Montag3. November 2025

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Gemeinde Mersch„Das Wasser stand so hoch, dass wir eingesperrt waren“: So haben Einwohner den Starkregen erlebt

Gemeinde Mersch / „Das Wasser stand so hoch, dass wir eingesperrt waren“: So haben Einwohner den Starkregen erlebt
Rollingen versinkt nach den starken Regenfällen im Schlamm Foto: Editpress/Jessica Oé

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Starkregen hat in der Gemeinde Mersch Überschwemmungen verursacht. Insbesondere die Ortschaften Rollingen, Beringen und Moesdorf habe es laut Gemeinde stark erwischt. Das Tageblatt hat vor Ort mit den betroffenen Anwohnern geredet.

Noch ist die Straßen gesperrt, als das Tageblatt am Dienstagmorgen in Rollingen ankommt. Im Ortskern in der rue de Luxembourg sind Gemeindearbeiter mit Baggern und Aufräummaschinen im Einsatz. Der Schlamm reicht teilweise bis zum Knöchel und wird nach und nach abgetragen.

Auf seinem Hof ist Serge (73) mit Schaufel, Besen und Wasserschlauch dabei, den gröbsten Schaden zu beseitigen. „Mein Haus ist von 1784 und ohne Keller gebaut! Die wussten schon, was sie tun.“ Man liege in einer Senke, da sei mit Schaden zu rechnen – und dennoch sei es ärgerlich. „Es ist das dritte Mal innerhalb von 40 Jahren – und das zweite innerhalb von vier. Das letzte Mal hatte es mich noch heftiger erwischt. Da standen das Wasser und der Dreck in der Wohnung. Dieses Mal ist es zum Glück nur ein wenig ins Atelier und in den Eingangsbereich gelaufen. Aber der Schlamm ist draußen geblieben.“

Er habe die Wetterlage intensiv auf Météo Boulaide verfolgt und sei daher ausreichend gewarnt und vorbereitet gewesen. Vor seinen Türen liegen einige Sandsäcke. Seit vier Uhr sei er nun im Einsatz. „Jetzt heißt es erst mal Schaufel für Schaufel den Dreck wegmachen. Aber das hält jung. Und so ein Schlammbad soll ja gut für die Haut sein.“ Den Humor lässt sich Serge nicht nehmen. „Wenn ich jetzt auch noch traurig werde, dann bin ich doppelt gestraft.“

Wasser bis zur Hüfte

Wenige Straßen weiter liegen die Nerven blanker. Ein Einwohner gestikuliert heftig im Streit mit einem Gemeindearbeiter, der mit dem Bagger versucht, den Schlamm aus der Straße zu entfernen. An der hinteren Mauer ist deutlich zu sehen, dass das Wasser hier zumindest hüfthoch stand – und viel Dreck hinterlassen hat. „Bis vor anderthalb Stunden waren wir noch eingesperrt“, erzählt uns Xenia (23). Die junge Frau lebt im gleichen Apartmentgebäude und ist ebenfalls dabei, Schlamm zu schaufeln. „Hinter unserem Gebäude läuft ein kleiner Bach – der ist über die Ufer getreten und hat alles hier reingeschwemmt. Da unsere Haustür ebenerdig liegt und das Wasser so hoch war, konnten wir nicht raus.“

Wie viel Schaden genau entstanden ist, weiß sie nicht. „Die Versicherung meinte, für die Autos, die im Wasser standen, müssen wir den ACL rufen, ehe wir sie bewegen. Aber wie kriegen wir dann den Schlamm hier raus?“ Auch im Keller sei einiges Hab und Gut nicht mehr zu retten.

An der Hauptstraße hat es einige Apartmentgebäude ebenfalls schlimmer erwischt. „Der ganze Keller stand bei uns unter Wasser“, erzählt Anna (35). Sie lebe nicht selbst im Haus, sei aber Besitzerin einer der Wohnungen. Sie ist hier, um ihren Mietern zu helfen. „Wir waren vorgewarnt und mehrere Einwohner haben glücklicherweise die Autos auf dem Grundstück des gegenüberliegenden Hofs parken können. Doch andere waren in den Ferien – und deren Fahrzeuge sind nicht mehr zu retten gewesen.“

Machtlos gegen die Gewalten der Natur

Das Wasser habe wohl auch den Stromkasten erwischt – im ganzen Haus sei der Strom ausgefallen, erzählen die draußen zusammenstehenden Einwohner. Auch der Boiler könnte hinüber sein. Aktuell können sie den Schaden noch nicht einschätzen, die Feuerwehr sei noch dabei, das Wasser abzupumpen. „Und was ist dann mit dem Schlamm? Bekommt man da auch geholfen? Der muss ja raus, ehe er steinhart wird“, fragt eine ältere Hausbesitzerin etwas hilflos.

Auch Anna bestätigt, dass vor vier Jahren die Situation vor Ort ähnlich gewesen ist. „Insgesamt scheint die Situation in der Gemeinde weniger schlimm. Aber für uns ist es die gleiche Katastrophe.“ Bürgermeister Michel Malherbe erklärt am Telefon gegenüber dem Tageblatt, dass das Hochwasser von den Quellen stamme. Der Starkregen habe aus kleinen Bächen von ein paar Zentimetern reißende Ströme gemacht, die Schlamm mit sich geführt hätten. „In Beringen sind rund 170 Liter Regen pro Quadratmeter gemessen worden – das ist ein Rekord.“ 55 Einsätze habe die Feuerwehr allein in der Gemeinde Mersch gehabt. „Jetzt schauen wir, dass die Aufräumarbeiten vorangehen.“ Als wir die Rollinger Aufräumarbeiten hinter uns lassen, sind schon die Ersten dabei, das beschädigte Hab und Gut aus den Kellern zu räumen. Uns sagt noch ein Einwohner: „Die Natur ist halt die Natur. Was sollen wir schon gegen so was tun?“

Auch Moesdorf hat’s erwischt

„Das Wasser ist hier die Straßen heruntergeschossen“, erzählt Christian (38) dem Tageblatt in Moesdorf. Er geht gerade mit seinem Kind an der Stelle spazieren, an der vor wenigen Stunden noch das Wasser stand. „Es wird halt immer mehr gebaut und versiegelt. Aber das Wasser sucht sich seinen Weg.“ Er zeigt uns einige Videos, die er in der Nacht aufgenommen hat, als er nach Hause kam. Statt der Hauptstraße in Moesdorf scheint darauf ein Fluss die Hauptverkehrsader im Dorf eingenommen zu haben. „Zwei Menschen sind von den Wassermassen im Auto eingeschlossen worden und mussten von der Feuerwehr gerettet werden.“ Christian sagt: „Das Hochwasser dieses Mal war schlimmer als vor vier Jahren. Und das wird in Zukunft wohl auch nicht besser werden.“

Nur ein paar Meter die Straße hoch, direkt vor der Tür des Restaurants „Beim Nuddelskniwwler“, heben sich Bodenplatten aus dem Gehweg hervor. „Das ist durch den Druck des Kanals, der darunter läuft, entstanden, gestern war hier noch alles in Ordnung“, erzählt uns Restaurantbesitzer Michele. „Ich gehe davon aus, dass die Gemeinde sich darum kümmert. Abgesperrt ist es ja schon, und gerade ist ein Bagger angekommen.“ Seine Küche und der Gastraum haben teilweise unter Wasser gestanden, erzählt er weiter. „Wir sind gerade erst dabei, uns einen Überblick zu verschaffen, was noch funktioniert und was nicht. Ich hoffe, die Versicherung wird das übernehmen.“

Direkt vor der Tür des Restaurants „Beim Nuddelskniwwler“ haben sich Bodenplatten aus dem Gehweg gehoben
Direkt vor der Tür des Restaurants „Beim Nuddelskniwwler“ haben sich Bodenplatten aus dem Gehweg gehoben Foto: Editpress/Jessica Oé
Der Starkregen hat in Moesdorf Spuren der Zerstörung hinterlassen
Der Starkregen hat in Moesdorf Spuren der Zerstörung hinterlassen Foto: Editpress/Jessica Oé

I. Meierle
9. September 2025 - 19.29

Früher hörte man hauptsächlich von der Mosel bei Unwetter, aber heutzutage sind Gegenden betroffen, an die man nicht im Traum dachte