Mittwoch19. November 2025

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Geteilte MeinungenPolitiker und Corona-Influencer reagieren auf Samstags-Demonstration: Gute Polizeiarbeit oder „Ohnmachtsbeweis“?

Geteilte Meinungen / Politiker und Corona-Influencer reagieren auf Samstags-Demonstration: Gute Polizeiarbeit oder „Ohnmachtsbeweis“?
Eine Minorität war „auf Krawall gebürstet“, so CSV-Politiker Laurent Mosar Foto: Editpress/Alain Rischard

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Auf die zum Teil erschreckenden Szenen der Corona-Demonstrationen vom Samstag folgen Reaktionen von Luxemburgs Politikern und Corona-Influencern. Beide Seiten haben allerdings unterschiedliche Sichtweisen auf die Geschehnisse. Lydie Polfer (DP), Laurent Mosar (CSV) und Xavier Bettel (DP) sprechen von guter Polizeiarbeit. Die Protest-Veranstalter Peter Freitag und Jean-Marie Jacoby sehen im Auftritt der Ordnungshüter eher einen „Ohnmachtsbeweis“.

„Das Wichtigste vorweg: Niemandem ist etwas passiert“, kommentiert Lydie Polfer (DP), Bürgermeisterin der Stadt Luxemburg, die Corona-Demonstration vom Samstag. Die Polizei habe zwar gute Arbeit geleistet, doch zu früh freuen wollte sich die Politikerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Erst nach der „Marche blanche“ vom Sonntag werde man ein endgültiges Fazit vom ereignisreichen Wochenende ziehen. „Doch die Polizei steht bereit“, sagt Polfer. Die Bereitschaft zur Gewalt sei jedenfalls vorhanden. Das hat das Tageblatt am Samstag auch selbst beobachten können – hier gilt es allerdings zu präzisieren, dass das nicht auf alle Demonstranten zutrifft. Ein großer Teil hat sich friedlich verhalten.

Der CSV-Politiker Laurent Mosar konnte die Proteste aus nächster Nähe verfolgen. Zu Beginn sei die Veranstaltung noch ganz friedlich verlaufen, gegen 15 Uhr sei die Stimmung allerdings gekippt: „Ab diesem Zeitpunkt haben die Probleme begonnen“, sagt er im Gespräch mit dem Tageblatt. Im Gegensatz zum letzten Wochenende sei die Polizei allerdings gut organisiert gewesen. Die Demonstranten hätten es wirklich schwer gehabt, in die Innenstadt vorzudringen.

Eine Minorität habe sich nicht an die vorgesehene Route in Richtung place de l’Europe halten wollen und sei „auf Krawall gebürstet“ gewesen. „Mich hat wirklich diese extreme Aggressivität gestört“, sagt der Stadtschöffe. Er habe versucht, mit verschiedenen Demonstranten ins Gespräch zu kommen, doch bei den meisten sei es sinnlos gewesen, Diskussionen zu führen. Die Annäherungen hätten vor allem dazu geführt, dass er sich Frechheiten habe gefallen lassen müssen.

Der CSV-Politiker glaubt, dass sich unter den Demonstranten Menschen befunden haben, die einzig und allein da waren, um die Polizei zu provozieren. Der Protest sei nur ein Vorwand gewesen. Auch Polfer erwähnte eine Gruppe von sogenannten „Casseurs“: „Die wollten wirklich Krawall machen, denen ging es nicht um den Protest“, so das langjährige Stadtoberhaupt.

„Wir müssen wachsam bleiben

Indessen freut sich Laurent Mosar über den Umstand, dass die Menschen sich nicht davon abhalten ließen, „in die Stadt zu kommen“. Die Weihnachtsmärkte seien trotz allem gut besucht gewesen. Die große Frage sei jedoch, wie es nun weitergehen soll. Man könnte nicht jedes Wochenende ein derartiges Polizeiaufgebot auf die Beine stellen. Das sei vor allem problematisch, wenn sich jedes Mal Randalierer und Unruhestifter unter den Demonstranten befinden würden. „Wir müssen wachsam bleiben“, so der Schöffe. 

Auch Premierminister Xavier Bettel (DP) äußert sich zur Demonstration am Samstag. In einem Tweet bedankt er sich bei der Luxemburger Polizei und den Kollegen aus Belgien. Beide konnten verhindern, „dass sich Hass und Gewalt ungestört in Luxemburg ausbreiten können“. Zudem schreibt Bettel, dass die Regierung „die Radikalisierung eines Teils unserer Gesellschaft“ ernst nehme und einen Aktionsplan ausarbeiten wolle. „Um dieses Problem in den Griff zu kriegen“, so der Staatsminister. 

Reaktion der Corona-Influencer

Peter Freitag reagiert wiederum mit Facebook-Beiträgen auf die Demonstrationen. In einem ersten Video unterstellt er Xavier Bettel und Lydie Polfer, während der Demonstrationen auf einem „luxuriösen Fest in Frankreich“ gewesen zu sein. Ähnliches hatte Jean-Marie Jacoby am Tag zuvor bereits während der Proteste behauptet: Die ganze Regierung sei übers Wochenende nach Frankreich geflüchtet. Regierungsmitglieder haben diese Behauptung dem Tageblatt gegenüber inzwischen dementiert. Sie habe Luxemburg das ganze Wochenende nicht verlassen, meinte etwa Corinne Cahen.

Darüber hinaus sagt Freitag, dass sich die „Machtdemonstration [der Regierung] in einen Ohnmachtsbeweis verwandelt“ habe. Diese Behauptung wird allerdings weder erklärt noch belegt. Zudem behauptet er, dass bei den Demonstrationen größeres Chaos geherrscht habe als in der Woche zuvor. Auch dazu gibt er keine genaueren Erklärungen. Ein zweites Video zeigt eine Szene der Demonstration, die sich hinter der Polizeilinie abspielt. Darin versucht die kameraführende Person, darzustellen, wie brutal die Polizei vorgehe. Darin sind Rufe wie „sie schlagen Frauen“ oder „der Hund wollte die Kleinen [Kinder] angreifen“ zu hören. Ob diese Aussagen tatsächlich der Realität entsprechen, sei dahingestellt.

Jean-Marie Jacoby schrieb am 9. Dezember unter seinem Aufruf zur Demonstration: „Faites-les chier par le grand nombre qui les écrase!“ Am Sonntagnachmittag verfasste Jacoby dann einen Facebook-Post, in dem er die belgischen Einsatzkräfte als „Polizeischläger“ bezeichnet. Zudem sagt er, dass Lydie Polfer die Demonstrationen in der Innenstadt genutzt habe, um eine zeitweilige Schließung des Weihnachtsmarkts auf der place d’Armes zu erwirken. Jacoby schreibt wortwörtlich: „Sie hat damit erneut für einen Einnahmeausfall gesorgt, nicht die, die protestierten gegen die illegale Apartheid- und Drei-Kasten-Politik.“

Ein gemeinsames Ziel?

Trotz der „Polizeischläger“ hätten die Regierung und der städtische Schöffenrat „nicht bekommen, was sie wollten“, schreibt Jacoby. Was genau die Regierung und der Schöffenrat seiner Meinung nach erreichen wollen, wird nicht ausgeführt. Er zeigt sich in seinem Post allerdings stolz, dass die Demonstranten es geschafft hätten, den Verkehr zu stören.

Zudem empört sich Jacoby darüber, dass der den Demonstranten zugewiesene Demonstrationskorridor gegen die Verfassung verstoße, und beruft sich dabei auf das Gleichheitsgebot, das Diskriminierungsverbot und auf das Recht der freien Meinungsäußerung. Zum Schluss schreibt Jacoby noch, dass er nicht die Polizisten als Gegner sehe, sondern „die Regierenden und ihre Abgeordneten“.

Tatsächlich haben sowohl Freitag als auch Jacoby während der Proteste dazu aufgerufen, sich friedlich zu verhalten. Wobei Freitag noch hinzufügte, dass man die Teilnehmer aber nicht davon abhalten könnte, den vorgeschriebenen Demonstrationskorridor zu verlassen.


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