Kartelle.
Ein Rückgang des Drogenkonsums in Europa oder Nordamerika wurde nicht verzeichnet. Stattdessen wurde in einigen US-Bundesstaaten oder Ländern wie Uruguay Cannabis legalisiert. Mit der Zeit hat sich auch in Europa – zumindest vorübergehend – die Liberalisierung der Drogenpolitik durchgesetzt. Portugal gilt in dieser Hinsicht als Vorbild. Dort wurde der Besitz aller Drogen für den persönlichen Gebrauch entkriminalisiert und hilft der Staat etwa bei Tests zur Reinheit der Drogen. Die Zahl der Drogentoten sank deutlich. Einen nicht ganz so radikalen Weg gingen die Niederlande in den 80er- und 90er-Jahren und reduzierten damit die drogenbedingte Kriminalität. Andere Staaten folgten unlängst auf halbem Wege: In Luxemburg wurde 2023 ein Gesetz verabschiedet, das den Konsum und Eigenanbau erlaubt und die Strafen für den Besitz reduziert. In Deutschland trat das Cannabisgesetz, das den Besitz und den Anbau von Cannabis unter bestimmten Vorgaben erlaubt, in Kraft. Weder hier noch da hatte dies einen nennenswerten Einfluss auf das Konsumverhalten.
Mittlerweile sind sowohl die europäischen als auch andere Länder von einem viel größeren Problem überrollt worden: einer Kokainschwemme. In den besonders betroffenen Städten der Niederlande, aber auch in Belgien, Deutschland und Frankreich hat die drogenbedingte Bandenkriminalität zugenommen. In die Schlagzeilen gerieten Schießereien auf offener Straße, Angriffe auf Gefängnisse oder Sprengstoffanschläge. Es gibt Widersprüche in der Drogenpolitik, das lässt sich nicht mehr leugnen. In diesem Sinne sind Maßnahmen wie die vom „Drogendësch 2.0“ nicht mehr als eine Behandlung der Symptome einer Krankheit, ohne dass an den komplexen Ursachen und Wurzeln angesetzt wird.
De Maart

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