StaatsschuldenLuxemburg zählte 2020 zu den besten Schülern in Europa

Staatsschulden / Luxemburg zählte 2020 zu den besten Schülern in Europa
Die Corona-Krise hat Luxemburgs Haushaltsplanung aus der Bahn geworfen Foto: AFP/Miguel Medina

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Die Staatsschulden in der Eurozone sind letztes Jahr sprunghaft angestiegen, auf nunmehr 98 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Auch in Luxemburg hat sich, verglichen mit den Plänen von vor der Pandemie, die Entwicklung der Staatsfinanzen deutlich verschlechtert. Dennoch zählt das Land zu den Besten in Europa. Es hat seine Platzierung beim Verschuldungsgrad sogar verbessert.

In allen Mitgliedstaaten ist die Verschuldungsquote letztes Jahr gestiegen, berichtete Eurostat letzte Woche. Die Quote hat einen deutlichen Sprung nach oben hingelegt: Zum Ende des Jahres lag sie im Euroraum 14,1 Prozentpunkte höher als im letzten Quartal 2019 (von 83,9 auf 98 Prozent). Laut den (außer Kraft gesetzten) Regeln der Währungsunion sollte kein Land mehr als 60 Prozent Schulden haben. Die höchsten Anstiege wurden letztes Jahr in Griechenland, Spanien, Zypern, Italien und Frankreich verzeichnet.

In den Vorjahren sah die Lage in der Währungsunion besser aus. Einige Länder, darunter Österreich, Deutschland, Irland, die Niederlande, hatten die wirtschaftlich guten Jahre zum Senken der Schuldenquote genutzt. Der ehemalige Höchststand (94 Prozent Schulden zum BIP) im Währungsraum war seit Ende 2014 langsam abgebaut worden.

Mit Corona ist der Schuldenberg im Euroraum nun auf eine neue Rekordhöhe geklettert. Im Gegensatz zur Finanz- und Schuldenkrise von vor zehn Jahren hat es diesmal jedoch zu keinem Augenblick ein Land gegeben, das in die Insolvenz zu rutschen drohte. Zur Erinnerung: Im Oktober 2009 (bei einem Verschuldungsgrad von etwa 125 Prozent) begannen die Geldgeber Griechenlands nervös zu werden. Die Zinssätze (Risikoaufschläge) auf neuen Darlehen für das Land sprangen nach oben. Bei einem Verschuldungsgrad von unter 135 Prozent drohte die Zahlungsunfähigkeit, die EU war mit „Rettungspaketen“ eingesprungen.

Entwicklung der Verschuldungsquote einiger europäischer Staaten
Entwicklung der Verschuldungsquote einiger europäischer Staaten

Die höchsten Verschuldungsquoten werden heute, Eurostat zufolge, in Griechenland (206 Prozent), Italien (156 Prozent), Portugal (134 Prozent) und Spanien (120 Prozent) verzeichnet. Auch nicht gut schneiden Frankreich (116 Prozent) und Belgien (114 Prozent) ab. Das Außer-Kraft-Setzen der Stabilitätskriterien, der Europäische Wiederaufbaufonds und die Geldpolitik der EZB sorgen jedoch dafür, dass alle Mitgliedsstaaten stets genug Geld haben. Ein Großteil der neuen Staatsanleihen wird nach und nach bei der EZB landen. Sie will unter anderem bis Ende März 2022 Anleihen im Wert von 1,85 Billionen Euro kaufen.

Auch Luxemburg, das in den letzten zehn Jahren nicht zu den guten Schülern bei der Entwicklung der Staatsschuld gehört hatte, verbuchte 2020 einen Anstieg der Verschuldungsquote. Der Schuldenstand ist hierzulande um 2,9 Prozentpunkte auf 24,9 Prozent gestiegen. Nur Irland hat einen geringeren Anstieg (um 2,1 Prozentpunkte) verbucht. In den zehn Jahren vor Corona hatte sich die Summe der Schulden Luxemburgs jedoch mehr als verdoppelt.

Das Großherzogtum schneidet nun 2020 jedoch so gut ab, dass es sein Ranking innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten verbessert hat. So ist Luxemburg heute wieder zweitbester Schüler, was die Verschuldung angeht. Innerhalb der EU hat wieder nur noch Estland eine geringere Schuldenquote. Bulgarien, das Luxemburg vor zwei Jahren auf den dritten Platz verdrängt hatte, hat nun wieder eine höhere Schuldenquote als das Großherzogtum.

Aus Überschuss wird Defizit

Für den Luxemburger Finanzminister war das abgelaufene Jahr dennoch kein einfaches. Noch zum Ende des Jahres 2019, als der Haushaltsplan für 2020 erstellt wurde, wurde noch mit einem Überschuss von 757 Millionen Euro gerechnet. Schlussendlich jedoch scheint das Jahr mit einem Defizit von 2,6 Milliarden abgeschlossen worden zu sein, wie Finanzminister Pierre Gramegna diese Woche in der Chamber erläutert hatte. Die Schere von Ausgaben und Einnahmen ging – Corona-bedingt – derart weit auseinander, dass auch die traditionellen noch Mehreinnahmen bei den Sozial- und Rentenkassen den Unterschied nicht ausgleichen konnten.

Im laufenden Jahr soll es ähnlich gehen. Der 2019 geplante Überschuss sollte 2021 fast eine Milliarde Euro betragen. Mittlerweile wird mit einem Defizit von 1,36 Milliarden Euro gerechnet. Die Verschuldung sollte dieses Jahr leicht, auf 13,3 Milliarden Euro (oder 19,3 Prozent des BIP), ansteigen. Tatsächlich wird nun erwartet, dass sie 2021 auf 18,3 Milliarden (oder 26,9 Prozent des BIP) ansteigen wird.

Trotzdem kann der Finanzminister aufatmen. Die schlimmen Prognosen, wie sie im Oktober 2020 erstellt wurden, werden sich nicht erfüllen. Damals wurde erwartet, dass das Staatsdefizit 2020 bei rund fünf Milliarden – und im laufenden Jahr bei 1,74 Milliarden – liegen werde. Die Ergebnisse der ersten drei Monate 2021 geben Anlass zu einem gewissen Optimismus. Zudem wäre die Staatsschuld, laut dem Mehrjahresplan von Oktober, bereits in kommenden Jahr über die Marke von 30 Prozent gestiegen, die die Regierung laut Koalitionsvertrag nicht überschreiten wollte. 

Laut den neusten Prognosen der Regierung soll die Verschuldungsquote die Marke von 30 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung nun doch nicht überschreiten
Laut den neusten Prognosen der Regierung soll die Verschuldungsquote die Marke von 30 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung nun doch nicht überschreiten

Mit den neuen Prognosen sieht das alles gleich wieder viel besser aus. 2024 soll die Luxemburger Verschuldungsquote nun nicht bei 32,9 Prozent liegen, sondern bei 28,2 Prozent. Im Jahr darauf soll die Quote sogar wieder leicht fallen. Die Summe der Schulden, in Milliarden ausgedrückt, soll jedoch weiter steigen. Bis auf 22,3 Milliarden im Jahr 2025, wo diese Prognosen enden. Die Regierung setzt also darauf, dass die Luxemburger Wirtschaftsleistung auch weiterhin stark wachsen wird. Dann schrumpft das Gewicht der Schulden zum BIP ganz automatisch mit.

Langfristig sollte man sich jedoch „keine Illusionen machen“, schreibt die Luxemburger Zentralbank in ihrem Bulletin 2-2021. Zwar schütze die Aktivierung der Ausnahmeklausel für 2020 und 2021 die Mitgliedstaaten vorübergehend vor Sanktionen wegen einer Nicht-Einhaltung der Stabilitätskriterien, doch „sobald sich die negativen Auswirkungen der Krise verflüchtigt haben (…), werden in der Mehrzahl der Mitgliedstaaten Konsolidierungsmaßnahmen erforderlich sein, um die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten“ und um für die nächste Krise gerüstet zu sein.

An Luxemburg gewandt, hatte die „Cour des comptes“ Ende November bereits Sorgen angemeldet. Die Behörde wies darauf hin, dass Covid nicht die einzige Herausforderung sei, vor der das Land stehe. Doch es sehe aktuell danach aus, als müsse die Regierung – um die Auswirkungen jeglicher Krisen zu bewältigen – immer wieder auf neue, zusätzliche Schulden zurückgreifen, so die Behörde. Auch wenn der Schuldenstand Luxemburgs immer noch deutlich unter der europäischen Norm von 60 Prozent liege, so „gibt es keine Garantie dafür, dass diese Grenze in mehr oder weniger naher Zukunft nicht überschritten wird“, so der Rechnungshof damals. Die Behörde erinnert unter anderem an den Druck, den die Bekämpfung des Klimawandels, die demografische Entwicklung des Landes und kommende Krisen auf die öffentlichen Finanzen ausüben werden.

Wachstum und Haushaltsdefizite

Hintergrund der höheren Verschuldungsquote sind einerseits ein Einbruch der Wirtschaftsleistung und andererseits ein Anstieg der Haushaltsdefizite der Staaten. Beide Faktoren haben sich in der EU sehr unterschiedlich entwickelt: So ist das Wachstum im Euroraum 2020 um 6,6 Prozent eingebrochen, jedoch geht das von heftigen Rückgängen in Spanien (minus 10,8 Prozent), Italien (minus 8,9 Prozent), Griechenland (minus 8,2 Prozent) und Frankreich (minus 8,1 Prozent) bis hin zu deutlich gemäßigteren Rückgängen in den Niederlanden (minus 3,7 Prozent) und Luxemburg (minus 1,3 Prozent) und sogar einem Zuwachs von stattlichen 3,4 Prozent in Irland.

Bei den erwirtschafteten Haushaltsdefiziten sind die Unterschiede ähnlich groß: Gemessen am
BIP stieg das öffentliche Defizit im Euroraum von 0,6 Prozent im Vorjahr auf 7,2 Prozent im Jahr 2020. Europaweit schneidet Dänemark, mit einem Defizit von 1,1 Prozent, am besten ab. Damit hält sich Dänemark an die europäischen Stabilitätskriterien (Defizit unter drei Prozent) – ohne Mitglied im Währungsraum zu sein. Von den Euro-Ländern selber hält sich niemand an die Kriterien: Mit einem Defizit von 11 Prozent schneidet Spanien am schlechtesten ab, gefolgt von Griechenland, Italien, Belgien und Frankreich. Die geringsten Defizite verzeichneten 2020 Luxemburg (minus 4,1 Prozent), Deutschland (minus 4,2 Prozent) und die Niederlande (minus 4,3 Prozent).

Schlussendlich könnten die 2020-Zahlen für Luxemburg sogar noch besser ausfallen als aktuell angenommen. Europas Statistikamt hat „Vorbehalte zu den gemeldeten Daten“ geäußert: Dabei geht es um „die Buchung der Steuereinnahmen, die im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie auf künftige Jahre verschoben wurden“. Das Defizit für 2020 könnte um maximal 0,3 Prozentpunkte des BIP überschätzt werden, so die Statistiker.

Blücher
30. April 2021 - 11.55

Luxemburg wird als gelobtes „ een Land vun denen Beschten „ sich in der Zukunft wohl im Sitzenbleiben üben, die nächsten Generation die Schulden abtragen muss „ an den Rimm enger zéien. „ Nachdem viele Portugiesen das gelobte Gastarbeiterland Luxemburg verlassen , in Portugal das Leben erschwinglicher ist, das Land im Aufschwung ( Siege Artikel LW) , wird der zukünftige Luxemburger wohl die Erfahrung als Gastarbeiter im Ausland sammeln.