Rauchen im Bus ist verboten. Das gleiche gilt auch für Tram, Zug und viele andere öffentliche Örtlichkeiten. „Ist doch klar“, denken sich wohl die meisten Leser. Neu ist diese Feststellung beileibe nicht. Und dennoch scheint es, als müsse man diese Regel bestimmten Zeitgenossen immer wieder vor Augen führen: „Sie können sich nicht vorstellen, wie oft mir Zigarettenrauch aus dem Passagierbereich entgegenweht“, meint ein Busfahrer im Gespräch mit dem Tageblatt.
Auch ihm verschlage es nach zehn Jahren immer noch die Sprache, wenn sich Passagiere im Bus eine Zigarette oder, schlimmer noch, einen Joint anzünden. „Leider kommt es regelmäßig vor, dass wir die Fahrgäste dann zurecht weisen müssen. Auch wenn es nicht täglich der Fall ist, ist es ganz schön mühsam“, stellt der Mitarbeiter eines privaten Transportunternehmens fest, das im Auftrag des RGTR mehrere Linien bedient. „Vor allem, da man nicht weiß, wie der Betroffene reagiert.“
Ähnlich sieht es auch ein Mitarbeiter des städtischen Busdienstes AVL: „Es ist jetzt nicht so, dass wir stets mit der Angst im Rücken herumfahren und körperliche Übergriffe an der Tagesordnung stehen. Trotzdem wird mir immer etwas mulmig zumute, wenn sich ein Fahrgast daneben benimmt“, so der junge Mann. Es sei seine Pflicht, den Betroffenen auf das Fehlverhalten hinzuweisen. Vor allem, wenn andere Fahrgäste darunter litten oder Eigentum beschädigt werde.
„Manchmal aber muss man es sich zwei Mal überlegen, wie man die Situation angeht“, gesteht der Busfahrer. Meist handele es sich nur um vermeintliche Kleinigkeiten: „Fahrgäste etwa, die ihre Füße auf den Sitz legen oder eine ganze Sitzreihe für sich beanspruchen“, so der AVL-Mitarbeiter. Auch komme es regelmäßig vor, dass Passagiere laut Musik hören, über Lautsprecher telefonieren oder ihre Maske nicht tragen wollen. Brenzlig werde es vor allem, wenn Fahrgäste belästigt oder Material beschädigt werden. „In den seltensten Fällen zeigen sich die Urheber dann einsichtig. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall: Sie werden ausfallend und manchmal auch richtig aggressiv“, weiß der Busfahrer zu berichten.
Aufgebracht und aufgewühlt
Vorfälle, wie der jüngste Übergriff auf einen Busfahrer in Esch, machen in der Berufsszene natürlich schnell die Runde. Drei Jugendliche hatten am Freitagabend einen Mitarbeiter des TICE tätlich angegriffen. Im Januar war es bereits zu einem ähnlichen Zwischenfall in der Minettmetropole gekommen. Die Kollegen der betroffenen Busfahrer sind entsprechend aufgebracht und aufgewühlt: „Auf bestimmten Linien wird es immer gefährlicher. Vor allem nachts ist man bestimmten Individuen quasi ausgeliefert. Ich weiß von Kollegen, die auf bestimmte Vorfälle nicht mehr eingehen, weil sie Angst haben, angegriffen zu werden“, betont ein Busfahrer, der – wie die anderen Kollegen – nicht namentlich genannt werden möchte.
Zum einen, weil sie nicht von Fahrgästen erkannt werden möchten, zum anderen, weil sie Konsequenzen befürchten. „Dabei ist es Aufgabe des Arbeitgebers, das Personal zu schützen. Es muss etwas unternommen werden, damit sich die Situation verbessert. Viele Fahrer haben Angst“, weiß Milena Steinmetzer vom OGBL. Und das nicht nur vor Angriffen, sondern auch vor beruflichen Folgen: „Manche Mitarbeiter privater Busunternehmen trauen sich nicht mehr, Vorfälle zu melden. Weil Vorgesetzte sie sonst für mögliche Verspätungen zur Rechenschaft ziehen könnten“, so die Gewerkschaftsvertreterin.
Insbesondere nachts überlegten es sich viele Fahrer „zwei bis drei Mal“, bevor sie zur Tat schritten und Unruhestifter zurechtwiesen, betont Steinmetzer. „Zu den meisten Übergriffen kommt es in Situationen, in denen Mitarbeiter Regeln durchsetzen müssen“, so die Gewerkschaftssprecherin. Behörden und Unternehmensführung sprechen in dem Fall von einem sogenannten „comportement inconvenant“, einem ungebührlichen Verhalten: Füße auf den Sitzen, Verstöße gegen die sanitären Regeln usw.
So wurden letztes Jahr zwischen Januar und Oktober allein bei den CFL 290 solcher Vorfälle registriert – eine Steigerung von 104 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 2020 wurden in den Zügen und Bussen der nationalen Eisenbahngesellschaft lediglich 142 solcher „comportements inconvenants“ festgestellt, 2019 waren es sogar nur 84. Zurückzuführen ist die Explosion „ungehörigen Benehmens“ auf die sanitären Maßnahmen: In den allermeisten Fällen handelt es sich um Fahrgäste, die keine Maske tragen wollten.
Generell aber ist die Zahl der Aggressionen gegenüber Mitarbeitern der CFL in den letzten Jahren sogar gesunken. Wurden 2020 noch 153 Übergriffe auf Fahrer, Zugbegleiter und anderes Personal registriert, so waren es 2021 „nur“ noch 99 – ein Minus von rund 35 Prozent. Die Zahl der Angriffe auf andere Passagiere ist um 13 Prozent gesunken (von 60 auf 52), während 2021 nur noch 18 Fälle von Vandalismus in den Zügen und Bussen festgestellt wurden. Ein Jahr zuvor waren es noch 50. Einen Vorbehalt gibt es aber: Die Zahlen für 2021 sind noch nicht vollständig, sondern betreffen nur die Vorfälle, die sich zwischen dem 1. Januar und 31. Oktober zugetragen haben.
Ein Trend ist aber zu erkennen: Auf der einen Seite gab es weniger Übergriffe, auf der anderen Seite aber scheinen die Fahrgäste ein schlechteres Benehmen an den Tag zu legen. Beides ist weitgehend auf die Pandemie zurückzuführen. So haben 2021 wegen der sanitären Beschränkungen weitaus weniger Nutzer auf die öffentlichen Transporte zurückgegriffen, als in den Jahren zuvor. Gleichzeitig wurde mit der Maskenpflicht eine Regel hinzugefügt, deren Missachtung von manchen Passagieren wohl als Kavaliersdelikt verstanden wurde.
Ein doppelschneidiges Schwert
Diese Einschätzung teilen auch Milena Steinmetzer und Georges Merenz, Präsident des Eisenbahnsyndikats im Landesverband. Gleichzeitig sind sich beide in dem Punkt einig, dass die Mitarbeiter der öffentlichen Transporte besser geschützt werden müssen. Merenz plädiert beispielsweise für eine flächendeckende Kamera-Erfassung. Die nationale Eisenbahngesellschaft sei dabei, das Fahrmaterial, aber auch die Bahnhöfe in dieser Hinsicht aufzurüsten. Dies dürfe jedoch nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgen: „Es ist wichtig, dass die Nutzer wissen, dass alles in Bild festgehalten wird. Schließlich geht es mehr darum, die Taten zu verhindern, als sie im Nachhinein aufzuklären“, so Merenz.
Von der zuletzt ins Spiel gebrachten Bodycam für Fahrer und Zugbegleiter hält der Vertreter des Landesverbandes allerdings nicht sehr viel. Dies sei mehr Zusatzbelastung als Sicherheitslösung. Dennoch wolle er sich dieser Diskussion nicht verschließen. Ähnlich ergeht es auch Milena Steinmetzer und dem OGBL beim Thema „Videoüberwachung der Fahrerkabine“. Der unabhängige Gewerkschaftsbund könne sich prinzipiell nicht mit Überwachungsmethoden anfreunden. „Sollten jedoch alle anderen Lösungen scheitern, kann man auch über dieses doppelschneidige Schwert sprechen“, meint Steinmetzer.
Die Gewerkschaftssprecherin plädiert vielmehr für geschlossene Fahrerkabinen und ein kohärentes Sicherheitskonzept. Wichtig sei vor allem, dass das betroffene Personal Rückendeckung von der Chefetage erhält und im Notfall auf direktem Wege Unterstützung anfordern kann. Beispielsweise mit einer Smartphone-Anwendung, wie sie derzeit bei der CFL ausgearbeitet wird. „Die Mitarbeiter müssen auch wissen, an wen sie sich in welchem Fall wenden müssen und welche Folgen das hat“, so Steinmetzer. Es müsse klar vermittelt werden, ob der Ansprechpartner nun die Polizei sei, oder die private Sicherheitsfirma, wie das an bestimmten Bahnhöfen bereits der Fall sei.
In Esch scheint sich in dieser Hinsicht jetzt zumindest etwas bewegt zu haben: Dort soll es in Kürze nun zu dem Treffen zwischen Stadtverwaltung, Polizei, CFL und TICE kommen, das die Verantwortlichen des regionalen Busnetzes bereits nach dem Zwischenfall im Januar gefordert hatten. Das hat Bürgermeister Georges Mischo (CSV) nun dem Tageblatt bestätigt.
De Maart

@ Leila
"Plexiglas? Wenn es so weitergeht, wäre schusssicheres Glas die bessere Wahl"
Schussicheres Glas IST aus Plexiglas manchmal mit einer dünnen Glasschicht die kratzfester ist.
Plexiglas? Wenn es so weitergeht, wäre schusssicheres Glas die bessere Wahl
Ein paar Hundert m2 Plexiglas und alle Busfahrer sind sicher vor Ansteckungen und Angriffe.
Wieso ist das noch nicht geschehen?