Nach CCDH-KritikAußenminister Asselborn gesprächsbereit

Nach CCDH-Kritik / Außenminister Asselborn gesprächsbereit
Rund 4.000 Kinder und Jugendliche sitzen derzeit ohne erwachsene Begleitung in den griechischen Flüchtlingslagern fest. Außenminister Jean Asselborn hatte sich an den Feiertagen für deren Aufnahme in den anderen EU-Staaten starkgemacht.   Foto: AFP

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Harsche Kritik hagelte es am Mittwoch an jenem Gremium, das ermitteln soll, ob eine Rückführung im Sinne eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings ist oder nicht. Vor allem die Zusammensetzung wurde von der Luxemburger Menschenrechtskommission stark beanstandet. Außenminister Jean Asselborn zeigte sich gestern aber gesprächsbereit: Es können noch Änderungen vorgenommen werden.

Unbegleitete Minderjährige, die in Luxemburg kein Asyl erhalten, werden nicht automatisch zurück in ihre Heimat geführt. Bevor eine endgültige Entscheidung fällt, soll ein beratendes Gremium das Leben des Kindes oder Jugendlichen gründlich unter die Lupe nehmen. Dessen Herkunft wird dann ebenso durchleuchtet wie die familiären Beziehungen und Lebensumstände. Erst dann soll diese beratende Kommission darüber befinden, ob eine Rückführung im „obersten Interesse“ des minderjährigen Flüchtlings ist oder nicht.

Dieses „oberste Interesse“ soll internationalen Richtlinien zufolge an erster Stelle stehen. Dass das aber im Großherzogtum nicht immer der Fall sei, befand am Mittwoch die „Commission consultative des droits de l’homme“ (CCDH). Die Menschenrechtskommission stößt sich nämlich vor allem an der Zusammensetzung der vierköpfigen Instanz: Mit Mitgliedern des „Office national de l’enfance“ (ONE), des „Office national de l’accueil“ (ONA), der Luxemburger Staatsanwaltschaft und des Außenministeriums sind bis dato nur staatliche Instanzen in dem Gremium vertreten. Die Unabhängigkeit des Gremiums werde damit infrage gestellt, so die CCDH.

Beanstandet wird aber auch der Umstand, dass das Gremium seit 2018 eingesetzt wird, obschon die gesetzliche Basis dafür erst mit der Parlamentsabstimmung im Oktober 2019 geschaffen wurde. Funktionsweise und Zusammensetzung werden hingegen von einem großherzoglichen Reglement diktiert, das sich immer noch auf dem Instanzenweg befindet.

Und genau dort setzt Außenminister Jean Asselborn an: Es handele sich noch um einen Entwurf, das Gutachten des Staatsrats wurde erst am 3. Januar beantragt. „Insofern besteht immer noch die Möglichkeit, Änderungen am Entwurf vorzunehmen“, hieß es in einer Mitteilung des Außenministeriums gestern. Der Außenminister sei empfänglich für konstruktive Kritik und werde nicht nur das Gutachten des Staatsrats berücksichtigen, sondern alle eingereichten Stellungnahmen, wie etwa die der Menschenrechtskommission und des Luxemburger Flüchtlingsrates. Auch habe man im aktuellen Entwurf bereits vielen Beobachtungen des „Ombuds-Comité fir d’Rechter vum Kand“ (ORK) Rechnung getragen.

Objektiv und individuell

Der Außenminister zeigt sich also gesprächsbereit, was die Zusammensetzung des beratenden Gremiums angeht. Entschieden zurück weist Jean Asselborn aber Kritiken, wonach das großherzogliche Reglement und die Praxis der Rückführung unbegleiteter Minderjähriger „gegen unsere Werte und Grundrechte verstoßen“. Es werde keine Entscheidung getroffen, ohne dass die familiären Umstände des Betroffenen von der „International Organization for Migration“ überprüft wurden. Entscheidend sei, was für das Kind oder den Jugendlichen von oberstem Interesse sei, wird der Minister in der Mitteilung zitiert. Es komme vor, dass eine Rückführung zu den Eltern in einem sicheren Land überwiege. Die Ermittlungen aber seien objektiv und individuell im Interesse und zum Wohle des Kindes.

CCDH-Präsident Gilbert Pregno betonte in einer ersten Reaktion gestern Abend, dass die Menschenrechtskommission sich weiter für ein unabhängiges Gremium einsetzen werde. Diese Unabhängigkeit sei derzeit nicht gegeben. In dieser Hinsicht liege man mit anderen Partnern im Flüchtlingsbereich, wie etwa dem Flüchtlingsrat oder der Vereinigung „Passerell“, auf einer Linie. Nicht nachvollziehen aber kann Pregno eine bestimmte Aussage des Ministers: „Die CCDH hat nie behauptet, dass das Gremium und die Rückführung unbegleiteter Minderjähriger gegen unsere Werte und Grundrechte verstoßen“, so der Präsident der Luxemburger Menschenrechtskommission im Gespräch mit dem Tageblatt. „Mit dem vorliegenden Entwurf werden sie allerdings auch nicht bereichert. Eher im Gegenteil“, so Pregno weiter.

Wie Jean Asselborn sei auch die CCDH entsetzt über die Missstände, denen die Kinder in den Flüchtlingslagern in Griechenland ausgesetzt seien. „Das, was dort abläuft, ist nicht mit den Menschen- und Kinderrechten vereinbar, für die wir uns in Europa starkmachen“, stimmt Gilbert Pregno dem Minister zu. In den letzten zwei Jahren wurde übrigens 42 unbegleiteten Kindern und Jugendlichen Asyl in Luxemburg gewährt.