ÖlpreisdeckelEU will Druck auf Moskau erhöhen: Einnahmen für Russland aus Ölgeschäft sollen sinken

Ölpreisdeckel / EU will Druck auf Moskau erhöhen: Einnahmen für Russland aus Ölgeschäft sollen sinken
Eine Tiefpumpe steht in der Nähe der Stadt Usinsk, 1.500 Kilometer nordöstlich von Moskau. Die EU und ihre Partner wie die G7 haben einen Preisdeckel für russisches Öl beschlossen. Foto: Dmitry Lovetsky/AP/dpa

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Ein Ölembargo und ein Preisdeckel sollen russisches Öl auf dem Markt weniger rentabel machen. Doch niemand weiß, ob das funktioniert. Die Ukraine ist jetzt schon unzufrieden.

Im Energiekrieg mit Russland geht die EU wieder in die Offensive. Nach dem im August verhängten Importstopp für russische Kohle tritt heute auch ein europäisches Ölembargo in Kraft, das durch einen weltweiten Preisdeckel ergänzt wird. Die Preisobergrenze für verschifftes Erdöl wurde auf 60 Dollar pro Barrel festgelegt; die Gruppe der westlichen Industrieländer (G7) schloss sich dem an.

Mit dem Preisdeckel solle Moskau daran gehindert werden, „von seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine zu profitieren“, teilten die G7 mit. Zudem sollten „die Stabilität der weltweiten Energiemärkte unterstützt und die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen des russischen Angriffskriegs reduziert“ werden. Man denke vor allem an ärmere Länder, heißt es in Brüssel.

Die EU versucht die Quadratur des Kreises: Sie will das russische Öl vom Markt drängen und die Kriegskasse des Kremls schmälern – zugleich aber verhindern, dass der globale Süden unter die Räder kommt. Genau das war beim Streit um russische Gaslieferungen passiert. Weil sich ganz Europa auf Flüssiggas stürzte, explodierte der Preis auf dem Weltmarkt, ärmere Länder zogen den Kürzeren.

Preisdeckel könnte sich als Bumerang erweisen

Einen ähnlichen Flop beim Öl soll der Preisdeckel verhindern. Doch auch er könnte sich als Bumerang erweisen. Als zweitgrößter Ölproduzent der Welt verfügt Russland über große Marktmacht. Es hat bereits den Großteil seiner Öllieferungen nach Indien, China und in andere Länder umgeleitet. Wer den Preisdeckel umsetze, werde gar kein Öl mehr bekommen, droht die Führung in Moskau.

Die EU will sich davon nicht beeindrucken lassen, verfügt aber nur über vergleichsweise schwache Hebel. Der Preisdeckel gilt nämlich nur für russische Öllieferungen per Schiff. Und er soll auch bloß auf Umwegen – etwa über Versicherungen für Öltanker – durchgesetzt werden. Die EU macht sich dabei den Umstand zunutze, dass die meisten großen Versicherungen in Europa sitzen, vor allem in London. Sie übt auch Druck auf die Reeder aus.

Doch schon jetzt gibt es Schlupflöcher. Griechische und zyprische Reeder stehen im Verdacht, sich nicht an die Vorgaben aus Brüssel zu halten. Zudem könnten Öltanker ausgeflaggt und in anderen Regionen, etwa Asien, versichert werden, um dem Preishammer aus Europa zu entgehen. Russland baut offenbar bereits eine eigene Tankerflotte auf, um die EU und die G7 auszutricksen.

Preislimit könnte weiter fallen

Ein weiteres Problem ist der Preis. Über die Höhe war in Brüssel wochenlang gerungen worden. Bis zuletzt drohte Polen, die Einigung platzen zu lassen, um ein niedrigeres Limit – um die 30 Dollar pro Barrel – durchzusetzen. Die nun beschlossenen 60 Dollar sind ein typischer EU-Kompromiss. Sie liegen höher, als Polen wollte, aber etwas niedriger als der aktuelle Marktpreis von 67 Dollar.

Zudem soll das Preislimit alle zwei Monate überprüft und falls nötig angepasst – also gesenkt – werden. So könnte die EU die Daumenschrauben für Moskau weiter anziehen. „Unser Ziel ist es, Russland zu schaden“, betonte ein EU-Beamter. Man habe sich auf ein „vorsichtiges Niveau“ geeinigt, könne aber noch nachbessern und sicherstellen, dass das Limit fünf Prozent unter dem Marktpreis liege.

Der Streit ist damit aber nicht beendet, denn nun ist die Ukraine unzufrieden. Präsident Wolodymyr Selenskyj klagte, der Preisdeckel sei für Moskau zu „komfortabel“. Ein Preisdeckel von 60 Dollar ermögliche Russland noch Einnahmen von 100 Milliarden Dollar pro Jahr. Selenskyjs Berater Andrij Jermak sagte, um die russische Wirtschaft zu „zerstören“, wäre ein Limit von 30 Dollar nötig.

Unklar ist, wie die Öl exportierenden Länder reagieren. Die OPEC kam am Sonntag zu einem Ministertreffen zusammen. Sie könnte die Ölförderung reduzieren und so den Preis in die Höhe treiben. In der EU, darin sind sich die meisten Ökonomen einig, dürfte Öl auf jeden Fall teurer werden. Denn hier gilt ab Montag das Embargo.