Freitagmorgen. Kurz vor 11. Die Wassertropfen auf Francos Gesicht sind keine Tränen. Es ist Regen. Es gießt wie in Strömen. Eine gewisse Traurigkeit ist trotzdem auf Francos Gesicht zu erkennen. „Mein Herz ist schwer“, sagt er. Am Sonntag schließt er sein Restaurant, das „Belvedere“, auf dem „Gaalgebierg“ in Esch – für immer. Keine sehr erheiternde Nachricht.
„Italienische Restaurants gibt es doch wie Sand am Meer“, sagt ein Redaktionskollege. Ich hege da gewisse Zweifel. Aber gut, über das Angebot an italienischen Restaurants in und um Esch müsste man etwas länger diskutieren. Für mich aber steht fest, dass es ein Restaurant wie das „Belvedere“ nicht zweimal gibt. Das liegt zum einen an der ruhigen Lage auf dem „Gaalgebierg“, mitten im Grünen, dann natürlich am Chef Franco selbst und selbstverständlich auch an Antoniettas Küche. Die ist und war immer vom Feinsten, viel Handarbeit, kompromisslos italienisch. Die Spaghetti Carbonara, die Fusilli Tania, die Saltimbocca alla romana oder der gegrillte Fisch waren einzigartig, aber das waren eigentlich alle Gerichte.
Authentizität
Fusilli werden nicht geschnitten und zu Scaloppine Milanese gibt es keine Nudeln mit Tomatensauce. Francos Charakter und Prinzipien haben den einen oder anderen Gast mitunter manchmal etwas leicht irritiert. Nichts, was sich mit einem Glas Wein oder „Digestivo della casa“ nicht wieder einrenken ließ. Ich habe seine Konsequenz und seine Art gemocht. Wo gibt es noch solch authentische Restaurantbetreiber wie Franco? Ok, im „Da Gino al Parlamento“. Aber das liegt in Rom, nahe dem „Palazzo di Montecitorio“, der italienischen Abgeordnetenkammer. Leider etwas zu weit entfernt von Luxemburg.
Aber sag doch, Franco, warum aufhören? „Weil ich mit 64 jetzt gerne in Pension gehe.“ Aber warum haben die Kinder das nicht übernehmen wollen? „Zu groß, zu anstrengend, vor allem das Personalmanagement macht heutzutage alles schwierig(er).“ Franco klingt leicht resigniert. Verständlich, denn das Belvedere ist, war, ein Familienunternehmen, eine Familienangelegenheit mit überschaubarem externen Personal. Franco draußen bei den Gästen, seine Frau Antonietta nebst in letzter Zeit Tochter Giorgia und deren Freund Alberto in der Küche. Einst haben auch Tochter Roberta sowie die Söhne Dominique, Angelo und Mauro geholfen. Die vier haben nun andere Berufswege eingeschlagen – in Luxemburg und etwas weiter weg.
In Brüssel geboren
Franco will jetzt erst mal ausruhen, etwas „dolce vita“, mit viel „dolce far niente“. Zunächst mal nach Italien, dann die Söhne in ihrer neuen fernen Heimat besuchen. Und dann wird er sehen, was passiert. Mit seinen 64 Jahren glaubt man ihm nicht so recht, dass er nicht doch noch irgendeine Idee im Hinterkopf hat.
Geboren wurde Franco Tiesi in Brüssel, als Sohn kalabrischer Einwandrer. In der belgischen Hauptstadt ging er zur Schule, ging rund ein Jahrzehnt nach Italien, um dann, 1996, in Luxemburg-Bonneweg das Restaurant „Voglia Matta“ zu eröffnen. Ein damals grandioser Erfolg. Es folgten weitere Etappen, bevor er 2013 das „Pourquoi-pas“ in der rue de Belvaux in Esch übernahm. 2018 zog es ihn auf den „Gaalgebierg“. Aus der einstigen Buvette des Tennisclubs machten er und seine Familie eine der ersten Adressen des Landes für italienische Gastronomie. Der Gemeinde, dem Tennisclub und besonderes Carlo Poos gelte sein spezieller Dank, betont Franco mehrmals.
Die Corona-Pandemie wurde dereinst zur echten Herausforderung für das Restaurant und die Familie. Das „Belvedere“ hat sie gemeistert. Die Gemeinde Esch als Besitzer des Lokals kam mit der Miete entgegen und Franco und die Seinen zeigten sich kreativ. Auf einem großen Teil der Terrasse haben sie eine Holzkonstruktion hingesetzt. Kein Provisorium, nichts, was beim ersten Windstoß umfällt, bei Regen zu einer Dusche oder bei Schnee zur Eishöhle wird. Etwas richtig Stabiles ist entstanden, etwas Dauerhaftes, mit Infrarotstrahler, die bis heute und in Zukunft dafür sorgen, dass es im Inneren schnuckelig warm wird.
Ein Fünkchen Hoffnung
Und was nun? Das Restaurant direkt neben den Tennisplätzen auf dem „Gaalgebierg“ hat wohl eine Zukunft. Unseren Informationen zufolge wird nämlich jemand anderes das Ruder übernehmen. Franco kann oder will nichts verraten. Ok. Aber wie man aus gut informierten Kreisen in Esch hört, soll die beliebte Adresse nicht lange geschlossen bleiben. Eigentlich sei alles geklärt. Drei Wochen Umbau, dann Wiedereröffnung. Ein Restaurant mit Fusion-Küche solle bald eröffnen. Nun ja, lassen wir uns überraschen. Zum Schwanengesang über die Gastronomie in der „Minettemetropole“ können wir später immer noch anstimmen. Und wer weiß, wer, wie und wo nicht doch noch ein Stückchen „Belvedere“ und italienische Genüsse in die Escher Zukunft rettet? Bei dem Gedanken scheinen die Aussichten dann auf einmal nicht mehr ganz so trübe.
 
		    		 De Maart
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Es scheint, dass das Belvedere in abgewandelter Form und vielleicht unter neuem Namen eine Zukunft in Esch haben könnte. Wir werden sehen. Sobald wir etwas wissen, werden wir darüber berichten.