FußballYannick Zenner, Physiotherapeut der U21: „Jeder stellt mir die gleiche Frage“

Fußball / Yannick Zenner, Physiotherapeut der U21: „Jeder stellt mir die gleiche Frage“
Yannick Zenner privat

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Yannick Zenner steht dezeit auf Abruf bereit. Der Physiotherapeut hat sich auf der Liste der „réserve sanitaire“ eingetragen, da die Patientenzahl in der eigenen Praxis um 90 Prozent zurückgeschraubt werden musste. Für viele Fußballspieler bleibt der Physio der U21 weiterhin ein Ansprechpartner. Und alle interessiert nur ein Thema: wie der Rest der Saison aussehen könnte.

In der Käerjenger Praxis von Physiotherapeut Yannick Zenner werden zurzeit täglich nur eine handvoll Patienten betreut, bei denen es aufgrund rezenter Operationen absolut notwendig ist. Zusammen mit seinen drei Kollegen hat er sich die Arbeit aufgeteilt: „90 Prozent unserer Kundschaft fällt im Moment weg, weshalb wir uns anders organisiert haben. Jeder von uns ist derzeit einmal pro Woche in der Praxis.“ Ansonsten erledigt der 30-Jährige Papierkram und ist in Alarmbereitschaft: „Wir sind alle auf der Reserveliste des Gesundheitsministeriums eingetragen.“

Wie schnell es in diesem Fall gehen kann, erlebte man im „Cabinet kinésithérapie Käerjeng“ hautnah. Einer der vier Physios wurde gleich von der Behörde eingespannt. Die Mission: 16 Stunden lang erledigte der zweite Teilhaber der Praxis, Luc Haas, administrative Telefonate für das Gesundheitsministerium. „Es ging darum, die Liste der Freiberufler abzutelefonieren und sich über deren aktuellen Status zu informieren. Es hatte also nichts direkt mit unserem Beruf zu tun.“ Bis zum 29. Mai haben sich Zenner und Co. verpflichtet, sofort einsatzbereit zu sein. „Das können administrative Aufgaben, Pflege in einem Krankenhaus oder der ’triage’ im einem ’Centre avancé’ sein.“ Dass die Möglichkeit besteht, sich damit auch finanziell abzusichern, bewertet Zenner als „gute Initiative“. 

Denn Sportverletzungen gibt es im Moment keine zu betreuen. „Stattdessen rufen mich viele Fußballer an – und jeder stellt mir die gleiche Frage: ob ich weiß, wie und wann es weitergeht.“ Seine Antwort ist seit Wochen identisch. Man müsse abwarten, was Regierung und FLF mitteilen. Ansonsten rät Zenner den Spielern, ihre Gewohnheiten auch unter Quarantänebedingungen nicht allzu sehr zu verändern. Zu den gleichen Tageszeiten trainieren, auf die Ernährung achten und den Kontakt zu Mitspielern pflegen stellen dafür eine gute Basis dar. „Man sollte vorbeugend arbeiten. Das Programm ’FIFA Prevention 11+’ ist beispielsweise darauf ausgerichtet.“ Zudem haben die Topvereine ihren Spielern individuelle Programme geschickt. „Im Internet gibt es zusätzlich viele nützliche Trainingsmöglichkeiten, wie auf der Plattform ’Coaching Club Luxembourg’ von Jeff Paulus. Dort arbeitet beispielsweise auch Bob Simon von der UNK mit und bietet Trainingseinheiten für Fußballspieler an.“ 

Die größte Gefahr könnte den Sportlern nämlich erst bevorstehen. „Durch diese Umstellung wurde der Rhythmus komplett unterbrochen. Die Körper waren warm. Es braucht mindestens noch einmal halb so lange, wie die Pause andauerte, um wieder auf das Level zurückzukommen.“ Heißt konkret: Ruht der Spielbetrieb sechs Wochen, „wie während der Winterpause, weiß man ja ungefähr, was auf einen zukommt.“ Entscheidet sich die FLF für einen Spielplan mit englischen Wochen, steht den Trainerteams und „préparateurs physiques“ gesundheitstechnisch ein großer Arbeitsaufwand bevor: „Da muss genau abgewogen werden, wie Belastung und Regeneration aufeinander abgestimmt werden.“ Der Physiotherapeut fügte hinzu, dass sich muskuläre Verletzungen im Fußball zu Saisonbeginn und -ende häufen. Gleiches gilt für Kreuzbandrisse. „In diesem Fall hätten wir also sogar beides … Wir beginnen noch einmal und gleichzeitig wäre es das Saisonende.“ 

Trotzdem haben die Spieler nur einen Wunsch: „Alle wollen wieder trainieren und könnten sich vorstellen, wie im Ausland in kleinen Gruppen zu trainieren. Aber Fußball ist im Moment nicht das Wichtigste – und diese Message teilen alle, mit denen ich gesprochen habe. Trotzdem gibt es auch Spieler, größtenteils aus dem Ausland, die auf diese Gehälter angewiesen sind. Die Vereinskassen leiden. Jeder wäre wohl froh, wenn der Spielbetrieb wieder Fahrt aufnehmen könnte – wenn es die Gesundheit erlaubt.“

Wie es der Mannschaftsärztin der Jeunesse Esch, Ornella Nezi, in den vergangenen Wochen ergangen ist, lesen Sie übrigens hier.