Schwangerschaftsabbruch: Es geht in Richtung „Fristenlösung light“

Schwangerschaftsabbruch: Es geht in Richtung „Fristenlösung light“

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Rund 32 Jahre ist es nun bereits alt: das Gesetz, das in Luxemburg Schwangerschaftsabbrüche regelt und prinzipiell unter Strafe stellt. Die längst überfällige Reform des restriktiven Textes von 1978 ist aber Bestandteil des Koalitionsabkommens von CSV und LSAP. Heute findet im Parlament eine Aktualitätsdebatte zum Thema statt. Tom Wenandy

In den meisten Ländern Europas ist ein Schwangerschaftsabbruch – unter gewissen Auflagen – nicht strafbar. In Polen, Malta, Irland und Luxemburg allerdings verbietet die nationale Gesetzgebung – zumindest prinzipiell – diesen medizinischen Eingriff.
Hierzulande erlaubt die aus dem Jahr 1978 stammende Gesetzesregelung einen Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen lediglich dann, wenn eine Vergewaltigung vorliegt, wenn ein ernstes gesundheitliches Risiko für den Fetus besteht oder aber die physische oder psychische Gesundheit der Mutter in Gefahr ist.
Zwischen 800 und 1.100 Abtreibungen (geschätzt, Angaben des Gesundheitsministeriums) werden unter diesen Bedingungen in Luxemburg pro Jahr durchgeführt, in einem Fünftel der Fälle sind die betroffenen Frauen minderjährig. Die Dunkelziffer dürfte allerdings höher liegen, da genaue, offizielle Zahlen fehlen. Zudem lassen nachweislich etliche aus Luxemburg stammende Frauen im nahen Ausland eine Schwangerschaftsunterbrechung vornehmen.
Genaue Zahlen liegen nur in Bezug auf die im „Planning familial“ durchgeführten „IVG médicamenteuses“ vor. Wie uns gestern „Planning“-Präsidentin Danielle Igniti auf Anfrage erklärte, seien vom 15. Februar 2009 bis Dezember desselben Jahres 410 medikamentöse Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt worden. Wenn man zu diesen noch die direkt im Krankenhaus durchgeführten „IVG médicamenteuses“ sowie andere im In- und Ausland durchgeführten Schwangerschaftsabbrüche hinzurechne, komme man aller Wahrscheinlichkeit auf die bereits oben genannten 800 bis 1.100 Fälle pro Jahr, so Igniti.

Geplante Neuerungen

Die aktuelle Gesetzgebung basiert auf dem sogenannten „Indikationsprinzip“ (siehe Kasten), ein Prinzip, das den betroffenen Frauen jegliches Recht auf Selbstbestimmung abspricht. Dieser gegenüber steht die sogenannte Fristenlösung. Die LSAP-Abgeordnete Lydie Err hat bereits im Jahr 2007 einen Gesetzesvorschlag im Parlament eingebracht, mit dem die „Indikations-“ durch die Fristenlösung ersetzt werden soll. Die LSAP, aber auch die DP und „déi gréng“ sprechen sich seit Jahren für eine solche aus. Die CSV ihrerseits ist diesbezüglich zurückhaltender, plädierte bislang immer nur für eine Verbesserung der Aufklärung.
Im Koalitionsabkommen von Juli 2009 haben die Regierungsparteien CSV und LSAP dann aber eine Reform des restriktiven Abtreibungsgesetzes von 1978 angekündigt. Laut Vereinbarung soll Artikel 353 des Strafgesetzbuches dahingehend abgeändert werden, dass der freiwillige Schwangerschaftsabbruch in Situationen äußerster physischer, psychischer oder sozialer Not der schwangeren Frau zugelassen ist.

Beratungsgespräch

Wie uns Gesundheitsminister Mars di Bartolomeo gestern erklärte, wird in der neuen Regelung der Besuch bei einem Gynäkologen zwingend vorgeschrieben werden. Neu ist, dass zudem ein Gespräch in einem Familienberatungszentrum, das vom Familienministerium zugelassen sein muss, obligatorisch wird. Das Beratungsgespräch soll aber in keiner Weise die Entscheidung der Frau beeinflussen. „Die Entscheidung der Frau bleibt frei“, so Di Bartolomeo. Ziel der Reform sei es, die Gesetzgebung an die Praxis anzupassen. Das Gesetz soll alle Fälle abdecken. Der bisherige Text sei besonders was die psychischen Notsituationen anbelange, sehr vage gewesen. Hinzu komme, dass fortan auch möglichen sozialen Notlagen Rechnung getragen werden soll.
In seiner heutigen Sitzung wird auf Anfrage der Fraktion von „déi gréng“ das Parlament über das Thema debattieren.