Convention„Anime Focal Luxembourg“: Kimono, Kendo und Karaoke auf Kirchberg

Convention / „Anime Focal Luxembourg“: Kimono, Kendo und Karaoke auf Kirchberg
Mehr Sichtbarkeit: Im Vergleich zu vergangenen Auflagen konnten Künstler und Kunsthandwerker ihre Stände an prominenteren Orten errichten Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Lange Staus bildeten sich am Wochenende rund um die Luxexpo The Box. Grund war die „Anime Focal Luxembourg“, ein Event, das sich der japanischen Kultur widmet und bei seiner dritten Auflage einen absoluten Besucherrekord aufstellte. Mehr als 18.000 Besucher meldet das Veranstaltungsteam.

In puncto Animation wurde dieses Mal ein größeres Programm als in den Vorjahren geboten. Einer der Ehrengäste war der Manga-Autor Akihiro Ononaka, der nicht nur einen Vortrag hielt, sondern auch für eine Signierstunde zur Verfügung stand.

Die Singer-Songwriterin Mion
Die Singer-Songwriterin Mion Foto: Laura Giacomini

Dies tat die ursprünglich aus Japan kommende und aktuell in Großbritannien lebende Singer-Songwriterin Mion ebenfalls: Nach ihren beiden Konzerten bildeten sich lange Warteschlangen vor ihrem Stand, um im Anschluss noch ein signiertes Polaroid und ein kurzes Gespräch mit der Sängerin ergattern zu können. Hideaki Tsuji trat mit seiner Shamisen, einem jahrhundertealten Saiteninstrument aus Japan, auf, während Takuya Taniguchi dem Publikum die Kunst des Taiko-Trommelns näherbrachte.

Insgesamt wurden viele Aspekte der japanischen Kultur geehrt. Zum ersten Mal war der Verein „Shobukai Kendo Luxembourg“ auf dem Event vertreten und führte Interessierte in die traditionsreiche Sportart ein. Reger Andrang wurde ferner am Stand der japanischen Botschaft verzeichnet, die nicht nur Informationen zum Land der aufgehenden Sonne, sondern auch eine Einführung in Kalligrafie und Origami bot. Ein Shiatsu-Stand gehörte zu den weiteren Neuheiten.

„Elegant & ­Gothic Lolita“-Mode aus Japan

Das Herz von Justine ­Humbert, professionelle Schneiderin und Illustratorin, schlägt derweil für japanische „street fashion“. Besonders angetan hat es ihr der Kleidungsstil „Elegant & ­Gothic Lolita“, wobei der Begriff ­​​​​​​​„Lolita“ in keinster Weise auf das Buch von Vladimir Nabokov zurückzuführen ist. Der Stil, um den sich eine Subkultur gebildet hat, zeichnet sich durch eine bestimmte Ästhetik und Silhouette aus, die unter anderem von vergangenen Epochen wie dem Rokoko beeinflusst sind. Dazu gehören voluminöse, mit Petticoats aufgebauschte Röcke oder Kleider, die meistens zusammen mit Blusen getragen werden, Accessoires wie Haarschleifen und Strümpfe oder Strumpfhosen mit passenden Motiven. Justine Humbert identifiziert sich eher als „Sweet Lolita“; Freunde von ihr bewegen sich in weiteren Richtungen wie Gothic und Classic.

Justine, ausgebildete Schneiderin und kreativer Kopf der „Maison de couture Poucellina“
Justine, ausgebildete Schneiderin und kreativer Kopf der „Maison de couture Poucellina“ Foto: Laura Giacomini

„Maison de couture Poucellina“ heißt das Eine-Frau-Unternehmen der kreativen 29-Jährigen. Sie schneidert nicht nur Kleidung im Lolita-Stil, sondern hat auch bereits eigenen Stoff designt. „Das kann schon Jahre in Anspruch nehmen“, erklärt die Künstlerin. Dem Tageblatt gibt sie einen exklusiven Einblick in eines ihrer nächsten Projekte: ein eher düsteres Motiv, das anschließend auf hochwertigem Baumwollstoff gedruckt wird. Eine Freundin habe sie dazu inspiriert.

Doch alleine von Kleidungsdesign und -herstellung könne die Französin nicht leben. Sie möchte sich künftig vermehrt auf den Bereich Illustration konzentrieren. Ihre Designs, vorwiegend in Pastelltönen gehalten, kannten auf jeden Fall viel Zuspruch in Luxemburg.

Viele Besucher in Zivilkleidung

Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen natürlich Anime und Manga. Zahlreiche Künstler aus dem In- und Ausland verkauften Zeichnungen, Pins, Lesezeichen und weitere Artikel. Die Künstlerin MissAUBE, die mit ihrer farbigen Tierwelt viele Blicke auf sich zog, erklärte, dass sie die Sticker nicht nur selber gemalt, sondern auch selber gedruckt hat.

Das meiste Aufsehen bei solchen, Conventions genannten Events erregt wohl der Bereich Cosplay. Die teilweise sehr aufwändigen und in minutiöser Handarbeit angefertigten Kostüme ziehen vor allem Fotografen und Schaulustige an – dabei bilden sie jedoch nicht die Mehrheit der Besucher, von denen viele in Zivilkleidung erscheinen. Die Faszination für Anime und Manga kann unterschiedliche Formen annehmen: Dazu gehören Cosplay, aber auch das Sammeln von Fan-Artikeln oder der Fokus auf die Musik. So gab es hauptsächlich am Samstag viel Andrang beim Karaoke-Stand.

Bei „Anime Focal“ handelt es sich um eine Veranstaltungsreihe, die sich bislang auf Frankreich bezogen hat. Programm und Aussteller variieren je nach Standort und Auflage. Vor zwei Jahren haben die Organisatoren den Schritt in Großherzogtum gewagt – mit sichtbarem Erfolg, denn die „Anime Focal“-Auflage in der Luxexpo The Box zog etliche Besucher aus Luxemburg, Deutschland, Frankreich und Belgien an. Der Kirchberg wird wohl weiterhin ein fester Standort bleiben.

Tarah und Sarah aus Belgien
Tarah und Sarah aus Belgien Foto: André Feller

Weitere Eindrücke

Tarah und Sarah, Cosplayerinnen aus der Provinz Hennegau, haben ihre Kostüme aufeinander abgestimmt: Tarah schlüpfte in die Rolle der Göttin Aqua aus der Comedy-Romanreihe „Konosuba“, die als Manga- und Animeserie adaptiert wurde. Sarah ihrerseits spielte die Rolle von Tristan, mit dem sie sich hervorragend identifizieren könne. Vor allem bevorzugt sie diesen Charakter, weil er eigentlich noch nicht im Film erschienen ist, sagt sie gegenüber dem Tageblatt. Tarah liebt diesen Manga, da er sehr entspannend sei und man die Geschichte eigentlich nicht ernst nehmen könne. Wie viele andere Besucher, die aus dem nahen Ausland kamen, waren die beiden Belgierinnen von der „Anime Focal Luxembourg“ begeistert. Sie lobten die Organisation und den ausreichenden Platz zwischen Ständen und Ausstellern. So könne man sich freier in der Halle bewegen, als dies beispielsweise bei solchen Events in Brüssel der Fall sei.

Pierrette, 51 Jahre alt, aus Merl nahm zum ersten Mal an der Veranstaltung auf Kirchberg teil und fühlte sich in ihre Jugend zurückversetzt. Vor allem weckte der Besuch Erinnerungen an „Sailor Moon“ und „Goldorak“ – bei Letzterem war sie sehr erfreut, ein Werbeplakat an einem der Stände zu entdecken. (André Feller)