AntisemitismusCivitas-Auflösung in Frankreich: Hat die ADR Kontakte zur rechtsextremen Partei?

Antisemitismus / Civitas-Auflösung in Frankreich: Hat die ADR Kontakte zur rechtsextremen Partei?
„Wollte nicht fragen, wer da sitzt“: Ganz links applaudiert Alain Escada von der rechtsextremen Partei Civitas, ganz rechts am Rednerpult steht Fernand Kartheiser Foto: Screenshot/Youtube.com/ADR International

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In Frankreich soll die fundamentalkatholische und rechtsextreme Partei Civitas verboten werden. Noch im Januar saß deren Vorstand Alain Escada am Podiumstisch einer Veranstaltung der ADR. Dort will man ihn heute nicht gekannt haben.

Es ist der 18. Januar 2023. Die ADR International hat zu einem Gespräch mit Christian Perronne geladen, einem französischen Mediziner. Eine von mehreren Veranstaltungen über die Corona-Krise und ihre Folgen. Den Abend moderiert der ADR-Abgeordnete Fernand Kartheiser. Am Tisch sitzt, gleich neben dem Pult, Perronne. Dahinter steht, zwischen Tisch und Wand, Anne-Marie Yim, Vizepräsidentin der ADR International. Und ganz links außen sitzt, den anderen zugewandt, Alain Escada, Präsident der fundamentalkatholischen und rechtsextremen französischen Partei Civitas. Eine Partei, die nun in ihrem Heimatland wegen wiederholter antisemitischer Äußerungen aufgelöst werden soll.

Kartheiser, der Moderator des Abends, will bis heute nicht gewusst haben, wer da neben ihm am Tisch saß. Das betont der Politiker gegenüber RTL: „Wir haben keine Beziehung zu der Partei, ich selbst wusste nicht einmal, dass es sie gibt.“ Dieser Schilderung widerspricht jedoch Weihbischof und Generalvikar Léon Wagener. Am Montagmorgen erklärte dieser im RTL-Interview, er habe Kartheiser bereits am 10. Juli auf die Partei und deren Antisemitismus angesprochen.

Gottesstaat und Abtreibungsverbot

Das Institut Civitas wurde 1999 gegründet und steht in enger Verbindung mit der erzkonservativen Piusbruderschaft. Bekannt wurde Civitas in den Zehnerjahren durch Protestaktionen gegen Kunstwerke; 2012 mobilisierten die traditionalistischen Katholiken Proteste gegen die Ehe für alle. Seit 2016 ist Civitas als Partei anerkannt. Parteivorstand ist Alain Escada, ein Belgier, der, bevor er nach Frankreich ging, Mitglied des „Front nouveau de Belgique“ war, einer Absplitterung des belgischen „Front national“.

Wir haben keine Beziehung zu der Partei, ich selbst wusste nicht einmal, dass es sie gibt.

Fernand Kartheiser, ADR-Politiker

Als Partei will Civitas die Trennung zwischen Kirche und Staat auflösen, den Laizismus, einen Grundpfeiler der französischen Republik, abschaffen und Katholizismus als Staatsreligion einführen. Außerdem ist man für ein Abtreibungsverbot und gegen die gleichgeschlechtliche Ehe. Bei Wahlen konnte die Partei selbst bislang keine Erfolge feiern, im Präsidentschaftswahlkampf 2022 hat Civitas jedoch den rechtsextremen Kandidaten Éric Zemmour unterstützt.

Nun hat der französische Innenminister Gérald Darmanin sein Ministerium gebeten, die Auflösung der Partei zu prüfen. Bei der Sommeruniversität der Civitas im Juli hatte sich Pierre Hillard, Autor und Anhänger von Verschwörungsmythen, antisemitisch geäußert. Er forderte einen „Entzug der Staatsbürgerschaft für Juden“ und beschuldigte sie, seit ihrer Naturalisierung im Jahr 1791 „die Türen für die Einwanderung geöffnet“ zu haben.

Unter Antisemitismusverdacht

Der Kopf dieser Noch-Partei saß also am 18. Januar am Podiumstisch einer Veranstaltung der ADR International. Kartheiser sagte gegenüber RTL, er wisse nicht, wer die Leute waren, die Christian Perronne mitgebracht hatte. „Ich wollte auch nicht Polizist spielen und fragen, wen er da neben sich sitzen hat. Das ist nicht meine Aufgabe.“

Doch Escada ist nicht der einzige in der Runde unter Antisemitismusverdacht. Eingeladen wurde der Civitas-Chef nach eigenen Angaben von Anne-Marie Yim, Vize-Präsidentin von ADR International. Diese wurde am 14. September 2022 als neue Sektion der ADR gegründet – für Nicht-Luxemburger, die sich in der ADR engagieren wollen. Fred Becker, Präsident der ADR International, bezeichnete sie als „politische Heimat für die konservativen Mitglieder unserer internationalen Community“. Mit Hilfe der ADR International sollen neue Ideen aus den Nachbarländern in die luxemburgische ADR einfließen.

Vizepräsidentin Yim wiederum trat laut der Webseite Conspiracy Watch der französischen Organisation „Observatoire du conspirationnisme“ am 19. November 2022 bei einer Veranstaltung der Civitas in Rungis bei Paris auf. Dort soll sie eine verschwörungstheoretische und antisemitische Rede über die Ursprünge der Gesundheitskrise gehalten haben und sich auf die antisemitische Hetzschrift „Protokolle der Weisen von Zion“ bezogen haben. Ein Vortrag, der mit der ADR nicht abgesprochen gewesen sei und von dem die Partei auch nichts gewusst hätte, sagte Kartheiser gegenüber RTL.

Auf die drohende Auflösung der Civitas in Frankreich reagierte Parteivorstand Escada mit der Gründung von Civitas International, einer Organisation mit Sitz in Brüssel, die die Themen der Civitas über Frankreich hinaus bekannt machen soll.

JJ
19. September 2023 - 9.18

Also Kartheiser lädt Leute an den Podiumstisch die er nicht kennt? Und wenn er gefragt hätte wer da sitzt und man hätte es ihm gesagt,was dann? Verarschen können wir uns selbst ADR. Wie schon Keup und Reding.Mit den Regeln nimmt man es nicht so genau und wenn's schief geht hat man nix gewusst. ADR-Wähler sollten sich also die Gewissensfrage stellen wenn sie ihr Kreuzchen machen.

Miette
19. September 2023 - 7.20

Vertrauen in eine Partei zu haben, welche nicht mehr wissen will; mit welchem rechtsextremen 'Wouscht" sie sich umgibt... Dazu gehört der Mut der Unbedarften.