Nach wochenlanger Unsicherheit hat sich die Regierung Giuseppe Contes nun doch für eine harte Gangart entschieden. Zu den Feiertagen wird ganz Italien in eine „Rote Zone“ verwandelt. Dies gilt für die Tage 24., 25., 26., 27., und 31. Dezember sowie für den Zeitraum zwischen dem 1. und 6. Januar 2021. An diesen Tagen ist es nur gestattet, für dringliche Erledigungen – Einkauf von Lebensmitteln, Arzt- oder Apothekenbesuch, Versorgung Bedürftiger – das Haus zu verlassen. Zudem darf man sich nur im engen Raum der eigenen Gemeindegrenzen bewegen. Polizei und Carabinieri sind zu stärkeren Kontrollen unterwegs. Wer sich außerhalb der eigenen Wohnung bewegt, muss eine Selbsterklärung bei sich führen, in der Zeit und Grund des Ausgangs deklariert werden. Entsprechende Formulare gibt es bei den Kommunen, sie werden auch auf den Onlineportalen der Tageszeitungen veröffentlicht, von wo man sich das Blatt herunterladen kann.
Am 28. und 29. Dezember sowie an den Tagen nach „Befana“ (Heilige Drei Könige) wird die „Zone Orange“ verhängt, damit wird in geringem Umfang etwas mehr Spielraum eingeräumt. An diesen Tagen sowie am 4. Januar dürfen sich die Bürger in einem etwas erweiterten Raum bewegen, um die nötigen Grundbedarfsgüter zu besorgen.
Die römische Administration reagiert mit den drastischen Maßnahmen auf die immer noch anhaltend hohe Infektionsrate. Zwar hat sich die Zahl der Neuinfektionen von Samstag mit 16.308 gegenüber Mitte November mehr als halbiert, doch ist sie wie auch die Todesrate mit 553 immer noch bedenklich hoch. Nur strikte Maßnahmen – bis vor Wochenfrist waren sieben Regionen zu „Roten Zonen“ erklärt worden, darunter der bevölkerungsdichte Norden des Landes – hatten zum Absenken der Infektionsraten geführt. Hauptgrund dafür, dass Contes Regierung nun die von der hiesigen Presse bereits als „Merkel-Maßnahmen“ bezeichneten Regeln einführte.
Experten finden es allerdings bedenklich, dass die Maßnahmen erst zu den Feiertagen greifen sollen. Am letzten Wochenende vor Weihnachten tummelten sich Hunderttausende Italiener in den Einkaufszentren der Städte. Die berühmte Mailänder Galerie Vittorio Emanuele II. mit ihren Luxusgeschäften musste teilweise ebenso wie die Straßen rings um Roms Spanische Treppe von der Polizei geschlossen werden, weil zu viele Kauflustige ohne Einhaltung von Abstandsregeln noch die letzten Weihnachtsgeschenke besorgen wollten. Auch in anderen Städten wie Florenz, Neapel oder Turin boten sich ähnliche Bilder.
Hunderttausende unterwegs
Zudem bildeten sich vor Bars und Restaurants lange Schlangen, da die Familien die beliebten Weihnachtsessen zeitlich vorzogen, um sich nochmals im größeren Familienkreis treffen zu können. Zu den Feiertagen ist dies nur eingeschränkt möglich. Dann bleiben alle gastronomischen Einrichtungen geschlossen. Lediglich ein Abhol- oder Lieferservice ist den Restaurants gestattet.
Auf Flughäfen und an Bahnhöfen des italienischen Nordens wie auch an den Busstationen drängen sich in diesen Tagen die Menschen. Etwa eine Million Italiener haben sich auf den Weg gemacht, um zu den Weihnachtstagen ihre Verwandten vor allem im Süden des Landes zu besuchen. Wer irgendwie kann, versucht, in den dort weniger von Covid-19 belasteten Zonen zu bleiben. Der massenhafte Verkehr erhöht jedoch auch deutlich die Gefahr steigender Infektionen. Diese Reisetätigkeiten werden wohl bis zum Einsetzen der strengeren Maßnahmen anhalten. Kritiker merken an, dass die Regierung die neuerlichen Beschränkungen schon vorher in Kraft gesetzt haben sollte.
Die Gesundheitsexperten befürchten schon jetzt eine dritte Coronawelle. Mit gedämpfter Erwartung sieht man den Tagen Mitte Januar entgegen. Dann werden sich die Neuinfektionen auch in Krankenhauszahlen niederschlagen. Und die Hospitäler sind derzeit schon am Limit ihrer Kapazitäten angelangt. Umso mehr hoffen auch die Italiener auf bald mögliche Impfungen mit hoffentlich positivem Ausgang.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können