Serbien im Ukraine-KonfliktBeim Lavieren zwischen Ost und West tut sich Belgrad zunehmend schwer

Serbien im Ukraine-Konflikt / Beim Lavieren zwischen Ost und West tut sich Belgrad zunehmend schwer
Serbiens Präsident Aleksandar Vucic ist seit Jahren im Spagat geübt Foto: Darko Vojinovic/AP/dpa

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Erst mit tagelanger Verspätung hat Serbien die russische Invasion in der Ukraine am Wochenende verurteilt – und Sanktionen gegen Russland erneut abgelehnt: Im eskalierenden Ukraine-Krieg fällt dem EU-Anwärter das vertraute Lavieren zwischen Ost und West zunehmend schwer.

Am liebsten hätte sich Serbiens allgewaltiger Staatschef Aleksandar Vucic wohl bis zum Kriegsende über das Blutvergießen in der Ukraine ausgeschwiegen. Tagelang hatte der selbsterklärte Putin-Freund nur über den „großen Druck“ geklagt, dem sein Land ausgesetzt sei. Erst am Freitagabend verkündete der Chef der nationalpopulistischen SNS die offizielle Belgrader Position: Serbien gebe „der territorialen Integrität der Ukraine die volle Unterstützung“ und werde „keinerlei Sanktion gegen Russland“ verhängen.

Das Lavieren zwischen Ost und West hat in Belgrad seit Titos Bruch mit Stalin Tradition. Das zerfallene Jugoslawien war während des Kalten Kriegs ein führendes Mitglied der Bewegung der blockfreien Staaten. 2009 erklärte der damalige Präsident Boris Tadic die EU, Russland, USA und China zu den „vier Pfeilern“ von Serbiens Außenpolitik. Den von Vucic perfektionierten Drahtseilakt zwischen den Welten hat der gewiefte Selbstvermarkter jahrelang selbst als Wahlkampfmunition genutzt: Pünktlich vor jedem Urnengang trabte Vucic zum Foto-Termin bei Putin in Moskau und Angela Merkel in Berlin auf.

Zwar stehen dem Dauerwahlkämpfer am 4. April erneut Präsidentschafts- und Parlamentswahlen ins Haus. Doch seine einstige CDU-Schutzherrin ist abgetreten und devote Audienzen bei Putin sind derzeit selbst für ihn kaum denkbar. „Will Vucic etwa der einzige Staatsmann sein, der am 9. Mai bei der Siegesparade in Moskau neben Putin und Lukaschenko das Defilee der siegreichen Truppen aus der Ukraine abnimmt?“, fragt sich bitter die Zeitung nova: „Eine Neutralität, wie sie sich Vucic vorstellt, ist nicht mehr möglich.“

Ungewohnt einmütig haben zumindest die Botschaften der USA und Russlands die Belgrader Kompromissformel begrüßt. Weniger verständnisvoll scheinen die EU-Partner. „Serbien wird sich für eine Seite entscheiden müssen“, orakelt die Zeitung Danas: Deren Karikatur zeigt den Landesvater beim angestrengten Spagat zwischen zwei Rollstühlen, die sich immer weiter voneinander entfernen.

Putin-Verherrlichung

Tatsächlich zappelt Belgrad in einer doppelten ukrainischen Zwickmühle. Einerseits fordert die EU von dem EU-Anwärter schon lange die Angleichung an die gemeinsame Außenpolitik – und die von Belgrad abgelehnte Übernahme der Russland-Sanktionen. Andererseits erwartet Moskau für die Schützenhilfe im Kosovo-Konflikt von Belgrad Loyalität – samt Ablehnung der Sanktionen.

Zudem will Vucic seine russophile Wahlklientel nicht verstimmen. 85 Prozent der Serben und 80 Prozent der Medien seien auf der Seite Russlands, „egal was passiert“, lamentiert der SNS-Chef. Doch die Putin-Verherrlichung der regierungsnahen Boulevardmedien ist nicht zuletzt seiner SNS zu verdanken: Kritische Töne gegenüber der EU und Jubelarien über Moskau sind seit der SNS-Machtübernahme 2012 gängiger Belgrader Regierungsbrauch.

Vorläufig scheint das Politchamäleon Vucic weiter auf eine Doppelstrategie zu setzen. Während er selbst die Verletzung der ukrainischen Grenzen als „Fehler“ bezeichnet, zieht beispielsweise der SNS-Abgeordnete Milos Bandur gegen die „NATO-Falken“ vom Leder, die den Krieg „gewollt“ hätten und „glücklich“ seien, „wenn sich Ukrainer und Russen gegenseitig töten und ihre militärischen Ressourcen aufbrauchen“: „Die NATO ist unser aller Feind. Wir sind besorgt über die Verräterrolle, die das ukrainische Regime übernommen hat.“

HTK
1. März 2022 - 9.15

Eu-Anwärter dieser Art kann man sich ersparen. Mit Ungarn und Polen haben wir genug an der Backe.Absahnen und nichts beitragen. Praktisch