Donnerstag27. November 2025

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PressefreiheitKassationsgericht verbietet RTL die Namensnennung des verurteilten Straftäters Jos Nickts

Pressefreiheit / Kassationsgericht verbietet RTL die Namensnennung des verurteilten Straftäters Jos Nickts
Jos Nickts im Jahr 1993 Archivfoto: Editpress

Der verurteilte Straftäter Jos Nickts hat vor dem Kassationsgericht in Luxemburg recht bekommen: Die Journalisten von RTL dürfen seinen Namen und sein Bild nicht mehr in ihrer Berichterstattung verwenden.

Der Kassationsgerichtshof hat im sogenannten Fall „Nickts“ die Pressefreiheit erneut zugunsten des Persönlichkeitsschutzes begrenzt. Wie die Justiz am Donnerstag mitteilt, wies das Höchstgericht am 27. November 2025 die Beschwerde des Medienunternehmens CLT-UFA ab. CLT-UFA ist die Muttergesellschaft des Luxemburger Senders RTL. Damit bleibt das Urteil der „Cour d’appel“ bestehen, das RTL untersagt, bei künftigen Berichten über die Affäre den Namen und das Bild des früheren FSFL-Präsidenten Jos Nickts zu verwenden. Über die damaligen Vorgänge selbst darf RTL weiterhin berichten.

Nickts war 2007 in einem der spektakulärsten Finanzstrafverfahren der Luxemburger Geschichte verurteilt worden. Er hatte als Präsident der Briefträgergewerkschaft FSFL rund 560 Millionen luxemburgische Franken – umgerechnet etwa 14 Millionen Euro – veruntreut. Mit den Ersparnissen von rund 500 Gewerkschaftsmitgliedern hatte er spekuliert und sich unter anderem eine Finca auf Mallorca gekauft. Auch in Luxemburg legte er sich durchaus prunkvolle Immobilien zu, so unter anderem ein Haus in Consdorf mit einem hangarförmigen Dach aus Kupfer.

Jahre später klagte Nickts dagegen, weiterhin namentlich mit der Affäre in Verbindung gebracht zu werden, und berief sich auf sein „Recht auf Vergessenwerden“. Zuvor hatte RTL in einer Retrospektive den Fall noch einmal aufgegriffen.

Privatleben vs. Meinungsfreiheit

Vor der „Cour d’appel“ hatten beide Seiten mit den Artikeln 8 (Recht auf Privatleben) und 10 (Meinungs- und Informationsfreiheit) der Europäischen Menschenrechtskonvention argumentiert. Vor dem Kassationsgerichtshof stützte sich CLT-UFA zusätzlich auf Artikel 23 der Verfassung sowie auf das Medienfreiheitsgesetz vom 8. Juni 2004 und machte eine unzulässige Einschränkung der Pressefreiheit geltend.

Der Kassationsgerichtshof betont grundsätzlich, dass weder das Recht auf Privatleben noch die Freiheit der Meinungsäußerung absolut sind. Kommen sie miteinander in Konflikt, müsse eine Abwägung im Einzelfall erfolgen. Im Fall Nickts sei diese Abwägung durch die „Cour d’appel“ korrekt erfolgt: Die Richter hätten mit dem auf Name, Vorname und Bild beschränkten Verbot einerseits das heutige Privatleben von Jos Nickts geschützt, andererseits RTL die Berichterstattung über die damaligen Vorgänge im Bereich seiner öffentlichen Tätigkeit nicht untersagt. Dieses „rechte Gleichgewicht“ zwischen den kollidierenden Grundrechten sei gewahrt.

Mit dem Kassationsurteil ist der Rechtsweg in Luxemburg ausgeschöpft. Die Entscheidung dürfte die bereits seit dem Berufungsurteil vom 19. Dezember 2024 geführte Debatte über das Spannungsverhältnis zwischen „Recht auf Vergessenwerden“ und Pressefreiheit weiter anheizen. Damals hatte unter anderem der Presserat das Verbot der namentlichen Nennung von Jos Nickts scharf als unzulässige Einschränkung der Meinungsfreiheit kritisiert. Diesmal hat sich die ALJP am Donnerstagnachmittag zu Wort gemeldet. Sie nennt das Urteil „einen gefährlichen Präzedenzfall“. Damit würde es „Journalist*innen und der Öffentlichkeit unmöglich gemacht, über bedeutende Themen der nationalen Geschichte zu sprechen“.

RTL wollte sich auf Nachfrage des Tageblatt am Donnerstagnachmittag nicht äußern und verwies auf seinen Anwalt Me Pol Urbany. Dieser war jedoch nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Grober J-P.
27. November 2025 - 20.01

@ I. Meierle / Sehr gut und das Bild dazu, Pinocchio oder Rumpelstilzchen?

Guy Mathey
27. November 2025 - 19.11

Befremdliches Urteil, da hat ein Mann (lustigerweise ein ehemaliger Nachbar von Peter Maffay), welchen wir mal für einen sehr tüchtigen Gewerkschaftler hielten, das ihm entgegengebrachte Vertrauen aufs Gröbste missbraucht und seine Arbeitskolleg*innen um ihre Ersparnisse betrogen um selbst ein Leben eines Hochstaplers zu führen und die Presse soll seinen Namen nicht mehr erwähnen dürfen! Das riecht nicht bloss, das stinkt nach Einschränkung der Pressefreiheit. Aber Moment mal, hatte der Typ nicht selbst mal ein Buch zur Thematik veröffentlicht? Ggf müsste dieses ja sofort aus dem Verkehr gezogen werden, sollte sein Name darin vorkommen.
Hoffentlich wird diese Jurisprudenz nicht in Frankreich übernommen, ansonsten muss das "Journal du prisonnier petit Nicolas" noch eingestampft werden, bevor es erschienen ist.

I. Meierle
27. November 2025 - 17.54

Aber Giuseppe Niente geht schon, oder?