Luxemburg / Wasserwerfer, Bengalos, friedlicher Protest – So verlief die Corona-Demo am Samstag
Bei Protesten gegen die Covid-Politik der Regierung ist es am Samstag in Luxemburg-Stadt erneut zu Zusammenstößen mit der Polizei gekommen. Nach den Ausschreitungen des letzten Wochenendes hatten die Behörden eine Protestzone zwischen dem Glacis und der Place de l’Europe auf Kirchberg ausgewiesen. Kurz nach Beginn der Veranstaltung hatten kleine Gruppen von Demonstranten allerdings versucht, den Sicherheitsbereich zu verlassen, um in die Innenstadt zu gelangen. Sie wurden von den Ordnungskräften zurückgewiesen. Dabei ist es zu Auseinandersetzungen gekommen, bei denen mehr als 20 Personen verhaftet wurden.
Dabei hatte die Veranstaltung gegen 14 Uhr noch friedlich begonnen. Bis zu 300 Personen hatten sich am oberen Eingang zum Glacis versammelt, um ihren Unmut über die Covid-Maßnahmen der Regierung kundzutun. Später stießen noch mehrere Gruppen hinzu, sodass die Behörden von etwas mehr als 500 Teilnehmern ausgehen. Umrahmt wurden sie von mehreren Einheiten der Polizei, die mit einem Großaufgebot in der Hauptstadt angerückt war. Zur Unterstützung waren auch Polizisten aus Belgien angereist. Die mit Schutzkleidung und Sicherheitsschilden ausgestatteten Beamten hielten sich aber größtenteils im Hintergrund auf.
Gleichzeitig hatten Polizisten vor der Kathedrale und der Chamber Stellung bezogen. Die Treppe zum Eingang der Abgeordnetenkammer wurde abgeriegelt. Gesichert wurde auch das private Wohnhaus von Premierminister Xavier Bettel in Luxemburg-Bonneweg, wo zunächst drei Mannschaftswagen mit 15 bis 20 Einsatzkräften die Lage im Auge behielten. Am vergangenen Wochenende waren Protestierende dorthin gezogen und hatten das Haus mit Eiern beworfen.
„Das Recht auf Meinungsäußerung wurde auf 1,5 Quadratkilometer reduziert. Das dürfen wir nicht hinnehmen“, echauffierten sich indessen die Organisatoren der „Saturday for Liberty – Polonaise solidaire“ auf dem Glacis. Man sei aber nicht zur Veranstaltung gekommen, um einen Krieg gegen die Polizei zu führen, so Jean-Marie Jacoby über die Lautsprecher. Diese handele nur auf Befehl der Regierung. Eine Regierung, die laut Jacoby bereits ins Ausland geflüchtet sei: Die Minister seien zu einer Feier ins Schloss eines Luxemburger Prominenten nach Frankreich gereist.
Damit wiederhole sich die Geschichte, pflichtete Peter Freitag bei, der ebenfalls zu den Organisatoren der Veranstaltung gehört: „Das hatten wir bereits, dass die Soldaten und Bürger im Krieg auf sich alleine gestellt waren“, meinte Freitag, der die Demonstranten auch daran erinnerte, dass die Behörden ihnen eine Protestzone zugewiesen hätten, die man nun zu nutzen gedenke. „Die Kreuzung, die Tunnel gehören euch! Wenn ihr wollt, könnt ihr auch mit der Tram spielen. Sie gehört euch“, so der Redner in einer unterschwelligen Aufforderung, die Straßen und Verkehrsmittel zu besetzen.
Jean-Marie Jacoby forderte die Menschen auf, sich nach dem Stichtag krankzumelden. Man könne „Rückenleiden“ angeben oder andere Beschwerden. Wenn sich alle Anwesenden nach dem Inkrafttreten des Covid-Check-Systems in den Unternehmen am 15. Januar krankmeldeten, könnten die Betriebe nicht weiterarbeiten, erklärt Jacoby seine Logik. Anschließend ergriffen noch andere Redner das Wort, u.a. um die Regierung um Premierminister Bettel aufzufordern, die Freiheit der Menschen zu respektieren.
„Liberté, liberté, liberté!“
Die Veranstaltung verlief weitgehend friedlich, bis aus der Innenstadt mehrere Gruppen hinzustießen, die mit Böllern, Pfeifen und Beschallungsanlagen bewaffnet lautstark „Liberté, liberté, liberté!“ skandierten. Ab diesem Zeitpunkt begann die Lage am Glacis zu eskalieren und die Menge in mehrere Gruppen zu zersprengen. Gleich mehrmals versuchte eine Minderheit der Demonstranten, an den Polizisten vorbei durch die Avenue de la Porte Neuve in die Innenstadt zu gelangen.
Auch auf der anderen Seite des Korridors versuchten Demonstranten, an der Polizei vorbeizukommen und Richtung Limpertsberg zu ziehen. Währenddessen riefen Sprecher auf der Hauptveranstaltung die Anwesenden dazu auf, friedlich zu bleiben und vor Ort zu bleiben. Ohne Erfolg: Nachdem sich die Randalierer neu formiert hatten, wurde eine erste Sperre der Polizisten am Glacis überrannt. Von zahlreichen Schaulustigen begleitet, schafften es die Krawallmacher bis zum Boulevard Prince Henri, wo sie jedoch gegen eine regelrechte Mauer von Beamten prallten.
Die Polizisten versuchten die Demonstranten zunächst noch mit minimalem Körpereinsatz zurückzuhalten. Erst als die Anwesenden versuchten, den Sicherheitsperimeter mit körperlicher Gewalt zu durchbrechen, fingen die Beamten an, die Menge zurück zum Glacis zu drängen. Dabei wurde auch der Wasserwerfer der belgischen Polizei eingesetzt, den die Luxemburger Ordnungskräfte zur Unterstützung angefordert hatten. Andere belgische Einheiten hielten sich größtenteils aber im Hintergrund.
Gegen 16 Uhr schien sich die Lage zunächst wieder zu beruhigen, nachdem die Demonstranten wieder zum Glacis zurückgedrängt worden waren. Gleichzeitig hatten friedliche Protestteilnehmer eine Menschenkette gebildet, um die Krawallmacher daran zu hindern, den Sicherheitsperimeter in Richtung Limpertsberg zu durchbrechen. Die Stimmung blieb jedoch angespannt. Immer wieder zündeten Demonstranten Böller und bengalisches Feuer, während vereinzelte Personen versuchten, die Beamten zu provozieren. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Tram bereits längst den Betrieb eingestellt, während Polizisten in der Innenstadt den Verkehr vom Glacis fernhielten.
Nachdem sich die Lage wieder beruhigt hatte, löste sich die Menschenmenge langsam auf. Um 16.45 Uhr waren nur noch einige wenige am Glacis verblieben. Nachdem die Schutztruppen der Polizei bereits abgezogen waren, wurde die Veranstaltung mit den wenigen verbliebenen Demonstranten aufgelöst. Einzelne Gruppen waren zu diesem Zeitpunkt allerdings in Richtung Innenstadt gezogen, wo sie unverzüglich von mehreren Einheiten der Luxemburger und belgischen Polizei empfangen wurden.
Der Weihnachtsmarkt auf der place d’Armes wurde vorsichtshalber geschlossen. Die Gruppe zog dann weiter zur „Gëlle Fra“, wo sie erneut von mehreren Einheiten der Polizei umzingelt wurde. Anschließend lösten sich auch die verbliebenen Demonstranten in mehrere Richtungen auf, sodass sich die Lage nach 18 Uhr langsam beruhigte. Zu diesem Zeitpunkt konnten die Beamten auch den Verkehr und die öffentlichen Transporte wieder freigeben. Die Weihnachtsmärkte wurden ebenfalls wieder geöffnet.
Laut Polizei wurden mehr als 20 Personen bei den Ausschreitungen festgenommen. Ein Beamter wurde gezielt mit Feuerwerkskörpern angegriffen. Verletzt wurde bei den Auseinandersetzungen aber niemand. Die Lage blieb Aussagen der Ordnungskräfte zufolge noch bis den Abend hinein angespannt. Mehrere Einheiten der Polizei behielten die Lage im Auge. Bis Redaktionsschluss wurde aber kein weiterer Vorfall mehr gemeldet.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos