ItalienBerlusconi wieder in Mafia-Ermittlungen verstrickt

Italien / Berlusconi wieder in Mafia-Ermittlungen verstrickt
Silvio Berlusconis einstige Finanzgeschäfte stehen im Mittelpunkt von Ermittlungen der italienischen Staatsanwaltschaft Foto: AFP/Alberto Pizzoli

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Die Staatsanwaltschaft von Florenz ermittelt in Finanzgeschäften des Forza-Italia-Gründers und Medienmoguls Silvio Berlusconi. Insbesondere interessieren Geldtransaktionen aus den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Ermittelt wird im Zusammenhang mit der Aufklärung einer Serie von Bombenattentaten in Rom, Florenz und Mailand.

Das Ermittlungsverfahren zu den Hintergründen des Bombenattentats vom 23. Mai 1993 bei den Florentiner Uffizien ist auch dreißig Jahre nach dem Geschehen nicht eingestellt. Zwar haben die Untersuchungsbehörden den Ablauf des Anschlags selbst rekonstruiert und die Attentäter ermitteln können. Doch die Frage der Auftraggeber und Nutznießer ist bislang ungeklärt.

Die Staatsanwälte Luca Tescaroli und Luca Turco haben jetzt eine neue Spur aufgenommen. Geforscht wird nach der Herkunft und dem Verbleib von 70,5 Milliarden Lire, die in den achtziger Jahren in verschiedenen Tranchen in Unternehmen investiert wurden, die später in Silvio Berlusconis Unternehmen Fininvest eingegliedert wurden. Bislang konnte nur ein Teil dieser „Investitionen“ verifiziert werden. So hatte einer der Drahtzieher des Anschlags von Florenz, der Cosa-Nostra-Boss Giuseppe Graviano, erklärt, seine Familie hätte 20 Milliarden Lire in Firmen „des Mailänder Bauunternehmers Berlusconi“ investiert. Eine weitere Spur führt zu Stefano Bontate. Der wegen seiner Kaltblütigkeit auch als „Il Falco“ (der Falke) genannte Mafiaboss aus Palermo soll nach Angaben der Ermittler kofferweise Bargeld aus illegalem Drogenhandel in Mailänder Bauvorhaben Berlusconis gezahlt haben.

Wie genau die Transaktionen abgelaufen waren, wollten die Staatsanwälte Tescaroli und Turco bisher nicht bekannt geben. Aus Kreisen der Justiz verlautbarte nur, dass „neue Methoden der Dokumentation und Reproduktion von Bank- und Geschäftsunterlagen“ den damaligen Geldfluss besser nachvollziehen lassen.

Wie bereits aus früheren Ermittlungen und Verfahren bekannt ist, spielte der Ex-Senator und langjährige Graue Eminenz Berlusconis, Marcello Dell’Utri, bei all den Transaktionen eine wesentliche Rolle. Dell’Utri war es nicht nur, der den Cosa-Nostra-Angehörigen Vittorio Mangano als „Bodyguard“ und „Stallknecht“ bei Berlusconi unterbrachte. Mangano fungierte vor allem als Mittelsmann zwischen Mailand und den Mafiosi von Palermo und Corleone. Laut Aussagen verschiedener „Pentiti“ (Kronzeugen der italienischen Mafia, die sich entschließen, mit der Justiz zusammenzuarbeiten) sollen über Dell’Utri und Mangano auch Absprachen mit den Bossen Toto Riina und Bernardo Provenzano sowie mit dem erst kürzlich verhafteten Matteo Messina Denaro zu den Bombenanschlägen in Florenz, Mailand und Rom gelaufen sein.

Ungeklärte Milliardenzahlungen

Nach den bis heute nicht aufgeklärten Verhandlungen zwischen Staat und Mafia beendeten die Clans die Gewaltanschläge. Im Ergebnis endete die „ewige“ Regierungszeit Giulio Andreottis. Mit Dell’Utris Hilfe wurde die neue Partei „Forza Italia“ gegründet, mit der Silvio Berlusconi 1994 zu seiner ersten Amtszeit als Regierungschef antrat.

Für seine Kontakte zur Mafia im Zusammenhang mit den Gewaltanschlägen wurde Marecello Dell’Utri bereits 2010 zu sieben Jahren Haft verurteilt. Trotz mehrerer Einsprüche wurde dieses Urteil 2014 vom Kassationsgericht in Rom bestätigt. Allerdings wurde Dell’Utri aus gesundheitlichen Gründen schon im Juli 2018 wieder aus der Haft entlassen.

Aus den Augen der Justiz geriet er jedoch nicht. Im Zusammenhang mit den ungeklärten Milliardenzahlungen, die die Staatsanwaltschaft von Florenz jetzt untersucht, soll auch die Frage geklärt werden, wofür Berlusconi in den Jahren 2012 und 2021 insgesamt 28 Millionen Euro zahlte. Zwar erklärte der Ex-Cavaliere, dies sei ein Bonus für langjährige Freundschaftsdienste gewesen, doch wollen Tescaroli und Turco schon wissen, worin diese bestanden. Einer, der darüber Auskunft geben könnte, ist der seit 30 Jahren untergetauchte und nun verhaftete Matteo Messina Denaro. Der jedoch lehnt bislang jede Zusammenarbeit mit der Justiz ab.