LuxemburgClement: Sozialmieten sollen laut Tripartite-Gesetzen nicht eingefroren werden – Ministerium widerspricht

Luxemburg / Clement: Sozialmieten sollen laut Tripartite-Gesetzen nicht eingefroren werden – Ministerium widerspricht
Der Piraten-Abgeordnete Sven Clement hat sich gegenüber dem Tageblatt zum aktuellen Stand des Gesetzentwurfs bezüglich der Tripartite geäußert Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Das Gesetz zur Umsetzung des Tripartite-Abkommens ist auf dem Instanzenweg. Aber schon wieder gibt es scheinbar Diskussionsbedarf. Laut dem Piraten-Abgeordneten Sven Clement sollen offenbar nur die Mieten des privaten Wohnungsmarkts zur Entlastung der Verbraucher eingefroren werden – die im sozialen Wohnungsbau jedoch nicht. Das Wohnungsbauministerium bezeichnet das auf Nachfrage als „irrige Annahme“ – Clement widerspricht. Ein Überblick.

Der Gesetzentwurf zum Tripartite-Abkommen hält den Sonderausschuss der Chamber weiter in Atem. Wie das Tageblatt berichtete, sollen die Vereinbarungen in zwei Gesetze aufgeteilt werden. Die wohnungspolitischen Bestimmungen sollen auf Vorschlag des Staatsrats in ein eigenes Gesetz einfließen. Der Text könnte aber den Anlass für weitere Debatten geben: Der Piraten-Abgeordnete Sven Clement erklärt am Mittwoch gegenüber dem Tageblatt, dass das Wohnungsbauministerium offenbar lediglich die Mieten des privaten Wohnungsmarkts einfrieren wolle – und nicht jene des sozialen Wohnungsbaus. Das habe er von einem Ministeriumsvertreter im Sonderausschuss erfahren.

Hintergrund sei laut Clement die Regelung, dass im sozialen Wohnungsbau 25 Prozent der Miete nicht indexiert sei, die restlichen 75 Prozent grundsätzlich aber schon. „Wenn der Index also steigt, dann steigt auch die Miete um einen entsprechenden Prozentsatz in die Höhe“, erklärt Clement. „Das trifft genau die Menschen, die bei zum Beispiel zehn Euro Miete mehr im Monat mehrere Tage im Monat nur noch kalt essen können, weil sie sich zwischen warmem Essen und Miete entscheiden müssen.“ Zudem handele es sich bei den Betroffenen häufig um Menschen, die aufgrund ihrer Lebensumstände und der entsprechenden Preise erst gar keine Wohnung auf dem privaten Wohnungsmarkt finden würden.

Eine Begründung zu dem Vorhaben sei laut Clement im Sonderausschuss genannt worden: nämlich, dass die Menschen in Sozialwohnungen ohnehin schon weniger bezahlen würden als Mieter auf dem privaten Wohnungsmarkt – und eine „kleine“ Erhöhung dann nicht so drastisch sei. „Scheinbar ist in der Sache nicht mit dem Wohnungsbauministerium zu reden“, sagt der Piraten-Abgeordnete. „Der Staat weigert sich, das Einfrieren auf die Mieten anzuwenden, die er selbst erhebt.“ Clement ergänzt: „Bei dieser Art mache ich mir wirklich Sorgen, dass in nächsten zwei Jahren noch irgendwas an bezahlbarem Wohnraum da ist.“

Das Ministerium wirft Nebelkerzen

Sven Clement, Piraten-Abgeordneter

Auf eine Tageblatt-Anfrage zu der Angelegenheit heißt es am Freitag von der Pressestelle des Wohnungsbauministeriums: „Es ist nicht die Idee des Ministeriums, die Mieten bis Ende des Jahres einzufrieren, sondern die der Tripartite.“ Das gelte aber nur für Mieten gemäß dem Gesetz von 2006. „Entgegen der irrigen Annahme von Herrn Clement werden die Sozialmieten, die dem Gesetz von 2006 nicht unterliegen, nicht mit dem Index automatisch angepasst, sondern jeweils einmal im Jahr aufgrund der Einkommens- und Familienstandentwicklung der Mieter neu berechnet.“ Dabei spielen beispielsweise auch die Zahl und das Alter der Kinder eine Rolle. Die Berechnung sei komplex und trage der Situation der Mieterfamilien Rechnung – daraus ergäben sich schließlich die Mietpreise im Bereich zwischen vier bis sechs Euro pro Quadratmeter. „Da der Index ja derzeit zeitlich verschoben wird, kann sich daraus gar keine Mieterhöhung bei den Sozialmieten ergeben“, erklärt der Ministeriumssprecher. 

Dass das Ministerium Clements Aussagen als „irrige Annahme“ bezeichnet, nennt der Politiker selbst wiederum „dreist“. Er entgegnet noch am selben Tag gegenüber dem Tageblatt: „Das Ministerium wirft Nebelkerzen, der Index spielt eine Rolle in der Anpassung und im Laufe des Jahres wird es Anpassungen geben, die alleine dem Index vom 1. April 2022 geschuldet sein werden.“ Als Erklärung weist er auf Artikel 18 im betreffenden „Règlement grand-ducal“ (RGD) hin, in dem es heißt: „Der Multiplikator (y) wird pauschal auf 6,20 Euro festgelegt, dem Wert der Indexzahl 100 der Verbraucherpreise von 1948.“ Aus dem Reglement könne man also ableiten, dass der besagte Faktor y indexgebunden sei. Darin sei außerdem festgehalten, dass der Faktor je nach Kategorie der Betroffenen zu 25, 50 oder auch 75 Prozent in die Berechnung eingehe.

Clement schlägt Anpassung der Parameter vor

Zudem gehörten zum jährlich verfügbaren Nettoeinkommen (RND) eines Haushalts auch die „allocations familiales“, also Familienleistungen – „das Tripartite-Abkommen wird also noch einen zweiten Einfluss auf die ‚Sozial‘-Mieten haben“, ergänzt Clement. Da die „allocations“ indexiert seien, käme es laut dem Politiker dazu, dass mindestens am 1. April 2023 „das Einkommen steigen würde, ohne dass die Einkommenstranchen steigen“. Das würde sich wiederum auf die Berechnung hinsichtlich der Sozialmieten auswirken. 

Der Piraten-Abgeordnete sagt: „Wenn man das nicht will, gäbe es ja zum Beispiel die Möglichkeit, die besagten Parameter manuell nach unten zu korrigieren – jetzt und dann noch einmal nächstes Jahr, quasi als Neutralisierung. Wäre ich das Ministerium, würde ich das machen.“ Er selbst habe beispielsweise Kontakt mit einer älteren Dame gehabt, deren Miete sich kürzlich erhöht habe – bei ihr habe es keine Änderungen gegeben, die bezüglich der Erhöhung nicht auf den Index zurückzuführen seien.