AtomhaftungsgesetzHistorischer Moment oder unnützes Gesetz: Chamber zeigt sich gespalten

Atomhaftungsgesetz / Historischer Moment oder unnützes Gesetz: Chamber zeigt sich gespalten
Cattenom und Atomkraft waren wieder einmal Thema im Parlament Foto: Editpress

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Ob das am Dienstag verabschiedete Gesetz zur Haftung bei Atomunfällen nun einen historischen Moment darstellte oder praktisch nicht umsetzbar ist, darüber schieden sich während der Debatten die Geister im Parlament. Daneben kam es zu einem weiteren Kapitel im Streit um die Beantwortung bzw. Nichtbeantwortung parlamentarischer Anfragen durch die Regierung.

Wieder war es die Fraktionsvorsitzende der CSV, Martine Hansen, die auf sieben CSV-Fragen verwies, die nicht im Rahmen der reglementarisch vorgegebenen Zeitspannen beantwortet wurden; Sven Clement (Piraten) und Fernand Kartheiser (ADR) schlossen sich der Kritik an, was dazu führte, dass einige Minister noch während der Sitzung dies nachholten und ihrer Aufgabe gerecht wurden. Am Schluss der Sitzung waren alle Fragen entweder schriftlich oder mündlich beantwortet, bis auf eine von Laurent Mosar. Die Antwort soll ebenfalls schnell folgen.

Die Präsidentin der Kulturkommission, Djuna Bernard („déi gréng“), legte eine Motion vor, die auf eine Initiative der CSV-Abgeordneten Octvie Modert zurückreicht und die kurz-, mittel- und langfristige Unterstützungsmaßnahmen für die Kulturschaffenden forderte und die einstimmig angenommen wurde. Kulturministerin Sam Tanson verwies in dem Zusammenhang auf fünf Millionen Euro, die im Rahmen einer Wiederbelebung der Kulturszene verteilt werden sollen.

Eine weitere Motion der Linken, vorgestellt von David Wagner, die eine Deckelung der Mietpreise, ein Herabsetzen der Mieten und Unterstützung für die kleinen Eigentümer forderte, wurde hingegen mehrheitlich abgelehnt. Das zuständige Regierungsmitglied Henri Kox kündigte in dem Zusammenhang ein Mietgesetz an, das kurzfristig u.a. die Kommissionen der Immobilienagenturen unter die Lupe nehmen soll, die sog. „garantie locative“ definieren, die „colocation“ regeln und in die Mietkommissionen neue Dynamik bringen soll. 

Schadenersatz bei Nuklearunfällen

François Benoy („déi gréng“) stellte als Berichterstatter ein Gesetzesprojekt vor, das es in ähnlicher Form bislang nur in Österreich gibt und das einen neuen Weg zur Entschädigung im Falle von Unfällen in Atomkraftwerken geht. Der Berichterstatter verwies auf die Havarien in Tscherbnobyl und Fukushima, die jeweils gigantische Kosten, ganz zu schweigen vom menschlichen Leid, nach sich zogen. Die Kosten bei einem ähnlich schweren Vorfall würden in Frankreich mit 5.800 Milliarden, in Deutschland mit 6.000 Milliarden Euro beziffert. Die vorgesehene Haftung habe allerdings Obergenzen von 700 Millionen in Frankreich, von 1,5 Milliarden in Belgien und 2,5 Milliarden Euro in Deutschland. Bürger und Betriebe würden also auf Kosten sitzen bleiben.

Das nun vorgelegte Gesetz sieht vor, dass Einwohner Luxemburgs im Falle eines Unfalls den erlittenen Schaden vor Luxemburger Gerichten einklagen können, dies in unbegrenzter Höhe und bei einer Verjährungsfrist von 30 Jahren, dies, um auch spät einsetzende medizinische Auswirkungen berücksichtigen zu können. Auch Auswirkungen auf Natur, auf Boden und Wasser können berücksichtigt werden. Es stelle dies eine grundlegende Verbesserung dar, so Benoy, der auf europäische Reglemente verwies, die garantieren würden, dass die Urteile auch Rechtskraft in den Nachbarländern hätten.

In einem engagierten Beitrag lief Gilles Roth als erster Redner zu Höchstform auf, verwies darauf, dass seine Partei, die CSV, das Gesetz mittragen werde, machte aber mit fast kabarettistischem Eifer auf Aspekte der nationalen Atompolitik aufmerksam, die wenig konsequent seien. So exportiere Luxemburg seinen radioaktiven Müll nach Belgien, ein Land, mit dem die Umweltministerin einen diplomatischen Zwischenfall wegen Untersuchungen zu potenziellen Endlager-Standorten provoziert habe. „Dat hätt net misse sinn“, so Roth, der auf die Pressekonferenz der Ministerin zu diesem Thema einging, die heftige Reaktion ihrer belgischen Amtskollegin darlegte und bedauerte, dass Dieschbourg nicht erst das Parlament über die belgischen Pläne informierte, sondern gleich an die Öffentlichkeit getreten sei. Außerdem beziehe Luxemburg trotz seiner ablehnenden Haltung 10,4 Prozent seines Gesamtverbrauches an Strom von Atomkraftwerken. 

Während Max Hahn (DP) auf die rund 40 Störungen verwies, die es allein 2018 beim Atomkraftwerk Cattenom gab, und Cécile Hemmen (LSAP) die Umweltministerin bei der belgischen Endlagerstory verteidigte, analysierte Fernand Kartheiser (ADR) den vorliegenden Text als rechtlich unwirksam und plädierte für den Beitrag Luxemburgs zu anderen bestehenden Schadenersatzverträgen mit dem Ziel, diese zu verbessern. 

Rentenfonds investiert in Atomkraft

Dass der nationale Luxemburger Rentenfonds („Fonds de compensation“) weiterhin und trotz der Regierungspolitik in Atomindustrie investiert, ist laut David Wagner („déi Lénk“) ein Skandal. Er brachte eine Motion zum sofortigen Ausstieg des Fonds aus solchen Firmen ein, die allerdings durchfiel. Anspruch und Wahrheit seien unterschiedliche Größen, so der Parlamentarier, der darüber hinaus wissen wollte, wie es um den nationalen Notfallplan im Falle eines Atomunfalls bestellt sei.

Marc Goergen (Piraten) sprach sich dafür aus, das Land solle komplett atomfrei werden, ehe Umweltministerin Carole Dieschbourg versuchte, die Vorwürfe gegen sie zu entkräften, und erklärte, der erwähnte „diplomatische Zwischenfall“ mit Belgien sei bereits am Abend der Pressekonferenz nach einem Telefonat mit ihrer belgischen Kollegin beigelegt gewesen. Dass Luxemburg einen Vertrag mit Belgien hat, der die Abnahme von insgesamt 30 Kubikmetern leicht radioaktiven Mülls aus Feuermeldern oder aus medizinischen Geräten beinhaltet (während einer Zeitspanne von 30 Jahren), dürfe nicht heißen, dass Land und Bürger sich nicht gegen ein Endlager nahe der Grenze wehren dürften. An der Investitionspolitik des Rentenfonds werde gearbeitet, beschwichtigte die grüne Ministerin weiter. Energieminister Claude Turmes, der das Gesetz als historischen Moment sieht, erklärte, die Abnehmer der zehn Prozent Atomstrom seien industrielle Unternehmen, die „einige Cent“ sparen wollten. Er könne dies aufgrund europäischer Regeln nicht verbieten, appelliere aber an die besagten Firmen, atomfreie Energie einzukaufen. Das Gesetz wurde mit großer Mehrheit angenommen. 

Weiter wurde eine von Roy Reding (ADR) vorgestellte Änderung des Kammerreglements angenommen, die definiert, wie der Ombudsmann für Kinder und Jugendliche in die parlamentarischen Arbeitsprozesse eingegliedert werden wird, sowie ein Vorschlag von Sven Clement (Piraten), der einen Sonderbericht zur Corona-Krise und den entsprechenden staatlichen Maßnahmen verlangte, mehrheitlich abgelehnt.   

J.C.Kemp
30. Mai 2020 - 16.31

@Nomi: Und die, die es am meisten brauchen, werden sowieso den Regenschirm aufspannen!

Nomi
27. Mai 2020 - 13.00

@ TNT: "Oh Herr, schmeiss Hirn ins Parlament, aber triff endlich!"" oder am beschten mat der Gei'sskaan, datt jiddereen och eppes matkritt !

TNT
27. Mai 2020 - 7.57

Wenn es im AKW Cattenom zu einem SuperGau kommt, dann nützt dieses Gesetz aber auch REIN garnix. Dann ist Luxusbuerg nämlich Geschichte. Schon über die Grösse unseres Landes nachgedacht? Oh Herr, schmeiss Hirn ins Parlament, aber triff endlich!

Jemp
27. Mai 2020 - 1.20

Eine regelrechte Lachnummer fúr unsere Nachbarländer! Was die von uns halten, haben wir kürzlich erlebt.

Nomi
26. Mai 2020 - 22.51

Elo hun mer dann een Gesetz um Papei'er, mee ass et de Papei'er och wert ? Wei' gett et international applizei'ert ? E letzeburger Geriicht deklarei'ert Fr oder Be als schelleg an dei' weisen eis di 5 Fanger, oder ?