Zwischenbilanz der Reform im Parlament 600 zusätzliche Polizisten bis 2022

Zwischenbilanz der Reform im Parlament  / 600 zusätzliche Polizisten bis 2022
Die Polizeireform und deren Umsetzung wurde im Parlament ausführlich behandelt Foto: Editpress

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Die Polizeireform von 2018 stand im Mittelpunkt der gestrigen Parlamentssitzung. Minister François Bausch legte eine Zwischenbilanz der Umsetzung der noch jungen neuen Organisationsform vor und  betonte, wie übrigens Sprecher aller Parteien, die dringende Notwendigkeit zur Personalaufstockung. Bis 2022 sollen 607 zusätzliche neue Beamte und 240 zivile Mitarbeiter rekrutiert werden. 

Ehe es allerdings zu der Konsultationsdebatte über die Reform kommen konnte, sprach CSV-Fraktionschefin Martine Hansen zum Reglement und warf dem Kammerpräsidenten vor, die Dringlichkeitsfragen der CSV konsequent nicht zuzulassen. Dies führte zu einer heftigen Diskussion über die Praxis der parlamentarischen Fragen und ihrer Beantwortung durch die Regierung, bei der sämtliche Oppositionsparteien sich über die späten und oft unzureichenden Antworten beschwerten. Kammerpräsident Fernand Etgen verwies auf eine mögliche anstehende Änderung des entsprechenden Reglements, rechtfertigte seine Entscheidungen und verwies auf die fehlerhafte Form der angesprochenen Fragen – was ihm den Zorn der CSV-Fraktion einbrachte, wohl auch, weil er dem Christlich-Sozialen Gilles Roth das Wort mit dem flapsigen Spruch, dieser wolle seinen „Pefferkär“ beisteuern, gab. Etgen sei auf dem Posten überfordert, die Kammer sei kein Bimbo-Theater … der harsche Ton war vorgegeben und sollte später Innenministerin Taina Bofferding treffen, deren Antwort auf eine Frage von Laurent Mosar zum Vorkaufsrecht von Immobilien der Gemeinden nicht zu dessen Zufriedenheit ausfiel. Er habe präzise Fragen gestellt, die nicht beantwortet wurden, monierte der Abgeordnete, der Bofferding unterstellte, sie habe die Fragen nicht verstanden, und der Regierung vorwarf, sie respektiere das Parlament nicht.  

Umstrittener Vorschlag zurückgezogen

Dabei hatte der parlamentarische Tag zur Mittagszeit recht konsensuell begonnen, so jedenfalls das Resümee der Sitzung der Präsidentenkonferenz und des Büros des Parlaments mit Staatsminister Bettel und Gesundheitsministerin Lenert, bei der die Regierung die umstrittene Idee fallen ließ, nach dem dreimonatigen Krisenzustand mit Sonderrechten der Regierung, nach dem 21. Juni im Bedarfsfall mit Reglementen zu regieren. Vielmehr sollen nun zwei zeitlich beschränkte Gesetze, eines zu Corona und den physischen Personen und ein weiteres zur Krise und zur Wirtschaft, ausgearbeitet werden, mit denen die Notstandsregeln oder andere Einschränkungen und Maßnahmen falls notwendig auch nach dem 21. Juni eine gesetzliche Basis haben werden. 

Auch bei der Verleihung des Ehrentitels des Parlamentariers an den LSAP-Politiker Alex Bodry herrschte noch Harmonie, die sich – wie beschrieben – schnell ins Gegenteil wandelte.

Gesitteter ging es dann allerdings wieder bei der von Minister Bausch angeregten Konsultationsdebatte zur Umsetzung der Polizeireform aus dem Jahr 2018 zu. Die Reform wurde von seinem Vorgänger im Amt, Etienne Schneider, ausgearbeitet; die Umsetzung obliegt nun Bausch, der eingangs seiner Ausführungen betonte, die Polizei habe das Gewaltmonopol im Staat und damit eine große Verantwortung. Die verschiedenen Reformen, die 1999 mit der Fusion von Polizei und Gendarmerie begannen, hätten das dynamische Bevölkerungswachstum nicht ausreichend berücksichtigt, die zu geringe Personalstärke sei denn auch das Hauptproblem bei der Umsetzung der Reform. Eine Rekrutierungskampagne werde noch in diesem Jahr gestartet, 200 Beamte sollen laut Vorstellungen des Ministers noch in diesem Jahr eingestellt werden. Bis 2022 sollen 607 zusätzliche Beamte und 240 zivile Mitarbeiter eingestellt werden. So soll garantiert werden, dass das Ziel der Reform, eine effizientere Polizei, die nahe am Bürger und sichtbar ist, erreicht wird. 

Neue Polizeischule, neue Kommissariate

Der Minister ging weiter auf die zahlreichen Aspekte der Reform ein, die u.a. eine neu aufgestellte „Inspection générale de la Police“, weniger, aber stärker besetzte Kommissariate, eine strukturierte Direktion und vieles mehr umfasst. Verschiedene Kommissariate seien, so habe er bei Besuchen vor Ort feststellen müssen, in einem desolaten Zustand, so etwa Esch und Differdingen, andere seien nicht zweckmäßig für ihre Bestimmung. Mehrere Neubauten seien deshalb geplant, es werde viel in die Infrastruktur investiert werden, so auch in eine neue Polizeischule. Die Reorganisation der „Police judiciaire“ bringe positive Resultate, ebenso wie die Reform der „Police administrative“, zu deren Arbeitsbereich noch einige rechtliche Punkte geklärt werden müssen. 

Neben der personellen Verstärkung sieht Bausch eine Reihe von Möglichkeiten zur Entlastung der Polizisten; so könnten etwa Gefangenentransporte von anderen Kräften übernommen werden, digitale Potenziale sollen ausgeschöpft werden und gebührenpflichtige Verwarnungen müssten nicht unbedingt von Polizeibeamten eingetrieben werden. 

CSV-Sprecher Léon Gloden bescheinigte Bausch eine größere Bereitschaft zum konstruktiven Austausch, sieht die wichtigsten Ziele der Reform aber noch nicht erreicht. Mehr Präsenz der Polizei auf dem „Terrain“ könne er nicht feststellen und er frage sich, woher die zusätzlichen 847 Mitarbeiter in den kommenden drei Jahren kommen sollten. In diesem Sinn schlug die CSV vor, künftig auch Nicht-Luxemburger als Polizisten einzustellen, die dann schneller die Luxemburger Nationalität bekommen könnten. Voraussetzung sei das Beherrschen der luxemburgischen Sprache. Der Vorschlag wurde von fast allen Parteien (und vom Minister) begrüßt, die entsprechende Motion wurde mit Gegenstimmen der ADR und bei Enthaltung von „déi Lénk“ angenommen. Die Mehrheitspolitiker Claude Lamberty (DP), Dan Biancalana und Stéphanie Empain („déi gréng“) unterstrichen die Vorzüge der Reform und verwiesen auf das Personalproblem, während Fernand Kartheiser (ADR) sich wünschte, dass Polizisten bei Bagatellverstößen auch mal durch die Finger schauen dürften, und Marc Baum („déi Lénk“) einen Widerspruch in dem Anspruch der Bürgernähe einerseits und der Zentralisierung andererseits ausmachte. Marc Goergen (Piraten) war als letzter Redner eingeschrieben. Weitere parlamentarische Konsultationen zum Thema sollen in den kommenden Jahren die Reform begleiten.