Ortsbesuch in WiltzBier und Krieg: Eine Reise durch die Hauptstadt der Ardennen

Ortsbesuch in Wiltz / Bier und Krieg: Eine Reise durch die Hauptstadt der Ardennen
Wiltz im Mai 2020: Rechts unten ist das „Nationale Streikdenkmal“ zu sehen, links oben das Schloss mit dem Freilichttheater Foto: Gemeinde Wiltz/Ben Majerus

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Wiltz hat viel zu bieten. Kultur und Natur. Die Stadt darf sich ihrer besonderen Lage wegen „Hauptstadt der Ardennen“ nennen. Im Zweiten Weltkrieg hat Wiltz viel gelitten, was ihr den Namen „Cité Martyre“ einbrachte. Heute herrscht Aufschwung. Es wird gebaut, renoviert und immer noch Bier gebraut. Und es gibt konkrete Pläne, um in Luxemburg und in der Großregion potenzielle Touristen für einen Besuch zu begeistern.

Von oben hat man eine herrliche Sicht auf Wiltz. Auf einen Blick zeigen sich alle Sehenswürdigkeiten in Ober- und Unterstadt. Um diese zu entdecken, muss man aber nicht unbedingt in die Luft gehen. Zehn ausgeschilderte Wanderwege durch Kultur und Natur zeigen Stadt, Landschaft und eine jahrtausendealte Geschichte. Sie führen durch die „Hauptstadt der Ardennen“, wie Wiltz sich dank Beschluss des niederländischen Königshauses stolz nennen darf, aber auch durch die „Cité Martyre“, wie die Ortschaft der vielen Opfer im Zweiten Weltkrieg wegen genannt wird.

Im Moment wirkt Wiltz sehr friedlich. Wie überall bestimmen die sanitären Maßnahmen das Alltagsleben. Das verhindert aber nicht, dass im Rathaus und im Tourismusbüro emsig gearbeitet wird. Bürgermeister Frank Arndt hat einen Plan „Vakanz doheem“ ausarbeiten lassen, der den Anforderungen der aktuellen Situation Rechnung trägt.

Das Tourismusprogramm für den Sommer könnte eigentlich auch „Vakanz an der Regioun“ heißen. Denn in Wiltz hofft man doch stark, Gäste aus der Großregion begrüßen zu können „Wir werden demnächst ein diesbezügliches Marketingkonzept vorstellen, das alle Menschen im Umkreis von 200 Kilometern erreichen soll“, verkündet Frank Arndt.

Der Plan sieht hauptsächlich Aktivitäten an der frischen Luft vor. Wichtiger Teil des Konzeptes ist der Campingplatz „Park Kaul“ in Niederwiltz. Viel Geld wurde hier investiert, vor allem auch in die modernen Holzchalets, die mit großzügig bemessenem Platz, auch zwischen den Chalets, aufwarten: „Und wenn man sich begegnet, ist man in der Natur und kann sich trotz ‚Distanz halten’ begegnen“, unterstreicht der Bürgermeister.

Seit 1843 eine Stadt

Das Camping ist ein idealer Ausgangspunkt, um die Stadt, die sich übrigens bereits seit 1843 so nennen darf, zu erkunden. Das Auto braucht man dazu nicht unbedingt. Zu Fuß macht eh mehr Spaß. Mit dem Fahrrad auch, beispielsweise mit einem E-Mountainbike. Zudem gibt es gute Busverbindungen, auch innerorts.

Was, wie, wo besuchen, ist eine gute Frage. In Wiltz hat man die Qual der Wahl. Antworten, Fahrräder und das nötige Dokumentationsmaterial gibt es bei Maggy Reisen im Tourismusbüro. Ab kommendem Montag ist dort wieder geöffnet. Das Büro ist nicht zu verfehlen. Es befindet sich nämlich im Innenhof des Schlosses.

Von da sind es beispielsweise nur wenige Meter bis zum Streikdenkmal, das an den Beginn des Generalstreiks 1942 erinnert. Damals, als sich die Luxemburger wehrten und nicht in die deutsche Wehrmachtsuniform gesteckt werden wollten. Auf dem Weg zum Turm, der das Bild von Wiltz seit 1956 prägt, kommt man auch an der Villa Adler vorbei, wo General Eisenhower während des Krieges zu Gast war.

Weiter geht es zur Villa Simon. Auf der Brunnenwand im Parks stehen bekannte Zeilen: „Et war esou ëm d’Päischten, ’t stung alles an der Bléi.“ Erraten, von wem dieser Satz stammt? Richtig. Von Michel Rodange, der von 1866 bis 1873 in Wiltz lebte und dort das Nationalepos „Renert“ verfasste. 

Nicht weit entfernt vom Park liegt das sehr heimelig anmutende „Café Renert“. Dort gibt es, frisch gezapft, jenes Bier, das nur wenige Meter weiter in der Brauerei Simon gebraut wird. Wie sagen jene, die in Wiltz das Licht der Welt erblickt haben: „Jeder darf sein Bier trinken, aber wer ein gutes Bier haben möchte, der bestellt ein Simon-Pils.“ Oder einen „Wëllen Ourdaller“, denn auch der wird von der Brauerei, wo heute noch 25 Leute arbeiten, gebraut.

Bald über 10.000 Einwohner

In früheren Zeiten gab es noch eine weitere Brauerei in Wiltz: „Gruber“. In deren Gebäude ist heute die Kultur und Begegnungsstätte „Prabbeli“ untergebracht. Direkt dahinter befinden sich die „Jardins de Wiltz“. Wer Ruhe sucht, wird hier fündig. Ruhe findet man auch bei „Fatima“. Man muss nicht gläubig sein, um beim Wallfahrtsort oberhalb von Wiltz ehrfürchtig dem Charme des Panoramas zu erliegen. 

Die Stadtverantwortlichen glauben jedenfalls fest an die Zukunft von Wiltz. Im neuen Viertel  „Wunnen mat der Woltz“ entsteht ab September dieses Jahres neuer Wohnraum. Mit diesem und anderen Projekten wird die Einwohnerzahl in absehbarer Zeit auf über 10.000 steigen. Wiltz wird dann zu einer Gemeinde mit einem Vollzeitbürgermeister und vielen neuen Möglichkeiten, um das regionale Zentrum noch weiter auszubauen.

Doch zunächst wartet man in der Ardennenhauptstadt auf Gäste. Leider läuft auf der Freilichtbühne beim Schloss in diesem Sommer nichts. Am 18. September aber soll die „Nuit des lampions“ stattfinden. An dem Tag soll ebenfalls das „Geenzefest“ nachgeholt werden, das für Pfingstmontag geplant war. Tickets gibt es im Vorverkauf. Ansonsten ist ein Besuch in der Ardennengemeinde gratis, aber bestimmt nicht umsonst.

Bier und Krieg

In den ehemaligen Stallungen von Schloss Wiltz befindet sich seit 20 Jahren ein Biermuseum, das Einblick in die Luxemburger Bierkultur und Brautechniken gibt. Wer etwas Zeit mitbringt, kann dort auch sein eigenes Bier brauen. Ein kleiner Teil des Museums ist der Ledergerberei gewidmet. Eine Tür weiter ist das Museum der Ardennenoffensive, die die Stadt zwischen Dezember 1944 und Januar 1945 hart getroffen hat. Um sich des ganzen Spektrums der zerstörerischen Kraft des Krieges bewusst zu werden, lohnt ein Besuch des etwas außerhalb von Wiltz gelegenen „Schumann’s Eck“, wo sich deutsche und amerikanische Soldaten einen erbarmungslosen Stellungskrieg lieferten. 

Gemeinde Wiltz (Wooltz)

Die Fusionsgemeinde Wiltz (Wooltz) ist Hauptort des gleichnamigen Kantons und zählt rund 7.500 Einwohner. Sie setzt sich aus den Ortschaften Erpeldingen, Eschweiler, Knaphoscheid, Niederwiltz, Rullingen, Selscheid, Weidingen und Wiltz zusammen. Das Rathaus befindet sich in Wiltz.