Es ist ein Aufstand von Notabeln: Der Vorstand der Ärztevereinigung AMMD hat am Montag bei der Quadripartite in der „Ecole nationale de santé“ in Strassen den Sozialpartnern und Gesundheitsministerin Martine Deprez (CSV) mitgeteilt, die Konvention mit der CNS – nach rechtlicher Prüfung – in den nächsten Tagen oder Wochen zu kündigen. Obwohl die Mitglieder der AMMD ihrem Verwaltungsrat vor einer Woche auf einer außerordentlichen Generalversammlung ein Mandat dafür gegeben hatten, kam der Zeitpunkt dieser Ankündigung doch etwas überraschend. Umso mehr der Präsident der Ärztevereinigung, Chris Roller, nach der Quadripartite erklärte, dass der Wert der „Lettre clé“, auf deren Grundlage die Arzttarife berechnet werden, nicht der Hauptgrund für die Kündigung der Konvention sei, sondern „nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht“ habe.
Vorrangig gehe es der AMMD um den „Extrahospitalier“ – die Legalisierung von kommerziellen Arztgesellschaften und die Erweiterung von Leistungen, die außerhalb von Krankenhäusern in Arztpraxen durchgeführt werden dürfen. Mit den Erklärungen von Martine Deprez vergangene Woche in der parlamentarischen Gesundheitskommission, sie wolle den Gesetzentwurf zu den „Dokteschgesellschaften“ bis Ende des Jahres in der Kammer hinterlegen und die Abänderungen zum Gesetz über die ambulante Wende, die Kataraktoperationen und kleinere dermatologische Eingriffe in Arztpraxen erlauben sollen, bis Mitte nächsten Jahres deponieren, gab sich die AMMD offensichtlich nicht zufrieden.
Uneinig
Dabei weiß die AMMD selbst nicht genau, was sie eigentlich von der Gesundheits- und Sozialministerin will. Vor allem zu den „Dokteschgesellschaften“ gibt es durchaus unterschiedliche Ansichten innerhalb der Ärzteschaft. Während sich manche Spezialisten dafür aussprechen, die Arztgesellschaften auch für Investmentfonds oder andere Investoren zu öffnen – insbesondere für solche, die teures Gerät benötigen –, die Ärzte aber im Verwaltungsrat die Mehrheit behalten sollen, forderte der „Cercle des médécins généralistes“ noch vor der AMMD-Generalversammlung am vergangenen Mittwoch in einem Brief (der dem Tageblatt vorliegt) an den AMMD-Vorstand, dass die Beteiligung an den Gesellschaften ausschließlich Ärzten vorbehalten sein müsse. Unterschiedliche Meinungen gibt es innerhalb der AMMD auch darüber, ob Ärzte, die eine Gesellschaft gründen, andere Ärzte als Beschäftigte einstellen dürfen. Dagegen spricht sich der „Cercle“ der Allgemeinmediziner ebenfalls unmissverständlich aus.
Ihm gehe es nicht darum, dass die Ärzte mehr Geld von der Krankenkasse bekommen, sondern, dass es effizienter eingesetzt wird, sagte Chris Roller am Montag nach der Quadripartite: „Mir sinn eis alleguerten eens, dass Prestatiounen, déi am Ambulatoire gemaach ginn, vläicht en Drëttel kaschte vun dem, wat se an de Spideeler kaschten.“ Mittelfristig könne damit sogar Geld eingespart werden. Er begründete das damit, dass die Anschaffungskosten für teure Geräte in Arztpraxen, anders als in Krankenhäusern, nicht von der CNS bezahlt werden müssten. Allerdings geht diese Rechnung nur auf, wenn die Ärzte entweder selbst über außerordentlich viel Kapital verfügen oder sie sich mit finanzkräftigen Investoren zusammenschließen. Zu denken, Letztere würden viel Geld in Arztgesellschaften investieren und gleichzeitig darauf verzichten, an der strategischen Ausrichtung derselben beteiligt zu werden, mag vielleicht naiv klingen.
„Proxenetismus“
Das haben sich wohl auch die Sozialpartner gedacht, die zusammen mit der Regierung den nach dem Tripartite-Prinzip zusammengesetzten Verwaltungsrat der CNS bilden. Was am Montagnachmittag bei der Quadripartite auf sie zukommen würde, konnten sie schon erahnen, als sie das Interview des AMMD-Vizepräsidenten und Vorsitzenden des „Cercle des médecins dentistes“, Carlo Ahlborn, am Montag im Radio 100,7 hörten. Der hatte sich darüber beklagt, dass die Aufwertung der „Lettre clé“ die am Index ausgerichtete Variation des „Revenu moyen cotisable“ der aktiven Versicherten in den Vorjahren nicht überschreiten darf: „Dat heescht, den Dokter ass schonn als moyen agestuft“, meinte Ahlborn. Den steigenden Ausgaben der Ärzte hinsichtlich Bau, Miete, Löhne oder Anschaffung von Material und Informatik werde damit nicht Rechnung getragen. Der „Extrahospitalier“ werde gegenüber dem „Hospitalier“ benachteiligt, ein Arzt könne seinen hippokratischen Eid heute nicht mehr leisten, ohne „seine Existenz aufs Spiel zu setzen“, sagte Ahlborn. „Déi féierend Leit aus der Sécurité sociale an der CNS an och vun der Politik“ würden sich mitschuldig machen am „ausdauernde Verbriechen un eisem Gesondheetssystem“, indem sie diesen Zustand bewusst oder unbewusst verschweigen. Die Konventionierung mit der CNS bezeichnete er schließlich als „Proxenetismus“.
Die Forderung der Ärzteschaft nach mehr Geld kollidiert nicht erst seit heute mit dem Haushalt der CNS, für den die IGSS 2025 ein Defizit von 118,6 Millionen Euro prognostiziert, das im nächsten Jahr auf 209,3 Millionen Euro steigen soll. 2027 soll die Reserve der Krankenversicherung unter die gesetzlich vorgeschriebene Mindestgrenze von zehn Prozent der laufenden Ausgaben sinken. In dem Fall sieht der „Code de la Sécurité sociale“ vor, dass die CNS ihre Beiträge erhöhen muss. Erste Simulationen hätten gezeigt, dass der Beitragssatz von 5,60 auf 5,85 Prozent steigen müsse, sagte Martine Deprez am Montag, wovon jeweils die Hälfte der Versicherte und der Arbeitgeber zahlen. In einem Jahr sollen weitere Berechnungen vorliegen. Hauptgrund für die finanzielle Notlage seien ein Rückgang der Beschäftigung und damit der Beitragszahler sowie steigende Ausgaben, unter anderem wegen der alternden Bevölkerung und des immer größer werdenden Einzugsgebiets, sagte die Gesundheits- und Sozialministerin. Die Hoffnung, dass das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung wieder steigen, gibt sie nicht auf.
140 Millionen
Um die Lage zu „redresséieren“, waren bei der letzten Herbst-Quadripartite zwei Arbeitsgruppen eingesetzt worden. Die Regierung leistet ihren „Obolus“ durch eine Erhöhung des Pauschalbetrags für die „Assurance maladie-maternité“ von 20 Millionen auf 59 Millionen Euro. CSV-Finanzminister Gilles Roth hatte das vergangene Woche bei der Vorstellung des Staatshaushalts im Parlament angekündigt. Die Maßnahmen, die der Verwaltungsrat der CNS am Montag beschlossen hat, sind weniger greifbar: Sie reichen von „Maîtrise médicalisée“ (unnötige Ausgaben streichen) über ein Screening der Ausgaben und sollen dazu führen, dass kurzfristig bis zu 60 Millionen Euro und langfristig weitere 80 Millionen Euro über legale und reglementarische Veränderungen eingespart werden können – insgesamt also 140 Millionen Euro bis 2028, wenn eine erneute Quadripartite mit dem Finanzminister stattfinden soll. Die „Maîtrise médicalisée“ soll beispielsweise bei der Verschreibung von Medikamenten, Analysen und Physiotherapien zum Einsatz kommen.
Um der AMMD entgegenzukommen, die in den vergangenen Monaten wiederholt geklagt hatte, dass im Verwaltungsrat der CNS zwar Patronat und Gewerkschaften, doch keine Mediziner sitzen, ruft Martine Deprez ein „Comité stratégique“ ins Leben, in dem neben den Sozialpartnern auch Vertreter der Ärzteschaft mitarbeiten sollen.
Nachdem sie sich in den vergangenen zwei Jahren eigenen Aussagen zufolge 20 Mal mit der AMMD getroffen hatte, will sie in den kommenden Wochen ein „formaalt Gespréich“ mit der Vereinigung der Ärzte und Zahnärzte über Arztgesellschaften und die ambulante Wende führen.
Die haben schon Recht zu meckern, Tarife wurden gekürzt. Letztes Jahr 62,10 € laut Tarif, ab diesem Jahr nur noch 59,50 € für den Besuch beim Doktor des Vertrauens.
Rezepterneuerung damals 19,80€ heute nur noch knappe 19,00.
Ob diese Ministerin die Quadratur des Zirkels lösen kann, das wage ich zu bezweifeln, aber unser CEO wird es dann wohl richten müssen...
Ohjemineh...hei am Frankreich ass virun kurzer Zeit d'Visite beim Généraliste vun 26 op 30 Euro'en geheïcht gin....une révolution!
D'Dokteren, mat hiren villen Kontrollvisiten, bauen sech eng Stammklientell ob, dei' dann hiren ganzen Emsatz finanzei'ert. Dofir kridd och kaum nach nei R.d.v. an dann so'en se "Mir huelen keng nei Patienten" , oder besser Clienten op.
Vill Dokteren behuelen sech net mei' als Dokter am Dengscht vum Patient, mee als knallhard Geschaeftsleit.
Im Vergleich mit anderen EU-Ländern, Deutschland, Frankreich etc . sind unsere Medizinmänner und Frauen gut bezahlt, also eine Schande jetzt noch mehr zu wollen.
"dass die Anschaffungskosten für teure Geräte in Arztpraxen, anders als in Krankenhäusern, nicht von der CNS bezahlt werden müssten."
Stimmt, CNS übernimmt nur einen Teil davon, den Rest zahlt der Patient, und das mehrfach, jetzt schon.
H. Laboulle, warte immer noch auf die Liste der AMMD!
Wie gesagt ihr Herren in Weiß.Kommt zu euren Kollegen nach Frankreich.Ihr werdet gebraucht,verdient aber nur die Hälfte. Ihr klagt auf sehr hohem Niveau.