Neue StrategieDer Kreislauf als Motor der Wirtschaft – Abfälle sind Rohstoffe

Neue Strategie / Der Kreislauf als Motor der Wirtschaft – Abfälle sind Rohstoffe
Die Regierung will auf die Kreislaufwirtschaft setzen – eine Notwendigkeit angesichts der begrenzten Ressourcen in Luxemburg Foto: Editpress/Julien Garroy

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Die Regierung will verstärkt auf die Kreislaufwirtschaft setzen. Sie sieht dieses Modell als Lösung für unterschiedliche Herausforderungen, vor denen das Land steht. Gleich drei Minister haben am Montag, mittels einer Pressekonferenz, die neue Strategie vorgestellt.

Das Wirtschaftsministerium setzt bereits seit 2014 auf das Modell der Kreislaufwirtschaft, so Wirtschaftsminister Franz Fayot am Montag vor Journalisten. Es gehe darum, das Konzept von „Abfall“ abzuschaffen, sagt er. Abfälle seien Rohstoffe, die es gelte, möglichst ohne Wertverlust, so oft wie möglich wiederzuverwenden. Gerade für ein Land wie Luxemburg, das nur sehr begrenzt über eigene Rohstoffe verfügt, biete die Kreislaufwirtschaft „großes Potenzial“, so der Minister.

Das aktuell bestehende Wirtschaftsmodell wird auch als „Wegwerfgesellschaft“ definiert. Alles funktioniert „linear“: Ressourcen werden abgebaut und genutzt, um Waren herzustellen. Nach der Nutzung werden die Waren dann entsorgt. Im Konzept der Kreislaufwirtschaft hingegen wird gleich von Anfang an (bereits bei der konzeptuellen Erstellung der Güter), an eine Wiederverwendung der benutzen Materialien gedacht. Abfall soll keiner entstehen. Selbst Recycling ist nur letzte Wahl.

Es handle sich dabei nicht um einen separaten neuen Wirtschaftssektor, sondern um ein Modell, das alle Sektoren verändern werde, so der Wirtschaftsminister. Es brauche ganz neue Geschäftsmodelle. Doch die Anstrengungen bieten Möglichkeiten, um neue Märkte zu erschließen. Der Aufbau neuer Kompetenzen komme einerseits der nationalen Wirtschaft zugute, könne andererseits aber auch exportiert werden. Immerhin hat sich letztes Jahr auch die EU-Kommission einen Aktionsplan auferlegt, um den Übergang von einer Linearwirtschaft zu einer Kreislaufwirtschaft zu fördern. Dieser Aktionsplan ist einer der wichtigsten Bausteine des europäischen „Green Deal“ und Teil der neuen EU-Industriestrategie. Er beinhaltet Elemente wie etwa das „Recht auf Reparatur“.

Einige Unternehmen würden das Prinzip bereits heute leben, so Franz Fayot weiter. Er erwähnt Astron Buildings, eine Firma, die auf- und abbaubare Industriehallen baut, sowie Peinture Robin, wo Farben aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. Auch in mehrere Projekte wurden die Kreislaufwirtschaft-Ideen integriert. So ist der Luxemburger Pavillon für die Weltausstellung in Dubai zum Teil wieder abbaubar – und beim Automobil-Campus in Bissen entsteht ein Parkhaus, das später einmal wieder abgebaut werden kann, als ob es aus Lego wäre.

„Wir müssen den Kreis schließen“

„In den letzten Jahren ist bereits viel passiert“, so Fayot. Vor fünf Jahren wurde die Kreislaufwirtschaft noch belächelt – das sei heute anders. Doch die Unternehmen brauchen Rahmenbedingungen. „Daher ist es wichtig, eine Strategie zu haben.“

Umweltministerin Carole Dieschbourg ist ebenfalls überzeugt vom Modell der Kreislaufwirtschaft. Es sei klar, dass ein Land mit wenig natürlichen Ressourcen „ein Interesse daran hat, in diesem Bereich ein Vorreiter zu sein“, unterstreicht sie. Doch neben den wirtschaftlichen Argumenten sei gleichzeitig auch klar, „dass wir unsere Klimaziele mit einer linearen Produktion nicht erreichen können.“ Die Klimaziele seien nur mit Kreislaufwirtschaft zu erreichen. „Wir brauchen den Paradigmenwechsel. Wir müssen unsere Rohstoffe, die Natur, das Land, das Wasser und die Erde schützen. Wir müssen den Kreis schließen.“

Auch Energieminister Claude Turmes (ebenfalls „déi gréng“) schloss sich diesen Aussagen an: „Künftig muss anders geplant, produziert und verbraucht werden“, unterstreicht er. Mit der neuen Strategie, die die Regierung sich gegeben hat, werde dies nun „systematischer und koordinierter“ passieren. Mit an einem Strang ziehe auch das Finanzministerium, erläuterten die drei Minister. Dieser Sektor könne neue Finanzierungsmodelle, etwa für das Leasing von abbaubaren Gebäuden, entwickeln. Auch werde man alle Behörden, die mit staatlichen Bauprojekten zu tun haben, von Agora bis zum „Fonds du logement“, an einen Tisch bringen, so Turmes.

Die Strategie selbst basiere auf drei Standbeinen, so der Energieminister weiter. Erstens gehe es um die Anpassung von Gesetzen, Regelungen und Standards. Dass ein Gebäude abgebaut (im Gegensatz zu abgerissen) werden kann, erfordere beispielsweise von Anfang an eine andere Planung. Es darf weniger „zusammengeklebt“ und muss mehr „zusammengeschraubt” werden. Zudem braucht es Daten zu den benutzten Materialien. Hier habe die Regierung mitzureden, so Turmes. Des Weiteren spielen öffentliche Ausschreibungen eine wichtige Rolle bei der Förderung des neuen Systems. Auch beim Aufbau von neuen Gewerbezonen sollen die Prinzipien in den Einsatz kommen – etwa ein Parkhaus für alle.

Eine Vorreiterrolle in Europa

Zweitens brauche es Hilfen, auch finanzieller Art. Und die sind verfügbar, so Turmes, etwa als Teil der Corona-Hilfen. Auch für Gemeinden gebe es finanzielle Unterstützung. Luxemburg sei das einzige Land in Europa, wo es Hilfen für derartige Initiativen gebe, fügte Wirtschaftsminister Franz Fayot hinzu. Beispielsweise übernehme der Staat (mit Luxinnovation) bis zu 50 Prozent der betreffenden Beratungskosten.

Als drittes Standbein will die Regierung auf Wissensmanagement setzen. Für Ingenieure und Handwerker gebe es spezielle Angebote der Aus- und Weiterbildung. Die öffentliche Forschung soll Prozesse zum Digitalisieren und Verwalten der Daten unterstützen. Luxemburg solle zu einer Drehscheibe für Daten werden, so Fayot.

Im Visier hat die neue Strategie derweil nicht nur das Großherzogtum. Einerseits könne man mit Unternehmen aus der Großregion zusammenarbeiten, um die Wertschöpfungskette zu ergänzen, so Turmes. Immerhin gebe es hierzulande zwar viele der notwendigen, aber nicht alle Kompetenzen. Das gelte es zu ergänzen. Auch will Luxemburg eine Vorreiterrolle in Europa spielen und „so neue Akteure ins Land ziehen“.

Innerhalb der fünf Gesetzesprojekte, die nun unterwegs sind, habe man sich pro Bereich feste Ziele gegeben, so Carole Dieschbourg auf Nachfrage. Das sei in den einzelnen Gesetzesprojekten enthalten. Ab 2025 werde es beispielsweise Pflicht, Daten über Baumaterialien von neuen Gebäuden anzugeben. Auch wolle man ein gemeinsames Pfandsystem in den Benelux-Ländern anstreben. Um über die Details zu kommunizieren, sollen alle Informationen, ab Sommer, über eine einheitliche Webseite zugänglich sein.

U.N. Glaubwürdig
9. Februar 2021 - 15.37

Was denn nun, meinen Diesel wollte eigentlich noch 10Jahre fahren, und den würden die beiden Klugen gerne verschrotten und mir einen Tesla aufdrehen. ? Jetzt kommen sie mir nicht mit einem Fahrrad.

DanV
9. Februar 2021 - 10.46

@ Mensch "Schritt 1 dazu wäre die weltweite Abschaffung der Zinsen" Wieso sollte eine Bank ihr Geld verleihen, wenn sie nichts daran verdienen kann und sogar Unkosten hat, z.B. fürs Personal der Kreditabteilung?

Nomi
9. Februar 2021 - 10.31

Die Methoden dei' hei applizei'ert ginn, (vun uewen roof diktei'eren) funktionei'eren beim Bierger net ! Mat deenen Methoden kommen mer net virun ! An den Scho'ulen een Programm entweckelen fir di zukuenfteg Bierger . Eis Kanner waerten et dann spei'der besser machen, an zwechenzeitlech erze'ien d'Kanner hir Elteren !

Mensch
9. Februar 2021 - 8.27

Die Kreislaufwirtschaft ist eigentlich das was früher existierte - vor Kapitalismus, Kommunismus, Demokratie und Grünen - und sicher eine gute Sache. Die Menschen (nicht die Herrscher) gingen früher respektvoll mit den ressourcen um und Verschwendung war ein Fremdwort. Kapitalismus, Kommunismus & Co brachten den Begriff "Produktion", es muss produziert werden, auch wenn es keinen Sinn macht. Die Menschen sollen schuften, immer mehr, immer schneller - und das Ganze zum Wohl von ein paar Bankerfamilien und Diktatoren. Hoffentlich wird die Neokreislaufwirtschaft eine grechtere Verteilung des Reichtums bringen zu welcher auch das Finanzwesen gehört das grundlegend reformiert werden müsste um Armut zu verhindern, Schritt 1 dazu wäre die weltweite Abschaffung der Zinsen.