Kopf des Tages25. Todestag von Magda Schneider: Romys Mutter – Hitlers Liebling?

Kopf des Tages / 25. Todestag von Magda Schneider: Romys Mutter – Hitlers Liebling?
 Foto: dpa/Georg Göbel

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25. Todestag von Magda Schneider

Mehr als 1.000 Kilometer entfernt von der kleinen Gemeinde Boissy-sans-Avoir westlich von Paris, in der ihre Tochter Romy beerdigt wurde, ist Magda Schneider begraben. Vor alpiner Kulisse befindet sich ihr Grab auf dem Bergfriedhof in Schönau am Königssee. Romy Schneider starb Ende 1982 mit 43, ihre Mutter wurde mehr als doppelt so alt. Sie starb vor einem Vierteljahrhundert (30.7.) im Alter von 87 Jahren.

Auch 25 Jahre nach dem Tod ist das Leben des einstigen Ufa-Stars, an den sich Millionen vor allem als herzliche Mutter aus Ernst Marischkas „Sissi“-Filmen erinnern, noch Spekulationsstoff.

Magda Schneider sei friedlich in ihrem Bauernhaus eingeschlafen, hieß es am Tag nach ihrem Tod, am 31. Juli 1996. Das hübsche „Haus Mariengrund“ in Schönau bei Berchtesgaden war seit Mitte der 30er Jahre ihr Refugium. Hier verlebte auch die kleine Romy ihre Kindheit.

Das Haus steht nicht weit vom Obersalzberg, also dem Bergrücken am fast 1.900 Meter hohen Kehlstein, auf dem Adolf Hitler sein Landhaus zum repräsentativen Berghof ausbauen ließ.

Der Obersalzberg wurde in den 30ern sogenanntes Führersperrgebiet und war sowas wie die heimliche Hauptstadt, ein zweiter Regierungssitz der Nazis neben Berlin. Hitler verbrachte auf dem Anwesen ein Drittel seiner Regierungszeit – zusammengerechnet also fast vier Jahre.

Magda Schneider war dort auch zu Gast, Hitler war ein Fan ihrer Schauspielkunst, die junge Mimin wusste sich der Zuneigung des Diktators nicht zu erwehren. Oder wollte sie das gar nicht?

Magda Schneider sei eine Opportunistin gewesen, sowohl bei den Nazis als auch später in den 50ern, sagt die Publizistin und Feministin Alice Schwarzer in der Doku „Ein Abend mit Romy“ von 2017, die auf einem ausführlichen Gespräch mit Romy Schneider im Jahr 1976 beruht.

Schwarzer sagt darin auch, Schneider habe ihr damals anvertraut, dass sie glaube, ihre Mutter habe eine Affäre mit Hitler gehabt. Sie glaube das zwar nicht, betont Schwarzer, und nehme höchstens im übertragenen Sinne eine Beziehung an, doch führten diese Worte zum Wiederaufwärmen alter Gerüchte. Romys Ex-Mann Daniel Biasini empörte sich in der Gala, das sei „falsch“ und „absolut grotesk“. „Nachdem die arme Magda schon die Mätresse von Goebbels und Bormann gewesen sein soll, wird sie nun auch noch zur Konkubine von Hitler gemacht.“

Die Autorin Bettina Dahse betont in der Biografie und Widerschrift „Romy Schneider: Meine Mutter hatte KEIN Verhältnis mit Hitler“, viele Autoren machten aus Magda „eine kreuzbrave, alpenländisch verblödete, prüde, einfältige, pathologisch böse Monstrosität“. Und was Hitler angehe: Aus der „zufälligen und relativen räumlichen Nähe eine persönliche herzustellen“, das sei so, als sagte man, jeder Berliner sei wegen der Reichskanzlei dort ein Hitler-Fan gewesen.

Schon 2009 mussten wegen behaupteter Nazi-Nähe von Magda Schneider Textpassagen des Romy-Romans „Ende einer Nacht“ geschwärzt werden. Von den beanstandeten Stellen durfte lediglich der Satz „Mammerli war ein Nazi-Schatz“ verbreitet werden, weil es sich dabei „um keine Schmähkritik“ handle, urteilte das Landgericht Frankfurt. Das „postmortale Persönlichkeitsrecht“ stehe über der Kunstfreiheit.

Der Werdegang der 1909 in Augsburg geborenen Installateurstocher Magda Schneider glich zunächst einem Traum. Nach ersten Berufsjahren als Stenotypistin ließ sie sich als Sängerin ausbilden. Erste größere Erfolge hatte sie am Münchner Gärtnerplatztheater mit Operetten.

Ab den frühen 30ern wurde sie zum Kinostar, etwa mit „Zwei in einem Auto“ (1931). Die künstlerisch wohl wichtigste Rolle gab ihr Max Ophüls in der Verfilmung von Schnitzlers „Liebelei“ (1933); eine Rolle, die später auch Tochter Romy in „Christine“ (1958) an der Seite von Alain Delon verkörperte. Magdas langjähriger Filmpartner, der Österreicher Wolf Albach-Retty (förderndes SS-Mitglied und später auch NSDAP-Mitglied), wurde 1936 ihr erster Ehemann und Vater ihrer zwei Kinder Romy 1938 – eigentlich Rosemarie – und Wolf-Dieter 1941.

Nach der Scheidung heiratete sie 1953 den Kölner Gastronomen Hans Herbert Blatzheim. Ihre Karriere bekam neuen Schwung, als sie es vermochte, ihre Propagandafilm-Vergangenheit mit dem Talent der jungen Tochter zu überdecken. Romys Charisma überstrahlte alles.

Blatzheim plante eigennützig die Karriere der minderjährigen fotogenen Romy, bis sich die Stieftochter dagegen wehrte. Der Wirtschaftswunder-Profiteur sah in dem Teenager nur ein glamouröses Gesicht und bedrängte sie auch. Das Verhältnis blieb angespannt und sorgte auch für ein distanzierteres Verhältnis zwischen Mutter und Tochter. 1965 eröffnete Blatzheim im neuen Europa-Center in Berlin (West) Restaurants mit Romy Schneider als Stargast. Er starb 1968.

Schließlich wurde der Kameramann Horst Fehlhaber der Lebensgefährte von Magda Schneider. Er umsorgte die zuletzt fast Erblindete bis zum Schluss. In ihren Erinnerungen „Wenn ich zurückschau …“ (1990) beschrieb Magda Schneider ihr stets aufrechterhaltenes Selbstbild: „Ich war nie ein Luxusweibchen, sondern das, was ich oft auf der Leinwand gespielt habe: eine Frau aus dem Volk, die das Mundwerk und das Herz auf dem rechten Fleck hat.“ (dpa)

Erdinger
27. Juli 2021 - 12.08

Wow, das Sommerloch ist heuer aber sehr tief.