LuxemburgDie Vereinigung Alaec stellt Kinder mit Herzerkrankungen in den Mittelpunkt

Luxemburg / Die Vereinigung Alaec stellt Kinder mit Herzerkrankungen in den Mittelpunkt
Die sozial-medizinische Koordinatorin Olga Cardoso und Alaec-Präsident Michel Colin Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Es ist ein Szenario, das sich niemand wünscht: Wenn bei einem ungeborenen oder neugeborenen Kind eine Herzerkrankung entdeckt wird, stehen die Eltern neben einem emotionalen Ausnahmezustand auch vor einem Berg an Fragen. Genau hier setzt die „Association luxembourgeoise d’aide aux enfants cardiaques“ (Alaec) seit 20 Jahren an.

Michel Colin, Präsident der Vereinigung, ist selbst Vater eines Jungen, der 1997 mit einem Herzfehler auf die Welt kam. Zu dieser Zeit gab es die heutige moderne Ultraschalltechnik noch nicht und so wurde das Leiden erst bei der Geburt entdeckt. „Damals hatten wir viel weniger Informationen dazu und konnten auch nicht auf das Internet zurückgreifen“, erinnert sich Michel Colin. „Wir waren verloren und wussten nicht, was mit unserem Kind passieren wird.“ Sein Sohn musste mit dem Hubschrauber nach Paris geflogen werden, wo er von Spezialisten notoperiert wurde. Danach musste das Baby für sechs Wochen im Pariser Krankenhaus bleiben. Was ihm und seiner Frau am meisten geholfen habe, sei die Unterstützung eines Arbeitskollegen gewesen, der ein paar Monate vorher etwas Ähnliches durchmachen musste. „Seine Worte haben uns mehr beruhigt als alle Aussagen der Ärzte“, sagt der Familienvater. Der Arbeitskollege habe ihm eine Liste von Hotels in der Nähe des Krankenhauses gegeben und sich darum gekümmert, dass die Formulare für die Krankenkasse bei Colin ankamen: „So hatte ich den Kopf frei, um für meinen Sohn da zu sein.“

Es seien solche Momente gewesen, die dazu geführt hätten, mehr zu tun. Aus ein paar Familien, die sich zu einer Selbsthilfegruppe zusammengefunden hatten, entwickelte sich schließlich eine Vereinigung. Hauptziel damals wie heute ist es, Kontakte zu pflegen, die nötigen Hilfestellungen zu geben oder Veranstaltungen zu organisieren, bei denen sich die betroffenen Familien austauschen können. „Es ist wichtig, mit anderen Menschen ohne Filter sprechen zu können“, sagt Colin.

Mangel an Kinderkardiologen

Nicht in allen Fällen ist ein operativer Eingriff nötig, doch bei vielen Kindern müssen regelmäßig Kontrollen durchgeführt werden. Diese finden meistens in einem Klinikum im Ausland statt und können sich über mehrere Tage ziehen. Dabei stehe den Eltern im Prinzip kein Urlaub zur Verfügung, sagt Michel Colin. Das sei ein großes Problem. Oft müsse sogar ein Elternteil beruflich kürzertreten, da manche Kinder nicht in eine Kindertagesstätte gehen dürfen.

Ein weiteres Problem, so Michel Colin, sei der Mangel an Kinderkardiologen in Luxemburg. Die Diagnose eines schwerwiegenden Herzfehlers während der Schwangerschaft bedeute deshalb oft, dass die Geburt im Ausland stattfinden muss. Bei diesem großen organisatorischen Aufwand steht Olga Cardoso, sozial-medizinische Koordinatorin bei der Alaec, den werdenden Eltern behilflich zur Seite. „Auch wenn die Eltern ganz organisiert und nüchtern dorthin gehen, sind diese Wochen oder Monate hart für sie“, sagt sie. „Ihr Kind liegt auf der Intensivstation und sie können es nicht auf den Arm nehmen.“ Eltern können sich mit allen Fragen an sie wenden. Die Vereinigung hat nicht nur ein offenes Ohr, sondern hilft ihren Mitgliedern auch finanziell bei Arztrechnungen oder Reisekosten.

Kontakt

Homepage: www.alaec.lu
E-Mail: info@alaec.lu
Die luxemburgische Vereinigung zur Unterstützung herzkranker Kinder ist seit Januar 2022 als gemeinnützig anerkannt.

Michel Colin und Olga Cardoso machen im Gespräch auf einen weiteren Aspekt aufmerksam. Da die meisten Neugeborenen mit einer Herzerkrankung vor 30 oder 40 Jahren nicht überlebt hätten, gebe es heute nicht viele Erwachsene mit einem angeborenen Herzfehler. Vieles sei auf diesem Gebiet noch nicht erforscht, nur langsam würden erste Studien dazu erscheinen, sagt Olga Cardoso.

Zur Situation in Luxemburg

Jährlich kommen in Luxemburg zwischen 50 und 60 Babys mit einem angeborenen Herzfehler zur Welt, das sind 0,8 Prozent aller Neugeborenen. Die Diagnose wird in den ersten Stunden oder Tagen nach der Geburt erstellt. Diagnostiziert wird dies durch ein Herzgeräusch oder eine Zyanose (bläuliche Verfärbung der Haut). Aber auch während der Schwangerschaft kann durch eine Ultraschalluntersuchung eine Anomalie festgestellt werden. Zu den häufigsten Herzfehlern zählen die interventrikulären Septumdefekte (zwischen den Herzkammern) und die interaurikulären Septumdefekte (zwischen den Herzhöfen), d.h. es befindet sich ein Loch in der jeweiligen Herzscheidewand. Ungefähr ein Drittel benötigt eine Operation oder einen kardiologischen Eingriff. Diese werden in Universitätszentren im Ausland (Frankreich, Belgien, Deutschland) vorgenommen. Erst in den letzten 30 Jahren wurde ein Großteil der komplizierten Operationen am offenen Herzen bei Neugeborenen und Kleinkindern entwickelt.