Das Ende der Sozialisten

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(dpa)

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Frankreichs Sozialisten haben sich selbst demontiert. Nach den Paramentswahlen am 11. und am 18. Juni werden sie in der Nationalversammlung kaum noch sichtbar sein.

Irgendwo zwischen 30 und 50 Abgeordnete werden die französischen Sozialisten bisherigen Voraussagen in der Nationalversammlung nach den Wahlen noch aufweisen. Sie haben ihre Mehrheit aus der Zeit der Präsidentschaft von François Hollande verspielt. „Die Marke Sozialisten ist tot“, sagt der Ex-Minister für Parlamentsangelegenheiten, Jean-Marie le Guen.

Wie sehr die Nerven bei den Sozialisten blank liegen, zeigte der Generalsekretär der Partei. Er schlug einer Fernsehreporterin das Mikrofon aus der Hand, als die ihn ansprach. Man habe dem Sender mitgeteilt, dass er beim Wahlkampf nicht gefilmt werden wolle, giftete Jean-Christophe Cambadélis und ließ das Argument nicht gelten, dass man sich immerhin auf einer öffentlichen Straße befinde.

Aktuellen Umfragen zufolge sollen die Sozialisten etwa sieben Prozent der Stimmen erhalten und damit noch hinter den Linksradikalen von „La France insoumise“ („Das nicht unterdrückte Frankreich“) liegen. Die Sozialisten bezahlen den Umfragen zufolge ihre Spaltung in Realisten und Fundamentalisten, die als „Frondeurs“ auftraten. Der Spitzenkandidat bei den Präsidentschaftswahlen, Benoît Hamon, gehörte zu den Fundamentalisten, die zwar den Realisten und Ex-Premier Manuel Valls parteiintern auf die Plätze verwiesen, die Wahlbevölkerung aber nicht überzeugen konnten. Valls wandte sich der Bewegung des Staatspräsidenten Emmanuel Macron zu, wurde von ihr aber nicht als Kandidat aufgestellt. Der Grund: Valls hatte bereits drei Wahlperioden im Parlament gesessen. Die Macron-Bewegung aber will nur noch drei Mandate in Folge zulassen. Immerhin stellte sie Valls keinen Kandidaten in seinem Wahlkreis entgegen.

Dramatische finanzielle Folgen

Der Sozialist Le Guen stellt sich heutzutage hinter den Staatspräsidenten Emmanuel Macron und lässt anklingen, dass seine Partei die Reformwünsche der Bevölkerung nicht verstanden habe. Macron hat die Sozialistische Partei Frankreichs (PS) in ihren Grundfesten zerstört. Kandidaten für die PS für die Nationalversammlung firmieren in ihren Wahlkreisen unter der Formel „Präsidenziale Mehrheit“ und lassen die Buchstaben PS und das Zeichen der Hand mit der Rose nur schüchtern unten auf Plakaten und Handzetteln erkennen. Sobald sie in Gesprächen mit Wählern deutlich machen, dass sie für die Sozialisten kandidieren, wenden sich die Wähler ab. Die Kandidaten des „Macronismus“ können sich dagegen vor Gesprächswünschen nicht retten. Der vorhergesagte Absturz der Sozialisten wird noch verstärkt durch Benoît Hamon, der innerhalb der Sozialisten seinen eigenen Club gegründet hat.

Der vorhergesagte Verlust von fast 300 Mandaten wird für die Sozialisten dramatische finanzielle Folgen haben. Eine Partei erhält pro Abgeordneten 42.000 Euro an staatlicher Subvention. Für die Sozialisten deuten sich Verluste in Millionenhöhe an. Die Partei hat im Gegensatz zu den konservativen Republikanern allerdings keine Schulden und ist Eigentümerin ihres Verwaltungssitzes in der rue Solferino in Paris. Der gegenüber Journalisten rabiate Generalsekretär Jean-Christophe Cambadélis weist derzeit noch Spekulationen über einen Sozialplan für die weit über 100 Mitarbeiter zurück.

Unruhe in den Parteien

Bei der am 11. und am 18. Juni stattfindenden Wahl zur Nationalversammlung gibt es einen politischen Umbruch. Mehr als 100 der 577 Abgeordneten wollen nicht mehr kandidieren. Voraussagen wollen der Macron-Bewegung eine absolute Mehrheit bis zu 400 Sitzen im Pariser Parlament zugestehen.

Macron hat nicht nur die Sozialisten in ihrer politischen Bedeutung reduziert. Der „Macronismus“ spaltet auch die konservativen Republikaner. Deren Spitzenkandidat hat ob der Opposition innerhalb der Partei seine Position von Opposition über Kohabitation bis hin zur Koalition nach und nach angepasst. Der Hintergrund: Die in drei politische Orientierungen gespaltenen Republikaner haben mit Verblüffung gesehen, dass der Staatspräsident den Premier-, Wirtschafts- und Finanzminister aus ihren Reihen ernannt hat. Der automatische Rauswurf der drei Minister aus der republikanischen Partei hat zur Unruhe geführt. Bei den Republikanern weiß man, dass eine nicht unwesentliche Zahl von Abgeordneten sich nach der Wahl auf die Seite von Macron schlagen werden. Bevor die Konservativen an ihrem Staatspräsidenten zerbrechen, der in den ersten Wochen eine gute Figur gemacht hat, gilt bei ihnen mittlerweile das deutsche System einer Koalition als Vorbild.