Eigentlich sind sich alle Parteien in der Chamber einig: Palästina soll als unabhängiger Staat anerkannt werden. Uneinig waren sich die Fraktionen während der Aktualitätsstunde am Dienstag im Parlament über den richtigen Zeitpunkt dafür. Vor der Debatte hatten am Dienstagmorgen Vertreter der LSAP, „déi gréng“ sowie „déi Lénk“ den „Zickzack-Kurs“ der luxemburgischen Regierung kritisiert und diese zu einer „klaren Haltung und Positionierung“ in dieser Frage aufgefordert. In einer Motion, die sie am Nachmittag gemeinsam der Chamber vorlegten, forderten sie eine sofortige Anerkennung des Staates Palästina. Während der Debatte wurde das Vorgehen Israels im Gazastreifen von allen Fraktionen weitgehend verurteilt. Während etwa Yves Cruchten (LSAP) von einem Genozid sprach, der sich derzeit in der Region vollziehe, meinte Gusty Graas (DP), dass Gaza mittlerweile „ein offener Friedhof geworden“ sei. Andere betonten, kein Verständnis mehr für das unverhältnismäßige Vorgehen Israels gegen die Menschen im Gazastreifen zu haben.

Trotz dieser Einigkeit über die Situation in der Region, zeigte sich das rot-rot-grüne Trio vor der Debatte dennoch unzufrieden mit der Nahostpolitik der Regierung. „Es vergeht quasi kein Tag, an dem keine Menschen im Gazastreifen sterben“, sagte Sam Tanson im Hinblick auf die „immer katastrophalere Situation“ in der Region. Und die Grünen-Politikerin bedauerte, dass die luxemburgische Regierung nicht entsprechend darauf reagiere. Yves Cruchten warf seinerseits dem luxemburgischen Außenminister Xaver Bettel in diesem Zusammenhang vor, „bis heute nichts Kritisches zur Kolonisierung“ der palästinensischen Gebiete durch Israel gesagt zu haben. Dabei würde Israel nicht nur mit seiner Siedlungspolitik im Westjordanland, sondern auch mit der „de facto“-Annektierung des Gazastreifens gegen internationales Recht verstoßen, ergänzte der Linken-Politiker Marc Baum. Sam Tanson warf der Frieden-Regierung zudem vor, unterschiedliche Standards bei den beiden großen Konflikten, jenem im Nahen Osten und dem Ukraine-Krieg, anzuwenden. Während Russland bereits mit 17 Sanktionspaketen belegt worden sei, würden gegen Israel keine Sanktionen erhoben, ergänzte Yves Cruchten später während der Debatte.
Die drei forderten, dass die luxemburgische Regierung mehr Druck auf Israel ausübe. Hebel dazu habe sie, etwa wirtschaftlicher Natur. Allerdings würde auch hier der DP-Partner in der Regierung die Verlängerung des Handelsabkommens zwischen der EU und Israel befürworten, einerseits. Andererseits jedoch unterstütze der DP-Außenminister eine Initiative der Niederlande, die von der EU-Kommission eine Überprüfung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel fordere. Artikel 2 dieses Abkommens sieht die Einhaltung der Menschenrechte und Demokratie vor, was nach Ansicht einer Mehrheit der EU-Staaten von Israel derzeit nicht erfüllt werde. Und zu einer Suspendierung des Abkommens führen könnte.
Zweifel an Konferenz
Schließlich hat das rot-rot-grüne Trio Zweifel daran, dass die kommende Woche anstehende Konferenz in New York zum gewünschten Ergebnis führt. Die von Frankreich und Saudi-Arabien initiierte Konferenz soll den Weg freimachen für eine staatliche Anerkennung Palästinas durch etwa 15 Staaten. Allerdings hätten die Palästinenser nur wenig Einfluss auf die ihnen dafür gesetzten Bedingungen, monierten die drei. So wird verlangt, dass eine Reihe von muslimischen und arabischen Staaten ihre Beziehungen zu Israel „normalisieren“, wie Xavier Bettel vergangene Woche bei der Vorstellung einiger Einzelheiten zur UNO-Konferenz erklärte. Zudem sollten in den palästinensischen Gebieten Wahlen abgehalten werden und die Mitglieder der Terrororganisation müssten die Region verlassen. Die letzten Wahlen in den Palästinensergebieten seien von Israel torpediert worden und es sei „extrem schwierig, nachzuprüfen“, ob andere Bedingungen, wie eben die Verbannung der Hamas ins Exil, erfolgreich sein könnte, gab Sam Tanson während der Debatte zu bedenken. Die Erfüllung weiterer Bedingungen hänge ebenfalls von anderen Staaten ab, so die Grünen-Politikerin weiter.
Sie gibt der Regierung noch einmal die Möglichkeit, nichts zu tun
Sie seien jedoch der Meinung, dass dieser Ansatz in die richtige Richtung gehe, meinte hingegen Laurent Mosar. „Die darin enthaltenen Bedingungen machen Sinn“, sagte der CSV-Abgeordnete in Bezug auf die von Xavier Bettel vergangene Woche in der außenpolitischen Kommission der Chamber vorgestellte Paketlösung, die in New York diskutiert werden soll. Zuvor hatte Laurent Mosar „auf das Schärfste das Vorgehen der israelischen Regierung verurteilt und die Hoffnung geäußert, dass jene Minister, denen Kriegsverbrechen vorgeworfen werden, zur Rechenschaft gezogen werden. Auch die DP stehe hinter dem Paket, sagte Gusty Graas, der jedoch hoffte, dass die Friedensbemühungen nicht von Extremisten untergraben werden. Der DP-Politiker legte eine zweite Motion vor, die neben der CSV auch von der ADR sowie den Piraten mitunterzeichnet worden war.
Keine „Symbolpolitik“
Deren Redner forderten ebenfalls die Einhaltung der Bedingungen, bevor es zu einer Anerkennung eines palästinensischen Staates durch Luxemburg kommen könne. Er finde es „übertrieben“, wenn es zu einer sofortigen Anerkennung kommen würde, sagte Fred Keup. Der ADR-Politiker will daher erst das Resultat der Konferenz in New York abwarten. „Wir sollten nicht in blinden Aktionismus verfallen“, meinte seinerseits Sven Clement, der zudem keine „Symbolpolitik“ betreiben wollte. Der Abgeordnete der Piraten gestand aber, dass Israel keine Wahlen in den Palästinensergebieten wolle, womit eigentlich eine der Bedingungen nicht erfüllt werden könne.
In Abwesenheit des Außenministers vertrat Premierminister Luc Frieden den Standpunkt der Regierung und meinte, eine Anerkennung würde das Problem in der Region nicht fundamental lösen. Es brauche eine „Stufenlösung“ und „Zukunftsperspektiven“. Luxemburg werde „im Lichte der Gespräche seine Entscheidung treffen“, so der Premierminister. Die dazu passende Motion wurde mit den Stimmen von vier Fraktionen angenommen. „Sie gibt der Regierung noch einmal die Möglichkeit, nichts zu tun“, kommentierte der Linken-Politiker Marc Baum.
Zwei Motionen
Der Chamber wurden gestern zwei Motionen über die Anerkennung eines Staates Palästina durch Luxemburg vorgelegt.
– Die von der LSAP, „déi gréng“ und „déi Lénk“ vorgelegte Motion forderte eine sofortige Anerkennung. Ihr stimmten nur 18 Abgeordnete zu, 40 stimmten dagegen (CSV, DP, ADR), zwei (Piraten) enthielten sich.
– Die von der CSV, DP, ADR und den Piraten vorgelegte Motion ruft die Regierung auf, erst nach der Evaluierung des Abschlussdokuments der internationalen Konferenz in New York, sowie gemeinsam mit einer Gruppe von Staaten, namentlich Frankreich, eine Anerkennung vorzunehmen. 42 stimmten dafür, zwei (Linke) dagegen, 16 (LSAP, Grüne) enthielten sich.
Auf großes EU-Land gehofft
Während der Debatte über eine staatliche Anerkennung Palästinas durch Luxemburg warf unter anderen der DP-Abgeordnete Gusty Graas die Frage auf, warum unter dem vorherigen Außenminister nicht bereits die Anerkennung erfolgt sei. Wir fragten bei Jean Asselborn nach. Im Dezember 2014 sei sehr wohl eine Motion verabschiedet worden, in der die Regierung aufgefordert worden sei, Palästina als Staat anzuerkennen. In der Motion hieß es, „zu dem Zeitpunkt, der als am geeignetsten erachtet wird“. Er habe immer gehofft, dass ein großes EU-Land vorgehen würde, sagte Jean Asselborn, wobei er auf Frankreich gesetzt habe. Allerdings habe er auch „gespürt und gesehen“, dass er keine Mehrheit weder mit der DP, noch mit der CSV, für eine Anerkennung hätte zusammenbringen können, so der ehemalige Außenminister. In beiden Parteien hätte es keine einheitliche Position in dieser Frage gegeben.
„Die Anerkennung hilft nicht, den Krieg direkt zu beenden“, so Jean Asselborn weiter. Er habe jedoch eine entsprechende Aufforderung an die luxemburgische Regierung mit unterzeichnet, da eine Zwei-Staaten-Lösung eine längst vereinbarte Position sei, die selbst bei der Gründung Israels 1948 vereinbart worden sei. Zudem wies Jean Asselborn darauf hin, dass Luxemburg seine Mitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat 2013/2014 zu einem großen Teil seiner „klaren Position zu Israel und Palästina“ zu verdanken hatte. (gk)
Aufruf an die luxemburgische Regierung
In einem Aufruf an die Regierung, der von Dutzenden Persönlichkeiten aus den verschiedensten Bereichen unterzeichnet wurde, wird die luxemburgische Regierung aufgefordert, auf europäischer und internationaler Ebene Druck auszuüben, „um dazu beizutragen, dass Israel die Zerstörung des palästinensischen Volkes in Gaza und im Westjordanland beendet“. Die Unterzeichnenden würden keine Partei ergreifen, sondern „für Menschenwürde und Gerechtigkeit stehen“. Im Gazastreifen würde ein „Krieg ohne Grenzen“ stattfinden, bei dem die Kinder den größten Preis zahlen würden. Nur wenn die Besatzung, die Kolonisierung sowie die Unterdrückung ein Ende nähmen, könnten beide Völker in der Region in Frieden und Sicherheit leben, heißt es weiter in dem Aufruf.
jewishcallforpeace.lu
De Maart

E besschen schwanger.
Bettel wie Frieden warten drauf dass Israel ganz Gaza und Westjordanland ILLEGAL annektiert hat um dann etwas Anzuerkennen was es nicht mehr gibt.
Es geht nicht um die Anerkennung eines Palestina Staates sonder darum den Genozid im Gazastreifen zu beenden denn gleich wird es keine Palästinenser mehr geben ausgerottet von der israelischen Armee durch bombardierung und Hungersnot!
Immerhin faellt es einem LSAP abgeordneten auf,dass die sanktionspakete verteilung 0 -17 zwischen Israel und Russland nicht normal erscheint.
Bravo fuer diese spaete erkenntnis.