Sonntag26. Oktober 2025

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EschDas Ende eines Industriedenkmals: Vor fünf Jahren begann der Abriss der „Keeseminnen“

Esch / Das Ende eines Industriedenkmals: Vor fünf Jahren begann der Abriss der „Keeseminnen“
Das Stahlgerippe der „Keeseminnen“ blieb schlussendlich stehen. Mit den eigentlichen Erzbunkern hat das allerdings kaum etwas zu tun.  Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Vor genau fünf Jahren waren die Tage der „Keeseminnen“ der früheren Brasseur-Schmelz in Esch definitiv gezählt. Auch eine Protestkundgebung von Denkmalschützern am 30. April 2020 konnte nicht mehr verhindern, dass den historisch bedeutenden Erzbunkern der Garaus gemacht wurde. Heute steht nur noch das Stahlgerippe, das in das neue Stadtviertel „Rout Lëns“ integriert werden soll.

Die Gemeindeverantwortlichen und das Kulturministerium hatten die „Keeseminnen“ der ehemaligen Brasseur-Schmelz nicht unter Denkmalschutz gestellt. Und die Verfechter der Industriekultur reagierten 2020 erst, als es schon zu spät war. Und so wurde vor genau fünf Jahren das Ende der früheren Erzbunker eingeleitet. Der definitive Abriss erfolgte im September, und auch er verlief nicht ohne Misstöne.    

Ein lauter Knall und eine dichte Staubwolke hatten für Aufregung gesorgt. Erst bei Bewohnern der rue Barbourg in der „Hiehl“, dann auch bei Freunden der Escher Industriekultur und vor allem bei der Vereinigung „Industriekultur-CNCI“. Die Aufregung war nachzuvollziehen, denn niemand hatte etwas von der Abrissaktion gewusst. Schnell war der Verdacht aufgekommen, die Verantwortlichen hätten klammheimlich vollendete Tatsachen schaffen wollen.

Pandemie hat Schuld

Der Schöffenrat und Bürgermeister Georges Mischo (CSV) sowie der Stadtarchitekt Luc Everling zeigten sich erstaunt über die Aufregung. Zu keinem Zeitpunkt sei etwas anderes als der Abriss geplant gewesen, sagten sie. Wegen des Ausnahmezustands durch die Corona-Pandemie sei es nicht möglich gewesen, die Bürger über die Abrissarbeiten zu informieren. Außerdem würden einzelne Elemente der Erzbunkeranlage erhalten bleiben und in die Gestaltung des neuen Viertels „Rout Lëns“ integriert werden, so Mischo und die verantwortlichen Schöffen Martin Kox (Bauten und Urbanismus, „déi gréng“) und André Zwally (Industriekultur, CSV). Damit war das Stahlgerüst gemeint, das noch heute dort steht.  

Die eigentlichen „Keeseminnen“ aber sind verschwunden. Die Instandsetzung des Gebäudes wäre mit hohen Kosten verbunden gewesen. Und weil es schwierig sei, den „Keeseminnen“ eine neue Bestimmung zu geben, stünden sie in ihrer jetzigen Form und am aktuellen Ort der Entwicklung des Projektes „Rout Lëns“ im Wege oder seien ihr zumindest nicht förderlich. So jedenfalls die Argumentation der Verantwortlichen der Gemeinde. Das neue Stadtviertel „Rout Lëns“ für bis zu 3.000 Bewohner wird von IKO Real Estate, einer Firma von Promotor Eric Lux, entwickelt und gebaut. Die Planungen laufen seit 2017. Mitte Juli letzten Jahres wurde der Grundstein für die ersten Gebäude gelegt. Bereits im kommenden Jahr sollen die ersten Bewohner einziehen können, hieß es damals. 

Der Erhalt des Erzbunkers sei durchaus erwogen worden, meint dagegen die Vereinigung für Industriekultur IK-CNCI. Anfang März 2020 hatte sie einen Antrag auf eine Klassierung des Industrieerbes gestellt. Doch das Kulturministerium von Sam Tanson („déi gréng“) lehnte in einem Schreiben Ende Juli 2020 ab. Begründung: Die Erzbunkeranlage war zuvor bei der Bestandsaufnahme durch Denkmalschutzbehörde und Gemeinde als nicht schützenswert eingestuft worden. Für IK-CNCI ein großer Fehler, denn die über 100 Jahre alte Erzbunkeranlage ist auf Stelzen gebaut, was sie architektonisch einzigartig macht. Außerdem schrieb sie ein Stück Sozialgeschichte, denn ihr Bau war die Reaktion auf etliche Streiks der italienischen „Schmelz-Arbeiter“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Endgültig abgerissen wurden die „Keeseminnen“ 2020 vom 6. bis zum 18. September. Auch das nicht ohne Nebengeräusche, verursachten die Arbeiten doch riesige Staubwolken. Die Anwohner beschwerten sich beim Umweltamt, das daraufhin die Gemeinde ins Gebet nahm. Denn der Bürgermeister hätte die Abrissgenehmigung ausgestellt und sei deshalb auch dafür verantwortlich, dass die Anwohner nicht durch sie geschädigt würden. 

So könnte das Stahlgerüst der früheren „Keeseminnen“ einmal in das neue Stadtviertel „Rout Lëns“ integriert werden.
So könnte das Stahlgerüst der früheren „Keeseminnen“ einmal in das neue Stadtviertel „Rout Lëns“ integriert werden. Grafik: Iko Real Estate