InterviewNeuer Swift-Trainer Roland Vrabec: „Der Druck zu siegen passt gut zu mir“

Interview / Neuer Swift-Trainer Roland Vrabec: „Der Druck zu siegen passt gut zu mir“
Roland Vrabec hat nur ein Ziel: den Meistertitel mit Hesperingen holen Foto: Editpress/Gerry Schmit

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Roland Vrabec wurde am Dienstag als Nachfolger von Carlos Fangueiro beim Swift Hesperingen vorgestellt. Der 49-jährige Deutsche will nach Enttäuschungen in Esbjerg und Greifswald in Luxemburg wieder durchstarten. 

Tageblatt: Herr Vrabec, vor rund drei Jahren hatten Sie beim Progrès Niederkorn Ihren einzigen Trainerjob in Luxemburg. Wie ist es Ihnen seitdem ergangen?

Es war eine spannende Zeit. Bei Esbjerg fB habe ich zum ersten Mal ein Modell kennengelernt mit einem Sponsorenpool, dem auch andere Vereine in Europa gehören, wie zum Beispiel Barnsley, Nancy, Thun oder Ostende (Anm. d. Red.: die Pacific MediaGroup). In Greifswald habe ich meine ersten Erfahrungen in der deutschen Regionalliga gesammelt und gelernt, was man in dieser Liga machen kann und was nicht. Insgesamt war es das typische Leben eines Fußballnomaden. 

Warum kam es zweimal vorzeitig zur Trennung?

In Esbjerg lief es zunächst gut. Nach der Ära Peter Hyballa (Anm. d. Red: Der Deutsche wurde nach einem Spielerstreik entlassen) ging es für mich darum, die Mannschaft zu stabilisieren. Als wir das geschafft hatten, wurden die Ansprüche größer. Zu diesem Zeitpunkt hatten der Verein und die Investoren andere Ansichten über die Qualität der Mannschaft als ich. Es hat dann einfach nicht mehr gepasst und es ist dann auch in Ordnung, getrennte Wege zu gehen. Am Ende der Saison ist die Mannschaft abgestiegen, das sagt dann eigentlich alles aus über die Qualität. In Greifswald war das Projekt sehr interessant. Der Investor kam aus der Region und hat selbst Fußball gespielt. Nach kurzer Zeit habe ich jedoch auch dort gemerkt, dass es schwer werden würde, die gesteckten Ziele umzusetzen. Ich habe aber auch gemerkt, dass wenn man gewisse Ansprüche hat, es schwer ist, diese zurückzufahren und sich mit weniger zufriedenzugeben.

Was haben Sie die rund 17 Monate beim Progrès Niederkorn über den luxemburgischen Fußball gelernt?

In Luxemburg ist die Sichtbarkeit des Fußballs nicht so groß wie in anderen Ländern. Man muss sich darauf einstellen, dass alles eine Nummer kleiner ist. Aber ich kenne Luxemburg ja schon und deshalb bin ich auch nicht überrascht. Hesperingen ist sehr professionell aufgestellt und durch Flavio Becca hat der Verein ganz andere Möglichkeiten als jeder andere Verein in Luxemburg. 

Im Gegensatz zu Ihren anderen Trainerstationen sind Sie in Hesperingen zum Siegen verdammt. Ist das eine Situation, auf die Sie sich erst einmal einstellen müssen?

Das passt eigentlich ganz gut zu mir. Ich hasse es, zu verlieren. In Hesperingen habe ich die Voraussetzungen, um aus den meisten Spielen als Sieger hervorzugehen und den Anspruch und die Möglichkeit, Meister zu werden. Ein Ziel, das ich damals mit Niederkorn nicht erreicht habe. Interessant ist aber vor allem die Möglichkeit, international zu spielen und im Europapokal zu versuchen, so weit wie möglich zu kommen. Das ist für viele Trainer aus dem Ausland ein großer Anreiz – nicht nur für mich.

Das Hesperinger Umfeld ist als schwierig bekannt, hat das eine Rolle in Ihren Überlegungen gespielt?

Wer an Fußball in Luxemburg denkt, kommt an dem Namen Flavio Becca nicht vorbei. Entweder hat man Angst davor, dass er zu viel Einfluss hat, oder man stellt sich dieser Herausforderung. Wenn man Erfolg hat, dann kann der Verein ein Sprungbrett sein. Dino Toppmöller hat das ja in der Vergangenheit bewiesen. Wenn man erfolglos ist, dann ist es schlussendlich auch egal, wer der Sportdirektor oder der Chef ist.

Sie sind ohne Co-Trainer nach Luxemburg gekommen. Wie gehen Sie damit um, dass Sie noch keine Vertrauensperson im Betreuerstab haben?

Mit Ronny Bonvini habe ich einen Co-Trainer, der Französisch, Luxemburgisch und Italienisch spricht und mir sprachlich weiterhilft. Das macht auch für mich mehr Sinn als einen Co-Trainer mitzubringen, der sich hierzulande überhaupt nicht auskennt und keine Sprache spricht. Wir müssen uns aber jetzt mal alle kennenlernen und eine Beziehung aufbauen.

Ihre neue Mannschaft besteht aus 43 Spielern. Viele davon kommen nur in der zweiten Mannschaft zum Einsatz. Ist es überhaupt möglich, in der kurzen Zeit die Karten neu zu mischen?

Wenn ich sagen würde, dass jeder bei null anfängt, wäre das gelogen. Nicht jeder steckt in der gleichen Situation und hat den gleichen Wert. Wir müssen auf lange Sicht den Kader verkleinern, damit auch jeder das Gefühl hat, dass er eine echte Chance auf Einsätze hat. Es bringt uns nichts, wenn Spieler mit 70 Prozent trainieren, weil sie wissen, dass sie eh keine Chance haben.

Wie viele Spieler Ihrer neuen Mannschaft waren Ihnen vor der Unterschrift ein Begriff?

Mohamed Morabet und Maurice Deville hatte ich damals beim FSV Frankfurt in meiner Mannschaft. Aldin Skenderovic und Youn Czekanowiz kenne ich aus meinen Niederkorner Zeiten. Dominik Stolz, Moussa Seydi, Ken Corral, Cédric Sacras und Ricky Delgado sind mir natürlich auch ein Begriff. Die anderen Spieler werde ich kennenlernen. Und das ist auch gut so. Es wäre langweilig, wenn man immer dieselben Spieler sehen würde.

Haben Sie sich mit den vergangenen Monaten beschäftigt oder wollen Sie ganz ohne Vorurteile diesen Job angehen?

Ohne Vorurteile. Jeder Trainer hat seine Vorstellungen, die er versucht, umzusetzen. Mein Vorgänger hat versucht, es so gut zu machen wie bei seinen Stationen vorher auch. Es war ja logischerweise nicht alles schlecht, aber ich versuche, mir meinen eigenen Eindruck zu machen und zu sehen, was die Mannschaft spielen kann und was sie spielen wollen. Wenn wir Veränderungen vornehmen, müssen wir sicher sein, dass die Mannschaft diese auch umsetzen kann.

Was fordert Flavio Becca bis zur Winterpause und danach von Ihnen?

Neun Punkte bis zur Winterpause sind ein Muss. Gegen Jeunesse, Mersch und Schifflingen müssen wir Siege einfahren, um den Rückstand auf Differdingen zu verringern. Danach kann es nur zwei Ziele geben: den Titel zu holen und danach erfolgreich in der Champions-League-Qualifikation zu sein.

Steckbrief

Name: Roland Vrabec
Geboren am 6.3.1974 in Frankfurt am Main
Nationalität: Deutscher
Stationen als Trainer: FSV Frankfurt (Jugend), Mainz 05 (Jugend, Interims- und Co-Trainer), Deutschland U18 und U19 (Co-Trainer), Lok Leipzig (Co-Trainer), Deutschland U19 (Co-Trainer), FC St. Pauli (Co- und Interimstrainer) (alle D), FC Luzern (CH/Co-Trainer), FSV Frankfurt (D), FC Vaduz (LIE), Niederkorn, Esbjerg fB (DK), Greifswalder FC (D), Hesperingen (seit dem 21.11.2023)