NahostRoter Halbmond: 14 Tote bei israelischem Militäreinsatz im Westjordanland

Nahost / Roter Halbmond: 14 Tote bei israelischem Militäreinsatz im Westjordanland
Rauch steigt von einer Explosion während einer israelischen Militäroperation im Flüchtlingslager Nur Schams auf  Foto: Majdi Mohammed/AP/dpa

Bei einem israelischen Militäreinsatz im Flüchtlingslager Nur Schams im Westjordanland sind nach Angaben des Roten Halbmonds 14 Menschen getötet worden.

Bislang seien 14 Tote aus dem Flüchtlingslager in der Nähe von Tulkarem geborgen worden, erklärte die Hilfsorganisation am Samstag. Die israelische Armee hatte zuvor von zehn getöteten „Terroristen“ gesprochen. Sie beendete ihren Einsatz in Nur Schams am Samstagabend nach etwa 48 Stunden, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten.

Den Tag über waren Explosionen und Schüsse in dem Flüchtlingslager zu hören gewesen. Nach Angaben der AFP-Reporter wurden mindestens drei Häuser bombardiert, auch Drohnen waren über Nur Schams im Einsatz. Auf Bildern von AFPTV waren Militärfahrzeuge und Soldaten zu sehen, die die engen Straßen des Flüchtlingscamps durchkämmten, in dem fast 7.000 Menschen leben.

Vor der Mitteilung des Roten Halbmonds hatte die israelische Armee erklärt, israelische Sicherheitskräfte hätten „zehn Terroristen während Kämpfen eliminiert“. Demnach wurden acht israelische Soldaten und ein Polizist verletzt. Die israelische Armee versicherte, dass sich der Einsatz gegen bewaffnete Palästinensergruppen gerichtet habe. Häufig werden bei solchen Gefechten aber auch Zivilisten verletzt.

Das Gesundheitsministerium des von Israel besetzten Westjordanlands erklärte, bei dem Armeeeinsatz seien mehrere Menschen getötet worden, darunter ein 16-Jähriger. Die israelische Armee habe Rettungskräfte daran gehindert, „Verletzten Hilfe zu leisten“. Das Ministerium sprach von elf Verletzten, von denen sieben Schussverletzungen aufgewiesen hätten. Auch eine Rettungskraft sei angeschossen worden.

Anwohner berichteten der AFP, der Strom im Flüchtlingslager sei ausgefallen. Außerdem seien Lebensmittel wie Babymilch knapp geworden. Chronisch Kranke wie etwa Dialyse-Patienten hätten während des mehrtägigen Militäreinsatzes keine medizinische Betreuung erhalten. Den Bewohnern zufolge war es niemandem erlaubt gewesen, das Lager zu betreten oder zu verlassen.

Gewalt wächst im Westjordanland 

„Dieses Eindringen ist beispiellos“, sagte Muayad Schaaban, Chef der Kommission des Widerstands gegen die Besatzung und die Mauer, die der Palästinenserbehörde untersteht. Der palästinensische Abgeordnete Hasan Churaischa kritisierte gegenüber AFP: „Die Israelis wollen den palästinensischen Widerstand im Westjordanland zum Schweigen bringen, insbesondere in den Lagern im Norden.“

Das Westjordanland ist seit 1967 von Israel besetzt. Infolge des durch den Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelösten Krieges im Gazastreifen hat auch die Gewalt im Westjordanland zugenommen.

Etwa 480 Palästinenser wurden nach offiziellen palästinensischen Angaben seither von der israelischen Armee oder von israelischen Siedlern getötet. Am Samstag starb der Fahrer eines Krankenwagens des Roten Halbmonds bei Auseinandersetzungen zwischen palästinensischen Dorfbewohnern und jüdischen Siedlern. Wie die Hilfsorganisation und das Gesundheitsministerium im Westjordanland mitteilten, ereignete sich der Vorfall in As-Sawija nördlich von Ramallah.