GrönlandWahlen als Richtungsentscheidung der  halbautonomen Insel

Grönland / Wahlen als Richtungsentscheidung der  halbautonomen Insel
Wahlplakate an einer Bushaltestelle in Nuuk Foto: dpa/Ritzau Scanpix/Emil Helms

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In Grönland wird am Dienstag via Neuwahlen über ein neues Parlament, aber auch über die künftige Unabhängigkeit der halbautonomen Insel entschieden. Dänemark bestimmt bislang die Sicherheits- und Außenpolitik des Landes. Doch über die Bodenschätze, die dank des Klimawandels leichter abbaubar sind, verfügt die Regierung in der grönländischen Hauptstadt Nuuk selbst.

Die Sozialdemokraten, die den Regierungschef Kim Kielsen stellten, überwarfen sich im Februar mit dem dänenfreundlichen Koalitionspartner „die Demokraten“ über den künftigen Abbau von Uran. Ursprünglich sollte im Süden Grönlands auf der Kvanefjeld-Mine, die dem chinesisch-australischen Konzern „Greenland Minerals“ gehört, künftig das radioaktive Metall sowie seltene Erden abgebaut werden. Doch bei den Sozialdemokraten übernahm Erik Jensen Ende 2020 den Parteivorsitz und setzte im Februar durch, dass das Projekt aufgrund der Proteste gegen den Uranabbau verschoben werden müsste. Daraufhin schieden die Demokraten aus der Regierung aus.

Dabei hat die Partei durchaus nicht nur ökonomische Argumente, wie etwa die aktuell hohen Preise für seltene Erden auf dem Weltmarkt auf ihrer Seite. Diese könnten klimafreundlich „für Magnete in Windkraftanlagen und Batterien in Elektroautos verwendet werden“, so Jens-Frederik Nielsen, Grönlands ehemaliger Minister für Wirtschaft und Bodenschätze. Die Protestgruppen fürchten jedoch Gesundheitsprobleme durch frei werdendes Uran.

Ohne Abbau von Bodenschätzen wird eine Unabhängigkeit Grönlands allerdings kaum möglich sein. Über zwei Drittel der Bevölkerung sprechen sich für eine Loslösung von Dänemark aus. Doch 42 Prozent der Bevölkerung nur unter der Voraussetzung, dass der Lebensstandard nicht sinkt. Dafür sorgt bislang Kopenhagen, das die 56.000 Grönländer mit umgerechnet mehr als 500 Millionen Euro jährlich finanziert, die Hälfte des Haushalts der Insel.

„Greenland Minerals“, ein Unternehmen, an dem ein chinesischer Investor mit dem größten Aktienpaket beteiligt ist, bietet für den auf 37 Jahre veranschlagten Rohstoffabbau einen Betrag von umgerechnet 200 Millionen Euro jährlich für die Regierung in der Hauptstadt Nuuk und mehrere hundert Arbeitsplätze für die Region. Allerdings wird Dänemark einen Teil seiner Beihilfen streichen, wenn die Gelder durch den Bergbau fließen sollten. Dies wird als Weg in die Unabhängigkeit gesehen, denn es gibt noch weitere Stellen zum Abbau von Bodenschätzen. Die Sozialdemokraten wollen dem Land zudem eine eigene Verfassung geben.

Grönland steht seit Jahren im Fokus der Großmächte USA, Russland und China, die um mehr Einfluss in der Arktis ringen. Der ehemalige US-Präsident Donald Trump sorgte im Sommer 2019 für Schlagzeilen, als er verkündete, die arktische Insel kaufen zu wollen, auf der die USA mit Thule eine wichtige Militärbasis unterhalten. Die USA haben 2020 ein Konsulat in Nuuk errichtet, Russland schickte einen Ehrenkonsul, Moskau soll an Ölförderungen in der Nähe Grönlands interessiert sein.

Inuit fordern generelles Förderverbot

Umgerechnet 200 Millionen Euro zusätzlich investierte die sozialdemokratische Regierung Dänemarks in die Verteidigungsausgaben für die arktische Insel: mittels neuer Drohnen und Schiffen will Kopenhagen die Küste sichern und russische U-Boote besser ausmachen. Bislang wurden auch alle Versuche Chinas von Dänemark abgeschmettert, Einfluss auf Grönland zu nehmen. So verdrängte Kopenhagen 2018 die chinesische Offerte für den Bau von drei Flughäfen und konnte selbst als Investor auftreten. Karsten Honge, Mitglied des Grönlandausschusses des dänischen Parlaments, erklärte auf Anfrage, dass Vertreter Chinas und der USA bei den lokalen Behörden massiv versuchten, Einfluss zu gewinnen.

Mittels „Greenland Minerals“ kann China demnächst einen Fuß in die Tür setzen. Obwohl das Thema brennend ist, haben sich viele der sieben grönländischen Parteien in Sachen Uran nicht wirklich festgelegt. Bis auf die Partei „Gemeinschaft der Inuit“, die ein generelles Förderverbot fordert. Sie war bei den vergangenen Wahlen die zweitstärkste Kraft.