Abends vorm Schlafengehen Büro-E-Mails checken, nachmittags zwischen zwei Terminen per WhatsApp den Feierabend organisieren. Das eine ist mittlerweile für viele so selbstverständlich wie das andere. Über welches WLAN die Kommunikation läuft? Das hängt am ehesten davon ab, wo man gerade ist. Abends ist es zu Hause die eigene Verbindung, tagsüber im Büro die des Arbeitgebers. Die Grenzen verschwimmen.
Vor zehn Jahren waren die Grenzen noch nicht ganz so fließend. Es war die Zeit der Klapphandys. Der Rumäne Bogdan Barbulescu machte schon damals keinen Unterschied. Über einen Messenger-Dienst, bei dem er sich auf Bitten seines Unternehmens angemeldet hatte, beantwortete er Anfragen von Kunden. Er unterhielt sich aber auch mit der Verlobten und dem Bruder über seine Gesundheit und sein Sexualleben. Für Barbulescu hatte diese verschwommene Grenze die Kündigung zur Folge.
Verletzung der Privatsphäre
Der Rumäne versuchte zwar, die privaten Unterhaltungen abzustreiten. Aber sein Arbeitgeber hatte mitgeschrieben – 45 Seiten private Chats. Die interne Regel des Unternehmens war klar: „Es ist streng verboten (…) Computer (…) zu privaten Zwecken zu nutzen.“ Nicht so klar war, ob der Mitarbeiter deshalb überwacht werden durfte.
Er durfte es nicht, entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am Dienstag in Straßburg und stellte eine Verletzung des Rechts auf Privatsphäre fest. „Ein Lichtstrahl“ sei dieses Urteil für seinen Mandanten, freute sich Barbulescus Bukarester Rechtsanwalt Emeric Domokos-Hancu. Es erkenne an, dass das Privatleben an der Schwelle des Arbeitsplatzes nicht aufhöre. „Mehr noch, das Gericht hat korrekterweise festgestellt, dass ein großer Teil der sozialen, menschlichen, beruflichen ebenso wie der persönlichen Beziehungen am Arbeitsplatz geboren werden“, schrieb der Anwalt der dpa.
Rückkehr zur Normalität
Wenn Unternehmen die Kommunikation ihrer Mitarbeiter überwachen wollen, müssen sie sich an Regeln halten, heißt es in dem Urteil: So müssen sie über die Möglichkeit und das Ausmaß von Kontrollen vorab informieren. Außerdem brauchen sie einen legitimen Grund dafür und müssen mildere Kontrollmaßnahmen sowie weniger einschneidende Konsequenzen als etwa eine Kündigung prüfen. (Beschwerde-Nr. 61496/08)
Erwann Sevellec von der juristischen Abteilung des OGBL begrüßt im Gespräch mit dem Tageblatt die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR): „Die Entscheidung stellt eindeutig eine Rückkehr zur Normalität dar, da sie die wichtigen Prinzipien festhält, an die sich Arbeitgeber in solch einem Kontext zu halten haben.“
Der Jurist Sevellec hebt zudem hervor, dass die Entscheidung auch Auswirkungen auf die öffentlichen Instanzen habe. Denn es sei nicht nur ein Arbeitgeber, sondern Rumänien als Staat verklagt worden. Insofern müssten alle 47 Mitglieder des Europarats, die der Jurisdiktion des EGMR unterliegen, das Urteil respektieren.
Auch Luxemburg in der Pflicht
Klartext: Auch Luxemburg muss das Urteil respektieren. Demnach muss auch in Luxemburg ein Arbeitgeber, wenn er die digitale Kommunikation seiner Arbeitnehmer überwacht, klare Regeln festlegen. „Arbeitgeber dürfen digital nicht willkürlich und unverhältnismäßig Arbeitnehmer kontrollieren“, so Sevellec.
Es gelte das juristische „Principe de nécessité“. Demnach dürfe es nur im Ausnahmefall, wenn keine andere Lösung sich anbiete, zu einer Überwachung der digitalen Kommunikation der Arbeitnehmer kommen. „Vor allem müssen die Arbeitnehmer und ihre Interessenvertreter vor solch einem Schritt umfassend informiert werden. Was im rumänischen Fall passiert ist, geht gar nicht.“
Praktische Tipps
Insofern freut sich Sevellec, dass ein Arbeitgeber in Luxemburg und auch in allen anderen Staaten, die im EGMR repräsentiert sind, gleich doppelt geschützt sei: „Auf einer ersten Ebene muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf seine Vorhaben anständig aufmerksam machen, sprich welche Form und welches Ausmaß der Überwachung der Arbeitgeber anvisiert. Auf einer zweiten Ebene spielen dann die inhaltlichen Fragen der Verhältnismäßigkeit als weiterer Schutzmechanismus eine Rolle. Selbst wenn das ‚Principe de nécessité‘ gegeben ist, kann man nicht wie im rumänischen Fall einfach mal 45 Seiten Chats mitschreiben und durchgehend überwachen.“
Prinzipiell könne ein Arbeitgeber seinen Angestellten zudem nicht verbieten, auch während der Arbeit zumindest teilweise ein Privatleben zu haben. Jeder kennt es aus dem Alltag: Ein Telefonat mit der Familie oder das Verschicken einer Nachricht gehören zum normalen Arbeitsleben dazu.
Mit einer Prise Humor antwortet Sevellec auf die Frage, welche praktischen Tipps er für Arbeitnehmer habe, um ihre digitale Kommunikation vor Arbeitgebern zu schützen: „Zwei verschiedene E-Mail-Adressen. Eine private und eine des Arbeitgebers.“
dpa/Dhiraj Sabharwal
De Maart
es ist ebenso weltfremd anzunehmen, daß arbeitszeit auf den punkt bestimmt ist. Fast jeder ist früher da und geht später, ohne es in rechnung zu stellen.würde zu gerne wissen,wo sie diese erfahrungen gemacht haben wollen
Et ass dem Chef säi Computer, dem Chef säin Chat, resp. Emailprogramm, natierlech kann deen do liese wat den Employé mat sengen Apparature mécht.
Ausserdeem huet de Chef fir dem Employé seng Zäit bezuelt fir ze —schaffen—, net fir ze schäkeren.
Chatten am Arbeitsplatz ist eindeutig kein Menschenrecht auch wenn dieses Schandurteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte diesen Eindruck erweckt! Unternehmen werden durch ein solches weltfremdes Gerichtsurteil abgeschreckt in Zukunft überhaupt noch Mitarbeiter einzustellen und Arbeitnehmer werden geradezu zum Arbeitszeitbetrug ermuntert!
Gerichtsurteile wie dieses fallen eindeutig in die Kategorie "weltfremde Schundurteile" und tragen mit zum Zerfall der EU bei! Gemäß diesem Urteil dürfen Arbeitnehmer demnach während ihrer Arbeitszeit privat chatten, brauchen keine Kontrollen/Strafen zu fürchten und werden sogar noch dafür bezahlt! Derlei ist nichts als gerichtlich sanktionierter Arbeitszeitbetrug an den Unternehmen!