Tourismus in der PandemieMinister Lex Delles im Interview: „Träume jetzt, reise später“

Tourismus in der Pandemie / Minister Lex Delles im Interview: „Träume jetzt, reise später“
Ein Hauch Normalität: „Niemand wird bestraft, wenn er seine Terrasse am Mittwoch nicht öffnet – deshalb laufen die Beihilfen auch weiter“, sagt Tourismusminister Lex Delles Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Das Jahr Pandemie hat dem Tourismus in Luxemburg schwer zugesetzt. Der zuständige Minister kann ein Lied davon singen. Es freue ihn aber, dass viele Menschen die Qualität von Ferien zu Hause entdeckt haben. Das liege auch an den 50-Euro-Gutscheinen, die bis Mitte September verlängert werden. Er begrüße auch, dass die Terrassen ab nächsten Mittwoch vorsichtig öffnen können. Wer es allerdings nicht tut, werde nicht bestraft. Die Beihilfen laufen weiter. Falls nötig auch über Juni hinaus, so Lex Delles. Ein Gespräch.

Tageblatt: Ostern können wir auch dieses Jahr „knicken“ …

Lex Delles: … aber nein, Ostern ist immer noch Ostern …

…  touristisch läuft aber nicht viel!

Tourismus ist natürlich, in der Situation, in der wir sind, etwas schwierig. Ostern wäre ja traditionell der Beginn der Saison.

Eben! Warum sollten denn Cafés und Restaurants nicht bereits am kommenden Wochenende ihre Türen, also Terrassen, öffnen?

Ich bin sehr froh, dass die Terrassen am 7. April, so wie es jetzt im Text vorgesehen ist, voraussichtlich, nach Möglichkeit, öffnen können. Diese Entscheidung ist getroffen worden, um dem Sektor etwas Luft zu verschaffen.

Ja, aber warum nicht ein paar Tage früher, an Ostern?

Man kann natürlich immer darüber diskutieren, ob etwas später oder etwas früher. Ich bin aber bereits sehr froh, dass wir diese Möglichkeit überhaupt haben. Es ist eine mutige Entscheidung gewesen und sie zeigt, dass der Horeca-Sektor auch Teil der Lösung ist.

Wir reden immer von der Möglichkeit, aber wie ist es mit der Gewissheit? Werden die Terrassen am nächsten Mittwoch öffnen?

Der Premierminister hat ja bereits vergangene Woche gesagt, dass die Entwicklung der Corona-Zahlen eine wichtige Rolle spielt.

Und das Ausland funkt uns da nicht rein?

Wir sind hier in Luxemburg. Wir sehen uns die Zahlen der Neuinfektionen an, die Belegung in den Krankenhäusern … Bis jetzt (Stand 31. März) bin ich immer noch hoffnungsvoll, dass geöffnet werden kann.

Nun denn. Freuen wir uns auf den 7. morgens um 6 Uhr. Um 18 Uhr abends ist ja dann wieder Schluss. Natürlich könnte man lange darüber diskutieren, warum 18 Uhr …

Wäre es 19 Uhr, dann würden wir darüber reden, warum nicht bis 20 Uhr …

Aber die Leute, die erst gegen 18 Uhr von der Arbeit kommen, können sich dann nicht auf einer Terrasse entspannen …

Es ging ja eben gerade darum, nicht die Möglichkeit für ein „After-Work“ zu schaffen, wo sich wieder viele Menschen treffen können. Hier ist jetzt eine leichte – sehr kleine Öffnung, um sehr vorsichtig eine Möglichkeit zur Normalität zu geben.

Nicht alle aber werden das nutzen, einige haben ja schon angekündigt, dass sie nicht öffnen werden, weil es sich nicht lohnen würde.

Deshalb laufen die Beihilfen ja auch weiter. Niemand wird bestraft, wenn er nicht öffnet. Hier sollte eine Möglichkeit geschaffen werden, um ein klein wenig Normalität zurückzubekommen, sowohl für die Gäste wie für die Gastgeber. Aber wie gesagt, die Beihilfen laufen weiter, sowohl die für „ungedeckte Kosten“ wie die für „Wirtschaftsförderung“. Das gilt einstweilen bis Juni, kann aber angepasst werden, wenn und wo es nötig sein sollte. So haben wir das immer gehandhabt.

Was ist bisher ausgezahlt worden?

Die Generaldirektion für den Mittelstand hat seit Anfang der Pandemie über 326 Millionen Euro an Hilfen ausgezahlt. Davon brauchen fast 197 Millionen nicht zurückerstattet zu werden. Rund 92 Millionen, davon etwa 70 Millionen, die nicht zurückgezahlt werden müssen, gingen an den Tourismussektor, wie zum Beispiel an das Hotel- und Gaststättengewerbe. Im Rahmen des Tourismusfonds erhielten Syndikate oder Vereinigungen ohne Gewinnzweck, die eine touristische Einrichtung betreiben, in der Corona-Krise bisher 2,5 Millionen Euro.

Und Kurzarbeit oder betrieblich bedingte Arbeitslosigkeit?

Das obliegt ja den zuständigen Ministern für Wirtschaft und Arbeit. Mir fehlen da noch die Details, ich hatte darüber noch keine Unterredung mit den Herren Fayot oder Kersch.

Gut. Zurück zu Ihrem Aufgabenbereich. Alles in allem sind es keine glorreichen Zeiten, natürlich auch für den Tourismus nicht. Es fehlt vor allem die Planungssicherheit.

Es war bisher ein ganz schwieriges Jahr für den Tourismus. Regional gibt es wohl Unterschiede. Verschiedene Gegenden haben besser funktioniert als andere. Die Stadt Luxemburg und Umgebung zum Beispiel. Die leben viel vom Geschäftstourismus, der am stärksten eingebrochen ist. Er ist als Erstes in die Krise geraten, wird aber nicht als Erstes wieder rauskommen. In anderen Gegenden ist das leicht anders.

Welche Perspektiven bieten Sie den Menschen, die Tourismus in Luxemburg machen wollen?

Wir haben gesehen, dass in der Pandemie der Inlandstourismus wiederentdeckt wurde und sich neue Perspektiven eröffnet haben. Ich möchte nicht behaupten, dass das am Gutschein von 50 Euro liegt, ich meine aber, dass die Luxemburger und Grenzgänger unser Land in den vergangenen Monaten anders entdeckt haben und vielleicht zum ersten Mal an Orten in Luxemburg waren, die ihnen sehr gefallen, die sie aber nie vorher gesehen haben. In Umfragen haben eine Mehrheit der Hoteliers und Campingbetreiber angegeben, dass die Zahl der Gäste aus Luxemburg 2020 gewachsen ist. Das kann viele Ursachen haben. Sicher aber liegt es auch am pandemiebedingten kurzfristigen Buchen. Das hat sehr zugenommen und färbt sich auch auf unsere Werbeaktionen ab.

Werbeaktionen?

Es sind auch schwierige Zeiten für „Luxembourg for Tourism“ (LFT), das ja im Ausland für unser Land wirbt …

Ich meinte eher die Kampagnen für die Einheimischen …

Da kommt einiges. „Lëtzebuerg, dat ass Vakanz“ wird verlängert. Es geht darum, die attraktivsten Orte des Landes hervorzuheben und zu zeigen, dass man im Großherzogtum Ferien machen und sich als Tourist fühlen kann. Dann haben wir den „Vëlosummer“, der letztes Jahr sehr gut funktioniert hat. In dem Rahmen läuft dann auch der nationale Gepäckdienst. Also Radfahren oder Wandern, ohne lästiges Gepäck mitzuschleppen, das übernimmt ein anderer – gratis! Zudem haben wir noch andere Projekte, wie zum Beispiel „Guide for one day“.

Die Konkurrenz ist groß. Das sehen wir besonders jetzt auch über Ostern. Da zieht es die Menschen per Flieger in entferntere Gegenden, wo die Bedingungen, zumindest zurzeit, etwas anders sind als hier im Lande. Kann man den Menschen in Luxemburg für den Sommer ein anderes Szenario bieten?

Ich denke, dass wir im Moment in einer Situation sind, in der jeder hofft, dass es schnellstmöglich vorbei sein wird …

… und so sein wird wie im letzten Sommer?

Ja, und vielleicht sogar noch besser, durch die Impfung zum Beispiel. Jeder wartet ja nur darauf, wieder richtig loslegen zu können. Aber ich kann im Moment nichts versprechen.

Die Gaststättenbetriebe warten darauf, durch eigene Arbeit eigenes Geld zu verdienen, das können sie aber nur, wenn sie unter halbwegs normalen Bedingungen öffnen und arbeiten können. Auch ab dem 7. April ist das selbst unter besten Voraussetzungen nicht möglich.

Die mögliche Öffnung am kommenden Mittwoch ist ja keine Eröffnung des Horeca-Sektors. Das sollte auch nicht so verstanden werden. Das ist ein sehr, sehr kleiner Schritt, unter Berücksichtigung vieler sanitärer Maßnahmen. Eine Eröffnung ist das nicht.

Stichwort Übernachtungsgutscheine. Es ist nach Einschätzung vieler die richtige Entscheidung gewesen,  die 50-Euro-Gutscheine, wie Premierminister Bettel das bereits letzte Woche angekündigt hat, bis zum 15. September zu verlängern. Jetzt sagen Sie mir, dass das sowieso schon eine Erfolgsgeschichte ist …

Wäre ja auch merkwürdig, wenn ich das Gegenteil behaupten würde …

Eben, fragen Sie den Metzger, ob sein Steak zart ist. (Lex Delles lacht.) Beschränken wir uns auf die Fakten. Von 730.096 Gutscheinen sind fast 110.000 (Stand 31. März genau 109.970) eingelöst worden. Das entspricht einer Direkthilfe von annähernd 5,5 Millionen Euro. Bei Einlösung aller Gutscheine wären es 36,5 Millionen Euro. Da ist doch noch viel Luft nach oben …

Meiner Meinung nach sollte man nicht nur die nackten Zahlen betrachten, sondern analysieren, welche Auswirkungen die bisher eingelösten Gutscheine haben. Fast 110.00 eingelöste Gutscheine sind genauso viele Menschen, die irgendwo in einer Beherbergungsstruktur im Land übernachtet haben. Abgesehen davon, dass sie mehr ausgegeben haben als die 50 Euro pro Kopf für die Übernachtung, ist es eine gute Mund-zu-Mund-Werbung für unseren Tourismus. Diese Menschen haben das Land besucht und erzählen darüber. Die Einlösung des Gutscheines ist kurzfristig. Mittel- und langfristig ist wichtig, dass etwas hängenbleibt, dass die Menschen erzählen, was sie erlebt haben, und dass sie andere mitreißen und wiederkommen.

Diese Gutscheine wurden jetzt zum zweiten Mal verlängert. Kommt noch ein drittes Mal dazu oder ist am 15. September definitiv Schluss?

Ja, Mitte September laufen die Gutscheine definitiv ab. Dann ist Schluss. Dann hatten sie ein Jahr und drei Monate Gültigkeit. Ich bin mir sicher, dass noch viele Einheimische oder Grenzgänger sie in den nächsten Wochen und Monaten einlösen werden.

Es ist ja auch als Anreiz in der Krise gedacht gewesen, nicht unbedingt als Geschenk …

Es ist kein Geschenk, es ist eine Hilfe für das Übernachtungsgewerbe und Teil einer Strategie, die langfristig zeigen soll, dass Luxemburg ein Land ist, wo man Ferien machen kann.

Was sind denn bisher die „Vakanz Doheem“-Destinationen des Tourismusministers gewesen?

Ich war letzten Sommer in Luxemburg-Stadt, in einem Hotel auf Kirchberg. Das war sehr angenehm. Wir hatten auch einen Reiseführer. Ich habe Sachen gesehen, an denen ich bestimmt schon hundertmal vorbeigerannt bin, ohne zu wissen, um was es sich handelt. Vor der Krise habe ich Urlaub in Vianden gemacht. Auch das war eine sehr schöne Erfahrung, weil ich mir mehr Zeit nehmen konnte, auch um das Schloss zu besichtigen und mich als richtiger Tourist auf die Sachen einzulassen.

Eine Erfahrung, die wohl viele Bürger gemacht haben.

Unser Land und seine touristischen Möglichkeiten wurden wiederentdeckt. Das sieht man auch an den zahlreichen Fotografien auf Facebook, die auf den Rundwanderwegen des Landes gemacht wurden …

Das Buch ist ja auch ein Bestseller …

… und schon wieder nachgedruckt.

Gut. Jeder zieht so seine Lehren aus zwölf Monaten Pandemie. Was sagt der Tourismusminister?

In einem Jahr Pandemie sieht man erstens, dass sich viele Akteure neu aufgestellt haben, zum Beispiel in der Digitalisierung. Da waren einige bereits sehr weit, andere steckten noch in den Kinderschuhen. Es war gut, dass einige bereits einen Schritt weiter waren und sich schnell anpassen konnten. Zum Beispiel, als es letzten Sommer darum ging, dass einige der touristischen Stätten nur von einer begrenzten Anzahl an Gästen besucht werden dürfen, dass also Reservierungen nötig waren. Gut, dass es da bereits Möglichkeiten gab, das zu organisieren.

Was man noch gesehen hat, ist die Kommunikation im Ausland über Luxemburg als touristische Attraktion …

Richtig, das haben wir vorhin vergessen, als wir über Standortwerbung geredet haben.

Diese Kommunikation ist sehr schwer. Gerade jetzt. Wie kann Luxemburg sich als touristischer Zielort im Ausland darstellen, wann machen wir Werbung, wie soll die aussehen, wo machen wir sie? „Luxembourg for Tourism“ ist bereit, aber ich trete etwas auf die Bremse, was unsere Kommunikation im Ausland anbelangt.

Im Moment ist die Situation ja etwas speziell. LFT ist da, um unseren Tourismus zu fördern. Da ist aber Fingerspitzengefühl verlangt. Es gibt die Überlegung des „Träume jetzt, reise später“. Es geht wohl darum, Werbung zu machen, denn die Menschen informieren sich jetzt überall über ihre mögliche Reise im Sommer. Einerseits geht es also drum, auf uns aufmerksam zu machen, damit wir nicht vergessen werden, andererseits soll es aber keine Aufforderung oder Einladung sein, jetzt hierherzukommen. Das ist wie gesagt keine einfache Situation für unsere Kommunikation im Tourismus.

Das Interview haben wir am Mittwochnachmittag geführt.

50-Euro-Gutschein verloren

Wer seinen Gutschein noch nicht eingelöst, aber verloren hat oder nicht wiederfinden kann, der braucht nicht zu verzagen. Einfach eine Mail schicken an bon50@eco.etat.lu, Namen und Sozialversicherungsnummer angeben. Eine Kopie des Gutscheins wird dann zugeschickt.

Voyages Cannabis
5. April 2021 - 18.19

D´Leit sin nervös a wellen fleien. Den Turmes wollt schon vum Molkereis Dach fort fleien. Wat den eppes opferiert. Esou behellt dach ken Minister sech?

Grober J-P.
3. April 2021 - 9.39

Möchte den 50 € Gutschein in Monaco oder Dubai einlösen, geht das?

Pol Nicolas
2. April 2021 - 12.37

Déi meescht Leit halen sech un d'Regierungsrecommandatiounen. Ausser Politiker, déi kucken nett em. Beispiller vu Politiker déi sech während der Kreschtvakanz nett dru gehalen hunn, ginn et der jo bekanntlech vill.