Mittwoch5. November 2025

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EndometrioseChamber diskutiert Petition, die sich für den Schutz von Betroffenen einsetzt

Endometriose / Chamber diskutiert Petition, die sich für den Schutz von Betroffenen einsetzt
Bewusstsein schaffen: Joyce Dos Santos (Mitte) im Austausch mit Arbeitsminister Georges Mischo (CSV) Foto: Chambre des députés

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Jede zehnte Frau leidet an Endometriose, doch noch immer wird die Krankheit belächelt, Betroffene diskriminiert. In Luxemburg ist Endometriose nicht als chronische Erkrankung anerkannt. Eine Petition will das ändern – und kämpft für mehr Flexibilität für betroffene Frauen, vor allem im Arbeitsleben.

Joyce Dos Santos bittet, einen Moment die Augen zu schließen. „Stellen Sie sich vor, sie würden gerade etwas essen. Dann bekommen Sie Krämpfe im Bauch. Doch diese Krämpfe breiten sich aus, Beine, Rücken, Brustkorb. Jede Bewegung tut weh, Ihnen wird heiß und kalt, sie bekommen schlecht Luft. Was wie ein Albtraum klingt, ist die Realität einer von zehn Frauen auf der Welt.“ Mit diesen Worten versucht die junge Frau den ihr gegenüber sitzenden Abgeordneten im Plenarsaal der Chamber zu beschreiben, wie es sich anfühlt, wenn man an Endometriose leidet. Im vergangenen Jahr hat Dos Santos eine Petition eingereicht, die mehr als 4.500 Unterzeichner erreicht hat, und deshalb an diesem Mittwochmorgen vor Vertretern der Gesundheits- und Arbeitskommissionen diskutiert wird.

Endometriose ist eine weit verbreitete Krankheit – und doch fehlt es in der Breite der Gesellschaft an Informationen und Wissen über sie. Das liegt zum einen am komplexen und teilweise sehr individuellen Krankheitsbild, zum anderen an gesellschaftlichen Vorurteilen, Tabus und einem „Gender Health Gap“, in dem „Frauenkrankheiten“ wie Endometriose verschwinden. Dabei handelt es sich um die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung überhaupt. Bei Endometriose wuchert Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter. Es kann sich auch an den Eierstöcken, im Bauch- und Beckenraum, am Darm oder am Bauchfell ansiedeln. In einigen Fällen kann es auch außerhalb des Bauchraumes, zum Beispiel in der Lunge, vorkommen. Diese sogenannten Endometriome reagieren auf Hormone, sie sind also zyklusabhängig und bluten, wenn die Frau ihre Periode hat. Nur dass dieses Blut nirgendwohin abfließen kann, was zu Entzündungen führt. Für manche Betroffene verläuft die Erkrankung nahezu symptomfrei, andere leiden unter Symptomen wie schmerzhafter Menstruation, chronischen Schmerzen, Schlafstörungen, Übelkeit oder Unfruchtbarkeit. Heilbar ist Endometriose aktuell nicht. Die derzeit verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten – darunter entzündungshemmende Medikamente und starke Schmerzmittel wie Morphin mit starken Nebenwirkungen – bieten oft nur wenig Linderung. Im fortgeschrittenen Stadium bedeutet die Krankheit Einschränkungen in allen Lebensbereichen, einschließlich des Arbeitslebens.

Anspruch auf den Status als Behinderte

So wie bei Dos Santos und den beiden Frauen, die sie an diesem Tag in die Chamber begleiten. Dos Santos selbst wurde 2018 mit Endometriose diagnostiziert. Zunächst konnte sie mit der Krankheit leben und arbeiten. Doch mit den Jahren wurden die Schmerzen schlimmer, die Einschränkungen größer. Sie musste operiert werden, verlor ihren Job. Ihre Mitstreiterin Lara Baptista sagt, sie suche seit 2018 eine Arbeit, die ihre Krankheit und Umstände akzeptierte – erfolglos. Wie viele Betroffene sehen sich auch die jungen Frauen mit gesellschaftlichen Vorurteilen konfrontiert, mit Arbeitgebern und Ärzten, die ihre Krankheit nicht ernst nehmen. Dos Santos hat ihre Petition gestartet, um Betroffenen einen besseren Schutz am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Dazu gehört auch der Anspruch auf den Status als Behinderte („Statut de salarié handicapé“).

In Luxemburg wird Endometriose nicht explizit auf der Liste der chronischen Erkrankungen der nationalen Gesundheitskasse aufgeführt. Diese Liste dient als Grundlage für einen möglichen Anspruch auf spezielle Unterstützungsleistungen. In anderen europäischen Ländern, darunter Frankreich und Belgien, wird Endometriose offiziell als invalidisierende Erkrankung anerkannt. Dies ermöglicht betroffenen Frauen berufliche Anpassungen und besondere Schutzmaßnahmen. In Spanien wurde ein eigener Menstruationsurlaub eingeführt. Eine Petition mit ähnlicher Forderung wurde bereits vor vier Jahren in der Chamber diskutiert. Dos Santos will jedoch keine Urlaubstage, sondern grundsätzliche gesellschaftliche und politische Anerkennung. 

In der Chamber werben Dos Santos und ihre Mitstreiterinnen außerdem für einen Gen-Test per Speichelprobe, mit dessen Hilfe Endometriose frühzeitig festgestellt werden kann. Alle drei Frauen haben einen langen Leidensweg bis zur Diagnose hinter sich. Das könnte sich in Zukunft ändern. „Die Krankheit lässt sich nicht heilen, aber sie lässt sich bremsen“, sagt Dos Santos. Der Test kostet 800 Euro und wird nicht von der Gesundheitskasse bezahlt. Das könnte sich in Zukunft ändern, sagt Gesundheitsministerin Martine Deprez (CSV) am Ende der Debatte. In Frankreich laufe derzeit ein großer Feldversuch. Man orientiere sich an der französischen „Haute autorité de santé“, so Deprez. Wenn diese den Test als nützlich und sinnvoll einstufe, werde man auch in Luxemburg die Kosten übernehmen. Die Ministerin kündigte im Rahmen der Debatte zudem an, im kommenden Frühjahr bei der Woche der weiblichen Gesundheit einen eigenen Tag für Endometriose schaffen und nationale wie internationale Experten einladen zu wollen.

Arbeitsminister Georges Mischo (CSV) sieht vor allem das „Statut de salarié handicapé“ als realistischen Weg, sollte bei einer Betroffenen eine um 30 Prozent reduzierte Arbeitskraft nachgewiesen werden können. Solch ein Statut, so der Minister, könne auch für Arbeitgeber interessant sein, weil die Angestellten dann weniger kosten würden. Francine Closener (LSAP), Präsidentin der Petitionskommission, verkündete am Ende nach einer kurzen Beratungspause die Schlussfolgerungen der Parlamentarier. Die Arbeitskommission werde sich Gedanken über ein eigenes Statut für Endometriose-Betroffene machen, während die Gesundheitskommission prüfen werde, wie schnell man einen Endometriose-Test flächendeckend einsetzen könne. Außerdem werde man eine große Sensibilisierungskampagne bei Ärzten, Arbeitgebern und in Schulen auf den Weg bringen.