Donnerstag23. Oktober 2025

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EU-Gipfeltreffen in BrüsselDie 27 wollen den Druck auf Russland aufrechterhalten

EU-Gipfeltreffen in Brüssel / Die 27 wollen den Druck auf Russland aufrechterhalten
EU-Ratspräsident Antonio Costa (l.) und die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen werden mit den 27 EU-Staats- und Regierungschefs unter anderem über die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft diskutieren Foto: Ida Marie Odgaard/Ritzau Scanpix/AFP

Wenn die 27 EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag zu ihrem Gipfeltreffen in Brüssel zusammenkommen, wird es neben der Ukraine und Verteidigung auch um die Frage gehen, wie die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Staaten verbessert werden kann, und erstmals auch um die Wohnungskrise, von der nicht wenige EU-Staaten betroffen sind.

Die Europäer haben kaum Einfluss auf die Ukraine-Politik des US-Präsidenten. Sie versuchen daher stets das Beste aus den vielen Wendungen zu machen, die Donald Trump in Bezug auf den Krieg in der Ukraine und seinen Bemühungen um eine Friedenslösung hinlegt. Daher befürworteten diese Woche eine Reihe von ihnen Trumps Vorschlag, den derzeitigen Frontverlauf als Ausgangspunkt für Gespräche zwischen Kiew und Moskau festzulegen – mit dem wichtigen Hinweis allerdings, dass internationale Grenzen nicht mit Gewalt verändert werden können. Ansonsten werden die EU-Staaten weiter ihren Weg gehen und die Ukraine nach wie vor in ihrem Abwehrkampf gegen die russischen Invasionstruppen unterstützen und gleichzeitig den Druck auf Russland aufrechterhalten und ausweiten.

Dazu wird zu Beginn der Gespräche der 27 in Brüssel der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj persönlich am Gipfel teilnehmen. Eingehender werden sich die EU-Chefs in diesem Zusammenhang mit den von der EU-Kommission vorgeschlagenen sogenannten „Reparationsdarlehen“ in Höhe von 140 Milliarden Euro befassen, die über die Zinserträge der in der EU eingefrorenen russischen Staatsguthaben finanziert werden sollen. Hier müssten allerdings noch eine Reihe schwieriger Fragen, vor allem juristischer Natur, geklärt werden, um sicherzugehen, ob das Vorgehen der EU im Falle einer Klage Russlands vor internationalen Gerichten Bestand hat. Doch es gilt ebenfalls abzuwägen, inwieweit die Eurozone als Ganzes Schaden erleiden könnte, wenn international der Eindruck entsteht, dass die EU als Finanzstandort nicht mehr die gebotene Verlässlichkeit bietet.

Zu den entsprechenden Diskussionen sind daher ebenfalls die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, sowie der Vorsitzende der Eurogruppe Paschal Donohoe eingeladen, wie der luxemburgische Außenminister Xavier Bettel am Montag am Rande der Ratstagung seiner Amtskollegen erklärte. Der dabei zudem die Frage der Solidarität mit Belgien aufwarf, das mit Euroclear die Zentralverwahrstelle der russischen Vermögenswerte beheimatet. Daher ist die Regierung in Brüssel extrem zurückhaltend, was die Pläne zu den Reparationskrediten anbelangt. Denn würden die russischen Gelder nach einer Friedenslösung dennoch der Ukraine bereitgestellt werden, da sich Moskau weigern würde, Reparationen für die im Nachbarland angerichteten Kriegsschäden zu zahlen, könnte Russland Klage gegen Belgien erheben und sein Geld zurückfordern. Der luxemburgische Außenminister meint, dass die EU-Staaten in diesem Fall Belgien nicht allein lassen dürften. Die EU-Kommission beim Gipfel dürfte aufgefordert werden, einen Vorschlag zur Verwendung der russischen Gelder auszuarbeiten, der alle diese Aspekte berücksichtigt.

Sanktionen

Bereits vor dem Gipfeltreffen kam es zu einer politischen Einigung über das mittlerweile 19. Sanktionspaket gegen Russland. Offenbar wurden die Bedenken der Slowakei hinsichtlich der Verfügbarkeit erschwinglicher Energie aus dem Weg geräumt. Die Slowakei bezieht noch einen erheblichen Teil seines Gasbedarfs aus Russland. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hatte am Montag in Luxemburg gesagt, dass einige EU-Außenminister bereits ein weiteres Sanktionspaket gegen Moskau fordern.

Die Sanktionsvorschläge der EU-Kommission gegen Israel werden kaum Gegenstand der Diskussionen sein, auch wenn diese, so wie Luxemburg es befürwortet, „weiter auf dem Tisch bleiben“, wie die EU-Außenbeauftragte am Montag bestätigte. Die 27 würden sich eher mit der Frage beschäftigen, welche Rolle sie im Nahost-Prozess des Wiederaufbaus und der Governance einnehmen würden, wenn sie nicht allein auf die Rolle des Zahlmeisters reduziert werden wollten, hieß es weiter aus Brüsseler Diplomatenkreisen. In der Gipfelschlusserklärung dürfte aber eine starke Aussage zur Zweistaatenlösung zu finden sein.

Wettbewerbsfähigkeit

Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft dürfte ein weiteres bedeutendes Thema sein, zumal gleich 19 EU-Staats- und Regierungschefs, darunter auch Luxemburgs Premier Luc Frieden, in einem Schreiben an den EU-Ratspräsidenten Antonio Costa eine Vereinfachung der EU-Gesetzgebung fordern. Dabei soll gleich der gesamte Bestand an EU-Gesetzen überprüft werden. Das Regelwerk soll verschlankt, überholte Gesetze ausgemustert werden. Und bei neuen Gesetzen sollte Zurückhaltung geübt werden. Alles im Hinblick auf eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit.

Die für die EU-Kommissionspräsidentin, neben der Dekarbonisierung, im Mittelpunkt der Ratstagung stehen werde, wie Ursula von der Leyen am Mittwoch während einer Debatte im EU-Parlament erklärte. Dabei hob die Kommissionschefin in ihrer Rede vor allem den Boom auf den Märkten für saubere Technologien hervor und empfahl den EU-Staaten, sich darauf zu konzentrieren und sich nicht von China abhängen zu lassen. In Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit wies die EU-Kommissarin darauf hin, dass insbesondere in EU-Ländern mit einem hohen Anteil an erneuerbarer Energie die Energiepreise am niedrigsten seien. 


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