Taverne Battin in EschAnita Dias geht nach 35 Jahren, die Kultkneipe aber bleibt

Taverne Battin in Esch / Anita Dias geht nach 35 Jahren, die Kultkneipe aber bleibt
Anita Dias geht in den wohlverdienten Ruhestand: 35 Jahre lang stand sie als Chefin hinter dem Tresen der Taverne Battin Foto: Editpress/Alain Rischard

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In einer der alteingesessenen Kneipen aus Esch kommt es zur Wachablösung: Nach 35 Jahren gibt Anita Dias den Stab in der Taverne Battin weiter und geht am 13. April in die wohlverdiente Rente.    

Montagmorgen, 10.00 Uhr an der Kreuzung der rue de la Libération und der Bolivar-Straße mitten im Escher Zentrum. „Beim Anita“, wie die Einheimischen sagen, startet man eher gemächlich in die Woche. Am Tresen sitzen zwei Kunden bereits beim Bier, dahinter steht Anita Dias, wie sie das bereits seit 35 Jahren tut. Sie kennt jeden ihrer Gäste mit Namen. „Wir sind hier eine große Familie“, sagt die gebürtige Portugiesin, die mit 17 Jahren ganz alleine nach Luxemburg auswanderte, um hier ihr Glück zu suchen. Das war 1981. Anita landete zunächst in Wahlhausen, wo sie in der „Eislécker Stuff“ arbeitete. 1984 zog es sie nach Esch. Erst bediente sie im Café Cristal im Grenzer Viertel, ehe sie 1989 von der Brauerei das Angebot bekam, die Taverne Battin zu übernehmen.      

Noch genauso wie vor 35 Jahren: das Interieur der Taverne Battin
Noch genauso wie vor 35 Jahren: das Interieur der Taverne Battin Foto: Editpress/Alain Rischard

In der urigen Kneipe hat sich seitdem kaum etwas verändert, sodass die Taverne Battin heute etwas aus der Zeit zu fallen scheint, mit ihren altmodischen Fenstern und Fliesen sowie der Dekoration aus den 1980er Jahren. Genau das ist neben der Warmherzigkeit der Chefin und ihrem Personal wohl das Erfolgsrezept, denn eine vergleichbare Kneipe sucht man im Escher Zentrum vergeblich. Die Taverne Battin ist zur Institution in der Minettemetropole geworden. 

Hinter dem Tresen zum Beispiel hängen die berühmtesten Damenslips Eschs an der Wand. „Jede Kellnerin, die hier gearbeitet hat, musste an ihrem letzten Arbeitstag einen Slip hinterlassen“, erklärt Anita verschmitzt. Sie hat alle Teile fein säuberlich aufgehängt. Fast schon ein Kunstobjekt. Genau wie die gerahmten Geldschein-Sammlungen an den Mauern: „In den ersten Jahren im Café konnte ich keinen Urlaub machen. Um mich zu trösten, haben die Gäste mir Geldscheine von ihren Reisen mitgebracht“, erzählt Anita lachend.

Sechs Bürgermeister und ein „Tatort“-Kommissar

Der Ort steckt voller Geschichten, das merkt der Gast schnell. 1973 war hier mit dem „Café Lisboa“ der erste portugiesische Laden im Land eröffnet worden, erzählt Anita Dias. Sie übernahm das Café 1989 und leitete es bis heute, demnach 35 Jahre lang. Mit Jos Brebsom, Fränz Schaack, Lydia Mutsch, Vera Spautz, Georges Mischo und nun Christian Weis erlebte sie sechs Bürgermeister, allesamt kamen sie gerne zu ihr. Sogar der am vergangenen Freitag verstorbene „Tatort“-Kommissar und Regisseur Peter Sodann trank hier schon mal ein Bier, als er für einen Theater-Auftritt in Esch war.

Während sich die Welt vor der Tür immer schneller dreht, scheint in der Taverne Battin die Zeit stehen geblieben zu sein. Die Musik erklingt unaufdringlich aus den Lautsprechern, man kann sich in normaler Lautstärke unterhalten. „Trotzdem ist es heute anders“, sagt Anita, „vor allem die Pandemie hat viel verändert. Die Leute sind nervöser und gestresster. Auch gibt es nicht mehr die Freundschaft und den Zusammenhalt wie früher“. Hätten die Gäste früher Rommé gespielt, so beschäftigten sie sich heute lieber mit ihrem Handy.

Auch die Gewohnheiten veränderten sich im Laufe der Zeit: „Heute gehen die Leute ins Restaurant und dann direkt nach Hause. Seit Corona noch mehr als zuvor“, weiß Anita, „wobei natürlich die Sicherheit am späten Abend eine Rolle spielt. Auch ich wurde mehrmals auf dem Nachhauseweg überfallen. Die Leute trauen sich spätabends nicht mehr raus. Esch ist halt nicht mehr das, was es einmal war“, bedauert sie. Vor der Pandemie hatte Anita von mittwochs bis samstags bis 3.00 Uhr geöffnet. Heute lohne sich das nicht mehr. Auch der Konsum sei nicht mehr derselbe. Gehörte die „Drëpp“ früher zum Bier dazu, so trinke heute kaum mehr einer Hochprozentiges.      

An der Wand hängen Erinnerungen an die letzten Jubiläen 
An der Wand hängen Erinnerungen an die letzten Jubiläen  Foto: Editpress/Alain Rischard

Keine Kunden, nur Freunde

Trotzdem bricht Anita Diaz eine Lanze für ihre Kundschaft: „Vor allem die älteren Kunden sind sehr treu. Wobei Kunden eigentlich das falsche Wort ist, vielmehr sind es Freunde. Und sie werden mir fehlen.“ Mit einem weinenden und einem lachenden Auge blickt sie dem Samstag, 13. April, entgegen. Ab 17.00 Uhr steigt dann ihre große Abschiedsparty. „Alle Freunde der Taverne Battin sind eingeladen“, sagt Anita Dias strahlend. Es wird ein emotionaler Abend, denn nachdem in den letzten Jahrzehnten von morgens bis abends stets die Arbeit in ihrer Kneipe Priorität hatte, sind nun die Enkelkinder dran. Die sind inzwischen sieben und acht Jahre alt und wollen in Zukunft von ihrer Oma verwöhnt werden. Genauso wie Anita die letzten 35 Jahre ihre Gäste in der Taverne verwöhnte.

Die Kunden brauchen sich um die Zukunft keine Gedanken machen, denn es wird auch nach dem 13. April in Anitas Sinn weitergehen. Ihre Bedienung Giulia wird die Taverne Battin in der Kontinuität übernehmen, Anita nur noch ab und an zu Besuch vorbeischauen. „35 Joer ass e laangen Dag“, sagt sie, „mit so einem Café muss man viel arbeiten und darf die Stunden nicht zählen. Ich jedenfalls habe nicht das Gefühl, durch die viele Arbeit etwas in meinem Leben verpasst zu haben. Im Gegenteil. Jeden Tag gab es etwas anderes. Ich habe hier ein Café aus Gold gehabt“. Anita Dias hat das Glück, das sie mit 17 Jahren suchte, als sie ihre Heimat verließ, in einer Eckkneipe in Esch gefunden.