DeutschlandÜberraschende Einlassung im Polizistenmord-Prozess: Angeklagte weist Vorwürfe zurück

Deutschland / Überraschende Einlassung im Polizistenmord-Prozess: Angeklagte weist Vorwürfe zurück
Kusel: Blumen und Kerzen stehen im Februar an dem Tatort, an dem Ende Januar zwei Polizeibeamte bei einer Verkehrskontrolle erschossen wurden Foto: dpa/Sebastian Gollnow

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Im Polizistenmord-Prozess in Kaiserslautern widerspricht der Hauptangeklagte in einer langen Einlassung den Vorwürfen. Zeugen erzählen von Schüssen der Tatnacht.

Im Mordprozess um zwei erschossene Polizisten Ende Januar nahe Kusel (Pfalz) hat der Hauptangeklagte die Vorwürfe in seiner ersten persönlichen Erklärung zurückgewiesen. Vor dem Landgericht Kaiserslautern sagte der 39-Jährige am Dienstag, er habe bei einer nächtlichen Fahrzeugkontrolle zwar mit einem Gewehr drei Schüsse auf einen Polizisten abgegeben – dieser habe aber zuerst geschossen.

„Das hat vor mir aufgeblitzt, das hat ins Fahrzeug eingeschlagen. Ich konnte die Situation gar nicht greifen“, sagte der Mann in seiner rund zwei Stunden langen Einlassung, gelegentlich von Schluchzen unterbrochen. Die Erklärung war nicht angekündigt worden und erfolgte überraschend inmitten der Zeugenvernehmung am dritten Verhandlungstag. Er habe sich dazu entschlossen, weil die Prozessführung fair sei, sagte der Hauptangeklagte.

Während er für sich eine Art Notwehrlage schilderte, gab er dem Nebenangeklagten – seinem Komplizen in der Tatnacht – die Schuld am Tod der Polizistin bei der Verkehrskontrolle. Der 33-Jährige habe die Frau erschossen. Richter Raphael Mall sagte nach der Einlassung: „Ich muss das noch kurz für mich sacken lassen.“

Polizist schießt Magazin leer – erfolglos

Eine ähnliche Erklärung hatte der Hauptangeklagte zu Prozessbeginn von seinem Anwalt verlesen lassen. Der Verteidiger des 33-Jährigen hatte den Vorwurf gegen seinen Mandanten zurückgewiesen.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Hauptangeklagten vor, vor fünf Monaten eine 24 Jahre alte Polizeianwärterin und einen 29 Jahre alten Polizeikommissar ermordet zu haben, um Jagdwilderei zu verdecken.

Die Ermittler gehen von einem Feuergefecht zwischen dem Polizeikommissar und dem Hauptangeklagten aus. Der Polizist soll das Magazin seiner Dienstpistole leer geschossen haben – ohne den Angreifer zu treffen.

Die Gewalttat sorgte bundesweit für Entsetzen. Dem Komplizen wirft die Anklagebehörde versuchte Strafvereitelung vor. Er soll zwar beim Spurenverwischen geholfen, aber nicht geschossen haben. Der nächste Prozesstag ist für Donnerstag (9.00 Uhr) geplant.

„Wie ein finaler Fangschuss“

Am Dienstag schilderten Zeugen einen dramatischen Schusswechsel in der Tatnacht. „Das war bumm bumm“, sagte ein 47 Jahre alter Anwohner. Schüsse aus Gewehr und Pistole seien deutlich zu vernehmen gewesen. Ein weiterer Zeuge hörte jemanden „Bleib stehen“ schreien und ebenfalls zahlreiche Schüsse. „Das waren mehrere Schussfolgen. Fast wie eine Feuerwerksbatterie“, sagte der ebenfalls 47 Jahre alte Mann und klopfte im Gerichtssaal viermal laut mit geballter rechter Hand rhythmisch auf den Tisch.

Mehrere Zeugen berichteten von einem deutlichen, harten letzten Knall – „wie bei einem finalen Fangschuss bei Tieren“, sagte ein 65 Jahre alter Zeuge. Auch Tonaufnahmen einer Überwachungskamera unweit des Tatorts wurden abgespielt. Darauf waren die Schüsse deutlich zu hören. Bisher sind vom Landgericht Termine bis zum 9. September vorgesehen – allerdings prüft das Gericht bereits weitere Termine bis 19. Oktober.

Dem Magazin Stern zufolge soll der Hauptangeklagte in der Vergangenheit mehrfach angekündigt haben, zu schießen, falls er beim Wildern ertappt werde. Das gehe aus Ermittlungsakten hervor, berichtete das Blatt. So habe etwa ein langjähriger Jägerfreund des 39-Jährigen ausgesagt, dieser habe erzählt, dass er grundsätzlich eine Schrotflinte bei sich habe – und sich damit den Weg freischießen werde, falls er beim Wildern kontrolliert werde. Weitere Menschen sollen der Polizei von ähnlichen Äußerungen berichtet haben.